Wie weiter nach dem Europäischen Aktionstag der Gewerkschaften?

Über 100.000 demonstrieren in Brüssel gegen die Kürzungen der europäischen Regierungen.


 

Am Aktionstag des europäischen Gewerkschaftsbundes am 29. September demonstrierten in Brüssel bis zu 100.000 Arbeiterinnen und Arbeiter. In Spanien streikten zehn Millionen und legten 95% der Industrie lahm. In Berlin demonstrierten 5000 Menschen. Die gemeinsame Botschaft: „Wir zahlen nicht für eure Krise!“

von Geert Cool, Brüssel

Sie wälzen die Systemkrise auf uns ab

Europaweit verabschieden Regierungen derzeit Kürzungspakete im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich. Damit holen sie das Geld wieder rein, das sie zuvor in der Krise für Bankenrettungen und Konjunkturpakete rausgeworfen haben. Wir zahlen doppelt: Durch die Krise verlieren Viele ihre Arbeitsplätze oder arbeiten in Kurzarbeit, müssen weniger Gehalt und gleichzeitig gestiegene Preise und Mieterhöhungen hinnehmen. Weitere Kürzungen kommen von allen Seiten: Die Regierungen von Griechenland, Spanien und Portugal begannen mit Renten- und Bildungskürzungen und bekamen als Antwort Massenproteste und Generalstreiks. Jetzt soll in Großbritannien ein Kürzungspaket verabschiedet werden und die deutsche Regierung versucht, möglichst schnell möglichst viele Kürzungen in Kommunen, im Sozialbereich, vor allem bei Hartz IV, und in der Gesundheitsversorgung durchzusetzen.

Mehr Mobilisierung!

Die Beteiligung an den Protesten war größer als von den belgischen Gewerkschaften angenommen. Das beweist, dass es Kampfbereitschaft gibt. Gemessen an den Möglichkeiten des europäischen Gewerkschaftsbundes ist das Ergebnis des Aktionstages aber mau. Wo bleibt die Mobilisierung durch die Gewerkschaften und die LINKE?

Um die Kürzungen aufzuhalten, bedarf es einerseits einer Massenmobilisierung durch die Gewerkschaften, die viele Menschen erreichen können, andererseits politischer Streiks bis zum Generalstreik. Beides wollen die Gewerkschaftsführungen nicht. Der DGB hat sechs Millionen Mitglieder, veranstaltete am Aktionstag aber eine eigene Mittagskundgebung in Berlin mit wenigen hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern und schloss sich nicht den gemeinsamen Protesten am Abend an.

Die LINKE nutzt ihre Möglichkeiten zur Mobilisierung nicht genug. Ähnlich sieht es bei den neuen linken Parteien in Frankreich, Italien oder Griechenland aus. Um Gewerkschaften und linke Parteien zu bewegen, brauchen wir eine starke Basis, die sich für den Kampf im Alltag, in Protesten und Streiks einsetzt.

Wie weiter?

Der DGB plant einen deutschlandweiten Aktionstag für den 13. November. Damit viele Menschen daran teilnehmen, müssen wir jetzt in unseren Gewerkschaften, in der LINKEN und bei Linksjugend [´solid] dafür argumentieren, dass breit mobilisiert wird. Die Initiative der und des Einzelnen zählt, damit Busse organisiert werden und es Mobilisierungsmaterial gibt. Auch gegen den Willen der Gewerkschafts- und Parteispitzen ist die Mobilisierung vieler zehntausend Menschen möglich, wenn genügend Druck von der Basis ausgeht.

Demonstrieren allein reicht auf lange Sicht aber nicht. Die Herrschenden werden versuchen, Proteste zu ignorieren und zu marginalisieren. Ein Generalstreik wie in Spanien ist greift die Profite der Konzerne an – das wäre notwendig, um zu zeigen, wer am längeren Hebel sitzt.

Gemeinsam kämpfen – für eine andere Gesellschaft!

Dass es uns gut geht, wenn es der Wirtschaft gut geht, ist eine Lüge. Ob Auf- oder Abschwung, am Ende zahlen wir drauf. Um die ständige Verschlechterung unserer Lebensverhältnisse aufzuhalten, müssen wir gemeinsam kämpfen. Wir müssen uns wehren gegen die Interessen der Konzerne, für die auch die Regierungen Partei ergreifen. Das Komitee für eine Arbeiterinternationale (engl. CWI), dem auch die SAV angehört, kämpft in 45 Ländern für die Interessen der Arbeiterklasse, beteiligt sich an Kämpfen und mobilisiert dafür. Um für Rechte zu kämpfen, die schon früher erkämpft wurden –staatlich bezahlte Gesundheitsversorgung oder Bildung etwa – heißt auch, einzusehen: Im Kapitalismus werden Errungenschaften in jeder Krise in Frage gestellt. Seine Logik führt zu Profiten für Wenige, nicht zum Wohl Aller. Ein Kampf gegen Kürzungen muss auf Dauer ein Kampf gegen den Kapitalismus sein.