SPD: viel heiße Luft – „Linkswende“ nicht in Sicht
Schwarz-Gelb hat die zweifelhafte „Meisterleistung“ vollbracht, weniger als ein Jahr nach Regierungsantritt schon in den Stimmungskeller zu geraten. So lehnen 80 Prozent das Sparpaket ab. Gegen die AKW-Laufzeitverlängerung finden Großproteste statt. Davon profitieren gerade die Grünen (20 Prozent laut Forsa-Umfrage im September), die immer noch mit der Umweltbewegung der Achtziger assoziiert werden. Aber auch die SPD berappelt sich (27 Prozent), präsentiert sich scheinbar sozialer und hofft auf ein kurzes Gedächnis der WählerInnen.
von Sascha Wiesenmüller, Aachen
Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel kündigte an, die Rente mit 67 „auf Eis zu legen“ und beteiligte sich an der Anti-AKW-Demo in Berlin am 18. September. Selbst von der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und der Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist bei der Sozialdemokratie plötzlich die Rede.
Quo vadis, SPD?
Bewegt sich die Partei, die zusammen mit den Grünen in der Regierung den größten Angriff auf die Sozialversicherungen durchgesetzt hat, doch? Besonders in der Partei DIE LINKE werden die Stimmen wieder lauter, die ein verstärktes „Zugehen“ auf SPD und Grüne fordern. Fraktionschef Gregor Gysi tut sich dabei besonders hervor.
Blickt man jedoch genauer auf die Ankündigungen von Gabriel und Co., so stellt man schnell fest, dass kein grundlegender Bruch mit der Agenda-2010-Politik seit Gerhard Schröder ansteht: So soll die (einst mitbeschlossene) Rente mit 67 nicht gekippt, sondern erst mal nur aufgeschoben werden. Selbst dies stößt aber schon auf den erbitterten Protest von Leuten wie Peer Steinbrück, dessen Position in der SPD weiterhin gefestigt ist. So hielt er beim außerordentlichen Bundesparteitag am 26. September die Rede zur Steuerpolitik. Medienwirksam empörte die SPD sich zwar über die minimale Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze, hält aber an den Hartz-Gesetzen und an den Kürzungsprogrammen in Ländern und Kommunen fest.
Die „Entschärfung“ ihrer Position zur Rente ist auch ein Versuch, die Gewerkschaften zu beruhigen und der DGB-Spitze bei den Herbstprotesten die Orientierung auf die SPD zu erleichtern.
Aufgaben für DIE LINKE
Der Linkspartei gelang es weder, aus der kapitalistischen Wirtschaftskrise politisch gestärkt hervorzugehen, noch konnte sie vom historischen Tief der SPD (19 Prozent im November 2009) groß profitieren. In Zeiten, wo selbst Vertreter der Herrschenden über die Krise des Kapitalismus redeten und Notverstaatlichungen von Banken Thema wurden, hielt sich DIE LINKE merkwürdig zurück.
In der Parteispitze begnügen sich leider weiter viele damit, den Kapitalismus nur „besser zu verwalten“ (so die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau), und setzen strategisch auf Bündnisse mit der SPD. Ziel ist es nicht, die SPD politisch herauszufordern, sondern sie nur etwas „nach links zu drücken“, um mit ihr koalieren zu können . Dies ist auch gar kein Geheimnis: So argumentierte Gysi bei Wahlkampfreden 2009. Wobei die Regierungs-LINKE in Berlin und Brandenburg nicht einmal das macht.
Momentan liegt die Unterstützung für DIE LINKE konstant bei zehn bis elf Prozent. Und stagniert damit seit Monaten. Entscheidend für den Aufbau der LINKEN bleibt die Orientierung der Partei auf soziale Bewegungen und betriebliche Kämpfe. Selbst der Parteirechte Bodo Ramelow musste sich in der FAZ vom 20. September darüber mokieren, wie schwach die Linkspartei bei der Anti-AKW-Großdemo vertreten war!
Wie groß das Potenzial links von der SPD ist, zeigt sich auch daran, auf welch niedrigem Niveau die Sozialdemokraten sich derzeit stabilisieren. DIE LINKE muss endlich den Kampf gegen Sparpaket, Atommafia, Stuttgart 21 in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen und für ein antikapitalistisches und sozialistisches Programm argumentieren.