Ägypten: Töchter der Revolution

Kampf für Frauenrechte in der arabischen Welt


 

„Heute bin ich davon überzeugt, dass Frauen alles können“, sagt der konservative Abdel Gawad Haggag am 10. Februar in der taz. Die Kämpfe in Ägypten haben auch die Menschen sehr verändert.

von Alexandra Arnsburg, Berlin

Bis zu den Sicherheitskontrollen vor dem Tahrir-Platz galt während der 18 Aufstandstage noch die Geschlechtertrennung.

Tahrir-Platz

Die Frauen auf dem Tahrir-Platz kümmerten sich nicht nur um die Lebensmittelversorgung oder um die Verletzten; sie spielten Theater, waren Fotografinnen, übernahmen aber auch Sicherheitsaufgaben, lieferten Nachschub an Steinen für die Frontlinie und standen selbst ganz vorn bei der Verteidigung des Tahrir-Platzes.

Viele junge Frauen machten ihren Gefährtinnen über Facebook Mut. Teilnehmerinnen berichteten, dass es die anfänglichen Sprüche nicht mehr gibt. Der Übergriff auf eine Reporterin des US-amerikanischen Senders CBS bei den Feiern auf dem Tahrir-Platz hat viele schockiert und wurde als „Verstoß gegen den Geist der Revolution“ bezeichnet. Die Frauenrechtlerin Marwa Mochtar sagte dazu im „Guardian“: „Wir jungen Ägypter sind so stolz auf diese Revolution, und als erstes werden wir verlangen, dass die sexuellen Belästigungen aufhören.“

Molzin Hassan, Leiterin von Nazra (auf Deutsch „Sichtweise“), eine ägyptische Organisation für feministische Studien, meint, dass sich etwas tut: „Wenn wir mit unseren Plakaten und Fahnen zum Platz fahren, grüßen uns die Leute mit einem ,Seid stark, ihr Töchter der Revolution‘.“

Frauendiskriminierung am Nil

Frauen sind in Ägypten bis heute stark vom Wohlwollen männlicher Familienmitglieder abhängig. Nur 15 Prozent aller Erwerbstätigen sind offiziell Frauen; in diese Berechnungen fließt ihre unbezahlte Arbeit in der Landwirtschaft und im informellen Sektor nicht ein. In den Großstädten können zwar auch unverheiratete Frauen einen Job finden, oft wird ihnen aber eine Wohnung verweigert. Junge und mittellose Leute leben häufig in gewohnheitsrechtlichen Ehen zusammen, hier gilt Frauenarbeit als akzeptiert. Die Frauen können Unterhalt für sich und Kinder aber nur gerichtlich einfordern, wenn sie das Bestehen der Ehe nachweisen. Trotz offiziellem Mindestalter und vorgeschriebener Freiwilligkeit sind arrangierte Minderjährigenehen auf dem Land bis heute gängige Praxis (im Jemen heiratet die Hälfte der Frauen sogar mit 15 Jahren). Trotz des seit 2007 in Ägypten bestehenden Verbots ist Genitalverstümmlung weiter sehr verbreitet und ein Tabuthema.

Mit ihrem Engagement in den Revolutionen in Nordafrika haben die Frauen ein neues Selbstbewusstsein erlangt. Molzin Hassan konstatiert: „Diese Gewinne aus der Revolution können sie uns Frauen nie wieder wegnehmen.“