Interview mit Carsten Becker, ver.di-Betriebsgruppenvorsitzender an der Charité*
Im Uniklinikum steht die nächste Tarifrunde an. Welche Forderungen stellt ver.di auf?
Wir sind noch mitten in der Konkretisierung. Aber soviel ist zunächst schon beschlossen: Wir wollen in dieser Runde den Angleich an das Bundesniveau erreichen. Nach einer umfassenden Beschäftigtenbefragung hat sich die Tarifkommission zusammengesetzt und die Ergebnisse ausgewertet. Aus meiner Sicht eine spannende, auch anstrengende Arbeit, aber auch beispielhaft, wie – unter den Bedingungen eines Haustarifes – herangegangen wird, zu Forderungen zu kommen.
Warum denn eine Beschäftigtenbefragung?
An der Charité ist ver.di, typisch für Krankenhäuser, nicht gut organisiert. Wir haben circa zwölf Prozent Organisationsgrad. Damit kann man die Durchsetzungsfähigkeit nur erreichen, wenn gleichzeitig die Nichtorganisierten mit einbezogen werden. Natürlich auch mit dem Ziel, diese für ver.di zu gewinnen. Aber das erste, was wir den Beschäftigten immer wieder vermitteln müssen, ist, dass sie selbst für ihre Interessen stark werden müssen. Wer sich nicht bewegt, kann nichts bewegen. Das klingt von außen betrachtet einfacher, als es im betrieblichen Alltag ist.
Was sind aber Eure Forderungen?
Die Tarifkommission hat am 4. Oktober getagt und wird sich in einer Klausur Anfang November mit den einzelnen Fragen zum Mantel befassen; mit anderen Worten, wir haben uns für einen Haustarif entschieden. Hier hat es bei mir auch einen Wandel gegeben. Ein Haustarifvertrag ist für uns von Vorteil, weil der bundesweite TVÖD/TV-L viele Fallstricke enthält. Mit einem Haustarifvertrag können wir, je nach Kräfteverhältnis, selbstbestimmt und unmittelbar mit den Kolleginnen und Kollegen zusammen agieren.
Ein Haustarif mit welchem Inhalt?
Wie gesagt, Angleichung an das Bundesniveau. Aber nicht prozentual, sondern mit einer Festgeldforderung von 300 Euro für alle. Wir brauchen im Entgelt eine kurze Laufzeit, um dann in Zukunft im selben Zeittakt zu sein wie Bund und Kommunen.
Dann werden wir noch eine Reihe von Regelungen für den Mantel vornehmen, die Vieles aus der TVÖD-Systematik konkretisieren und vereinfachen. Aber auch – besonders wichtig – Forderungen in Richtung Gesundheitsschutz und Arbeitsbelastung. Wir werden immer älter an der Charité und steuern gleichzeitig auf einen Fachkräftemangel hin.
Wie geht es konkret weiter? Wie lange soll verhandelt werden?
Am 28.Oktober war das erste Sondierungsgespräch. Die Tarifkommission hat sich klar festgelegt, um einen engen Verhandlungskorridor zu halten. Wenn nicht spätestens bis 8. März die Verhandlungen abgeschlossen sind, geht es in die Urabstimmung. Ob das eventuell schon früher der Fall ist, werden die Verhandlungen zeigen. Da wir jede Verhandlungsrunde engmaschig mit den Mitgliedern und Beschäftigten vor Ort rückkoppeln, wird sich dieses im Laufe der Verhandlungen zeigen. Wir rechnen aber nicht damit, dass wir einen Tarif, wie die Ärzte an der Charité, ohne Arbeitskampf geschenkt bekommen. Zumal wir auch nicht die Absicht haben, durch Geheimverhandlungen nur eine einzige Berufsgruppe zu begünstigen. Wir verhandeln für alle Beschäftigten der Charité – unter Einbeziehung möglichst aller Beschäftigten. Das ist für uns auch der einzig richtige Weg, denn einen wahrscheinlichen Arbeitskampf können wir ja nur mit möglichst vielen Beschäftigten gewinnen.
*Angabe zur Funktion dient nur zur Kenntlichmachung der Person