Festung Europa

Europäische Regierungen stützen Diktaturen und gehen gegen Flüchtlinge vor


 

Während die arabischen Massen ein korruptes Regime nach dem anderen davon jagen, sehen europäische Politiker und Unternehmer nicht nur Macht und Profite, sondern auch die Außengrenzen Europas bedroht. In der zweiten Februarhälfte sind 6.000 Flüchtlinge, vor allem aus Tunesien, auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa angekommen. Der italienische Innenminister Roberto Maroni sprach von „einem Exodus biblischen Ausmaßes“, der Italien „in die Knie zwingen würde“. Die europäische Grenzpolizei Frontex spricht von einer halben bis eineinhalb Millionen Flüchtlingen aus Nordafrika, die nach Europa übersetzen werden.

von Fabian Thiel, Hamburg

Beide Aussagen sind nicht sonderlich ernst zu nehmen, sondern maßlos übertrieben, um daraus politisch Kapital zu schlagen. Fakt ist aber, dass die Revolutionen in Nordafrika nicht nur Diktaturen wegfegen, die gemeinsam mit europäischen Banken und Konzernen die Bevölkerung ausgeplündert haben. Damit sind auch die mit diesen Diktatoren vereinbarten Abmachungen zur Grenzkontrolle plötzlich in Frage gestellt.

EU-Gelder an ihren „Grenzposten“ Libyen

Die EU hat viel Geld ausgegeben, um Staaten wie Libyen als vorgelagerte Grenzkontrolle auszurüsten. Die herrschende Clique um Muammar al-Gaddafi zum Beispiel bekam noch im Herbst 2010 50 Millionen Euro dafür gezahlt, dass Flüchtlinge aus Zentralafrika in Libyen abgefangen werden. Seit einem Freundschaftsvertrag mit der EU von 2008 arbeiten die libysche und italienische Marine und Frontex zusammen, um Flüchtlingsboote im Mittelmeer abzufangen und nach Libyen zurückzuholen. Tausende Flüchtlinge wurden aus Italien nach Libyen abgeschoben, wo sie in Lagern eingesperrt, gefoltert und missbraucht werden. Selbst am 25. Februar, während Gaddafis Truppen – ausgerüstet und bezahlt durch Gelder der EU – Oppositionelle abschlachteten, wollte Frankreich noch einen Senegalesen über Libyen abschieben. Mit den Regimes in Tunesien und Ägypten bestanden ähnliche Übereinkünfte.

Flüchtlingsbekämpfung der EU

Der Kapitalismus erzeugt weltweit Armut, Kriege und Umweltkatastrophen. Die daraus resultierenden Flüchtlinge sollen an den Außengrenzen der EU aufgehalten werden. Dafür wurde die Frontex 2005 gegründet, eine Art europäischer Spezialpolizei mit einem 90 Millionen Euro Etat, deren einzige Aufgabe es ist, die Außengrenzen der EU unüberwindbar zu machen. Im EU-Haushalt sind für 2007 bis 2013 1,82 Milliarden Euro für den Schutz der Außengrenzen vorgesehen.

Illegalisierte Migration nach Europa findet vor allem über den Landweg aus dem Osten statt, mit Booten übers Mittelmeer oder zu den Kanarischen Inseln oder über die Flughäfen. Die Ostgrenze wird mit High-Tech überwacht, bis zu 40 Kilometer hinter der Grenze agieren noch Greiftrupps, um eine Grenzüberquerung fast unmöglich zu machen. Die nordafrikanischen Staaten werden, wie schon erwähnt, dafür bezahlt, die Grenzen dicht zu machen und aus Europa abgeschobene Flüchtlinge aufzunehmen. Flüchtlingsboote werden auf offener See abgefangen und mit Gewalt zur Umkehr gezwungen. Bei dem Versuch, nach Europa zu kommen, ertrinken jährlich Tausende. In den Flughäfen sind besonders scharfe Kontrollen und Schnellgerichtsverfahren an der Tagesordnung. In vielen Fällen findet die Einreise noch legal statt – um als Folge der repressiven Ausländergesetze in den EU-Staaten danach in die Illegalität getrieben zu werden.

Der regierenden Elite in Europa ist das Schicksal von Flüchtlingen genauso egal, wie die Lebensbedingungen der lohnabhängigen Bevölkerung. Deswegen müssen wir es selber in die Hand nehmen, ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen zu erkämpfen.