Seit Monaten halten ArbeiterInnen in Südafrika ihre Fabrik besetzt.
Am Mittwoch, dem 20. Oktober, begannen die Beschäftigten von „Mine Line/TAP Engineering“ in Krugersdorp, nahe Soweto (und Johannesburg; Erg. d. Übers.), mit der Besetzung ihres Betriebes, um den vormaligen Besitzer daran zu hindern, den Maschinenpark oder Einrichtungsgegenstände fortzuschaffen und für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen.
von BerichterstatterInnen des Democratic Socialist Movement, DSM (Schwesterorganisation von SAV und SLP und Sektion des CWI in Südafrika)
Die KollegInnen werden von der Gewerkschaft der Elektriker und Metaller (Metal and Electrical Workers Union of South Africa, MEWUSA) organisiert, in der das Democratic Socialist Movement eine führende Rolle spielt. Sie besetzten das Betriebsgelände und mobilisieren nun für eine breite Solidaritätskampagne, in der die staatliche Übernahme des Betriebes gefordert wird, um sie am Ende als demokratische Kooperative in der Hand der Beschäftigten wieder eröffnen zu können.
„Mine Line/Tap Engineering“, Hersteller von Ventilen, Antrieben etc. für die Bergbauindustrie, wurde im August dicht gemacht, als der Besitzer, ein Herr Mulder, versuchte, sich seiner Verantwortung für den Tod dreier Beschäftigter zu entziehen, die bei einem Unfall am 4. August ums Leben kamen. Grund war seine ausgeprägte Missachtung für die Gesundheit und Sicherheit der ArbeiterInnen. Trotz der Wirtschaftskrise war „Mine Line“ überlebensfähig. Die Pleite ist einzig und allein auf die kriminellen Plünderungshandlungen, den Betrug und Diebstahl des Herrn Mulder zurückzuführen. Er hatte 15 Millionen Rand in bar (~ 1,7 Millionen €; Erg. d. Übers.) vom Firmenkonto abgehoben, dazu Luxuskarossen und Hubschrauber von Firmengeldern gekauft, um einen Tag später dann Pleite anzumelden. Während er seither mit dem Insolvenzverwalter „Commonwealth Trust“ konspiriert, um das Unternehmen weiter auszuplündern, dessen Anlagefonds zu rauben und dann an anderer Stelle ein neues Unternehmen zu eröffnen, stehen die 107 ArbeiterInnen und die Familien der drei getöteten Kollegen mit nichts in den Händen da. Obwohl sie in fast allen Fällen seit 25 Jahren für den Betrieb gearbeitet haben.
Daher beschlossen die ArbeiterInnen also am Mittwoch, dem 20. Oktober, das Betriebsgelände zu bewachen, um den ehemaligen Besitzer und seinen Insolvenzverwalter daran zu hindern, weitere Maschinen oder sonstige Anlagen aus der Firma fortzuschaffen. Die ArbeiterInnen kämpfen für sichere Arbeitsplätze, Renten und Sozialleistungen. Sie kämpfen aber auch, um zu zeigen, dass die Produktion und die Gesellschaft im Allgemeinen ohne kapitalistische Chefs auskommen. Die ArbeiterInnen fordern, dass der Staat das Eigentum über die Firma auf die Beschäftigten übertragen soll und Kapital zur Verfügung stellt, damit das Geschäft von Neuem beginnen kann. Sie haben eine Kooperative gegründet, um den Betrieb als Schritt in Richtung Vergesellschaftung unter Arbeiterkontrolle und -verwaltung in die eigenen Hände zu nehmen.
Die Besetzung von „Mine Line“ ist die erste Aktion dieser Art, die ArbeiterInnen in Südafrika zur Verteidigung von Arbeitsplätzen seit Beginn der Rezession 2008 durchgeführt haben. Mehr als eine Million Arbeitsplätze sind seither in Südafrika verloren gegangen. Laut IWF handelt es sich dabei um die höchste Rate weltweit im Verhältnis zu den Wachstumsraten. 55 Prozent der SüdafrikanerInnen im arbeitsfähigen Alter sind wirtschaftlich nicht aktiv (wobei die offizielle Arbeitslosenquote bei „nur“ 25 Prozent liegt).
Bedauerlicherweise haben die führenden Köpfe der Gewerkschaftsbewegung auf die Rezession reagiert als handele es sich dabei um ein Naturereignis, für das man keinen Menschen verantwortlich machen kann. Anstatt Massenaktionen zu koordinieren, mit der die Arbeitgeber-Offensive zurückgeschlagen und Arbeitsplätze hätten verteidigt werden können, haben sie sich darauf versteift, Abkommen mit den Chefetagen und der Regierung im „Sinne des Gemeinwohls“ – unter´m Strich also zur Rettung der Chefetagen – zu unterzeichnen. Die ArbeiterInnen bei „Mine Line“ lehnen es ab, für die Krise zur Kasse gebeten zu werden, die von den Chefetagen verursacht wurde. Sie senden ein lautes und eindeutiges Signal an alle ArbeiterInnen ihren Beispiel zu folgen. Die Wirtschaftskrise hat Millionen von Menschen deutlich gemacht, dass das kapitalistische System nicht in der Lage ist, die Gesellschaft fortzuentwickeln. Dieser Kampf wird wichtige Schlussfolgerungen für die organisierte Arbeiterschaft, kämpferische Bastionen der Arbeiterklasse und Jugendorganisationen sowohl in Südafrika als auch international darüber mit sich bringen, wie man für eine sozialistische Alternative kämpfen kann und muss.
Die ArbeiterInnen mobilisieren gerade und rufen dazu auf, dass andere ArbeiterInnen und Belegschaften ihnen Unterstützung zuteil werden lassen. Das Democratic Socialist Movement, COPAC und das breiter angelegte Bündnis „Conference of the Democratic Left“, eine neue Initiative zur Einheitsfront, spielen bei der Unterstützung dieser Besetzungsaktion bereits eine aktive Rolle. Jetzt besteht dringender Bedarf daran, das Gewicht der gesamten Arbeiterbewegung zu vereinen und die Massenauseinandersetzungen der einzelnen Communities und Jugendgruppen in einer gemeinsamen und massenhaften Solidaritätskampagne miteinander zu verbinden. Außerdem muss Druck auf den Hauptgläubiger der Firma, auf die Bank ABSA, ausgeübt werden. Diese muss am Ex-Besitzer und nicht an der Firma selbst dran bleiben, um ihr Geliehenes zurück zu bekommen. Mulder hatte sich bei ABSA unter Vortäuschung falscher Sicherheiten 35 Millionen Rand (fast 2 Millionen €; Erg. d. Übers.) geliehen und diese niemals ins Unternehmen investiert. Dasselbe gilt für die 15 Millionen Rand, mit denen er bei South African Revenue Services (SARS) in der Kreide steht.
Die ArbeiterInnen sind beflügelt durch die couragierten Beispiele, die die KollegInnen bei INNSE in Italien und bei „Vestas“ und „Visteon“ in Großbritannien mit ihren Besetzungaktionen gesetzt haben. Die Socialist Party (Schwesterorganisation von SAV und SLP und Sektion des CWI in England und Wales) erklärt dem Arbeiterkomitee bei „Mine Line“ und der MEWUSA seine Solidarität. Wir wünschen ihnen in ihrem mutigen Kampf das Allerbeste.
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