Blockieren, besetzen, streiken!

Wie kann Stuttgart 21 gestoppt werden?


 

Am 25. August begann der Abriss des Nordflügels vom Hauptbahnhof. Zwei Tage später demonstrierten 50.000 Menschen in Stuttgart und umzingelten den Landtag. Am folgenden Tag bot Bahnchef Rüdiger Grube den GegnerInnen von Stuttgart 21 den Dialog an – aber keinen Baustopp!

von Wolfram Klein, aktiv im Cannstatter Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21

Am 29. Januar demonstrierten 10.000 gegen einen Besuch von Grube im LBBW-Forum beim Bahnhof. Zu ihrer Überraschung richtete Grube einige Worte an sie – und bot ihnen einen Dialog an. Seitdem wurde das Projekt beschleunigt vorangetrieben. Und was blieb von Grubes Dialog-Versprechen? Die Propaganda-„Bauzeitung“ für Stuttgart 21, mit der die Stuttgarter Haushalte beglückt wurden, wurde „Dialog 21“ genannt.

Moratorium?

Ein Dialog verbunden mit einem vorübergehenden Baustopp (einem Moratorium) wurde von den gemäßigten Teilen der Bewegung gegen Stuttgart 21 (unter anderem dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, Grüne) in den letzten Wochen propagiert. Wir helfen mit bei Torblockaden und freuen uns, wenn wir den Abriss um einige Stunden verzögert haben. Wenn ein Moratorium den Abriss für Wochen unterbrechen würde, würden wir auf der Straße tanzen.

Aber gerade deshalb werden die Stuttgart-21-Macher sich dagegen wehren. Ihr Hauptargument ist, dass S 21 beschlossen und begonnen und nicht mehr aufzuhalten sei. Wenn sie wirklich auf die GegnerInnen zugehen, würden sie sich dieses „Argument“ selbst aus der Hand schlagen. Das würde die GegnerInnen nur weiter ermutigen.

Immer und immer wieder wurden wir belogen und betrogen. Dialog-Versprechen von Grube… Zusicherung eines Volksentscheids von CDU-Oberbürgermeister Wolfgang Schuster… Im ganzseitigen „Leserforum“ der Stuttgarter Zeitung am 4. August war auch von der „Vermutung vieler Bürger“ die Rede, „dass die Verwaltungsgerichte in Baden-Württemberg eben nicht unabhängig sind“. Ein anderer schrieb: „Wir leben in einer Scheindemokratie oder parlamentarischen Diktatur, was auf dasselbe hinauskommt.“ Auf irgendwelche Zusagen der Herrschenden dürfen wir nicht setzen. Entscheidend ist der weitere Aufbau der Protestbewegung.

Massenblockaden

Die ersten Tage des Abrisses haben gezeigt, dass dafür immer wieder LKWs mit Mulden voll Bauschutt das Baugelände verlassen und leere Mulden auf das Gelände fahren. Durch Massenblockaden lässt sich der Abriss wirksam behindern (so lange sich die Abrissstrategie nicht ändert). Diese Massenblockaden gilt es zu organisieren. Wenn Transporte durch das Tor nur mit Großeinsätzen der Polizei möglich sind, würde das auch beweisen, dass ein solches in der Bevölkerung verhasstes Projekt mitten in einer Großstadt nicht durchführbar ist. Jetzt ist es erst eine Baustelle und die Polizei klagt über Personalmangel. Später wären es mehrere Baustellen parallel.

Streiken

Das wirksamste Mittel gegen Stuttgart 21 wären aber politische Streiks bis hin zu einem regionalen Generalstreik. Erstens würde das die kapitalistischen Kräfte hinter Stuttgart 21 direkt treffen. Zweitens würde dadurch die Beteiligung an Blockaden leichter werden.

Der von SAV-Mitglied Ursel Beck am Morgen des 26. Augusts verlesene Offene Brief an die Gewerkschaften, der von diesen Aktivitäten bis hin zu Streiks gegen S 21 einfordert, fand die Zustimmung der 200 Anwesenden und macht jetzt in einigen Verteilern von Gewerkschaftsaktiven die Runde.

Aber der Druck auf die Apparate muss noch enorm gesteigert werden. Als konkreten Schritt, um die Streikfrage zum Thema zu machen, treten SAV-Mitglieder gemeinsam mit anderen Jugendlichen der „Jugendoffensive gegen S 21“ für einen Schülerstreik gegen Stuttgart 21 ein. n

Hintergrund: Die Interessen hinter S 21

Stuttgart 21 ist kein Verkehrs-, sondern ein Profitprojekt. 2006 wurde ein Unterstützerkreis für Stuttgart 21 ins Leben gerufen. Ihm gehört zum Beispiel der Tunnelbohrmaschinenhersteller Herrenknecht an, dessen Aufsichtsratsvorsitzender der ehemalige CDU-Ministerpräsident Lothar Späth ist. Herrenknecht hat der CDU letztes Jahr 70.000 Euro gespendet. Für Stuttgart 21 werden über 30 Kilometer Tunnel gebohrt.

Weiter sind im Unterstützerkreis Baufirmen wie Bilfinger und Berger (bekannt durch den Kölner U-Bahn-Einsturz) und jede Menge Banken.

Die Bahnchefs Heinz Dürr, Hartmut Mehdorn und Grube, die Stuttgart 21 ins Leben gerufen und vorangetrieben haben, kamen aus dem Management von Daimler.

Anmelden zur Torwache!

Torwache stehen vor der Baustelle des Nordflügels vom Hauptbahnhof! Wer in Stuttgart gegen S 21 aktiv sein will, soll sich für Schichten bei den „Parkschützern“ melden: www.parkschuetzer.de/torwache