Schluss mit der Ambivalenz!
Die SPD in NRW behauptet, eine Koalition mit der LINKEN sei an deren unklarer Haltung zur DDR gescheitert. Das ist vorgeschoben. Die SPD wollte nicht mit der Linkspartei regieren, weil sie mit ihr den anstehenden Arbeitsplatz- und Sozialabbau nicht so einfach hätte umsetzen können. Die DDR-Keule wird geschwungen, um genau davon abzulenken. Aber was ist dran an dem Vorwurf, DIE LINKE verteidige die DDR?
von Sascha Stanicic, Berlin
Katarina Schwabedissen vom Vorstand der NRW-LINKEN betonte, die Partei sei bereit gewesen, zu unterschreiben, dass die DDR eine Diktatur war. Und tatsächlich gibt es eine Reihe von Dokumenten der LINKEN, wie zum Beispiel den aktuellen Programmentwurf, in denen eine Distanzierung vom Stalinismus zu finden ist.
Kein „Sozialismusversuch“ in der DDR
Tatsache ist aber leider auch, dass die DDR im Programmentwurf als „Sozialismusversuch“ bezeichnet wird und die Kritik am DDR-Staat nur auf der Erscheinungsebene (mangelnde Demokratie, Überzentralisierung und so weiter) formuliert wird, nicht jedoch die Ursachen dafür benannt werden. Es waren die Machtinteressen und Privilegien der Bürokraten in Moskau und Ost-Berlin, die zu einer aktiven Verhinderung von demokratischen Rechten und Arbeiterselbstverwaltung in dem ostdeutschen Staat durch die SED führten. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass zwar Millionen ArbeiterInnen nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten, ein „besseres“, antifaschistisches und sozialistisches Deutschland aufzubauen – dieser Versuch aber von Josef Stalin, Walter Ulbricht, Nikita Chruschtschow, Erich Honecker verhindert wurde. Der Begriff „Sozialismusversuch“ gibt der KPdSU- und SED-Führung eine Legitimität, die sie vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus nicht verdient hat. Wie Heinrich Böll schon sagte: Die größten Antikommunisten saßen in Moskau und Ost-Berlin!
Stasi klar verurteilen!
Schlimmer wird die Haltung der LINKEN, wenn SpitzenvertreterInnen der Partei in die Fallen der bürgerlichen Medien und Politiker tappen, weil sie zum Beispiel nicht bereit sind, die Stasi zu verurteilen.
Natürlich haben Vertreter eines kapitalistischen Systems, das für Kriege, Umweltzerstörung, Diktaturen verantwortlich ist, und einer Bundesrepublik, in der nach dem Zweiten Weltkrieg alte Nazis Karriere machen konnten (während AntifaschistInnen ins Gefängnis wanderten), kein moralisches Recht, über die DDR zu urteilen. Nicht zuletzt, weil sie mit der SED-Bürokratie das gemeinsame Interesse hatten, die DDR-Diktatur als Sozialismus darzustellen. Warum sonst hat die SPD gemeinsame Papiere mit der SED verfasst oder hat der frühere bayrische CSU-Ministerpräsident Franz-Josef Strauß die DDR-Bürokratie mit Milliardenkrediten gestützt? Aber auch wenn linke Kritik an der DDR sich nicht mit bürgerlicher Kritik gleichsetzen lassen darf, darf der Versuch, sich von dieser abzugrenzen, auch nicht dazu führen, dass man auf Kritik verzichtet.
Bärbel Beuermann, Spitzenkandidatin der NRW-LINKEN, antwortete auf die Frage nach der Legitimität der Stasi mit der Gegenfrage: „Ist der Verfassungsschutz legitim?“ Das ist nicht nur dumm. Denn wahrscheinlich drückt diese Antwort die Haltung aus, dass der „Sozialismusversuch“ DDR sich gegen das feindliche, kapitalistische Ausland verteidigen musste und die Stasi daher legitim war. Die Stasi war aber vor allem ein Repressionsorgan gegen die ostdeutsche Arbeiterklasse und damit in keiner Art zu verteidigen.
Haltung von MarxistInnen
Eine marxistische Antwort auf die gestellte Frage lautet: „Ich wäre in der DDR von der Stasi bespitzelt worden, weil ich für sozialistische Demokratie kämpfe. Die DDR war eine Diktatur gegen die eigene Bevölkerung. DIE LINKE hat nichts mit der DDR und Stalinismus am Hut. Wir kämpfen für Demokratie, die nicht am Betriebstor endet. Für sozialistische Demokratie, in der nicht der Profit für Banken und Konzerne herrscht. Darüber hinaus halte ich kapitalistische Geheimdienste für ebenso illegitim, wie stalinistische, denn sie handeln nicht im Interesse der Bevölkerungsmehrheit.“
Die Ambivalenz in den Aussagen der LINKEN zur DDR muss beendet werden. Nur dann kann die Skepsis, die der Partei in einem Teil der arbeitenden Bevölkerung aufgrund ihrer Geschichte weiterhin entgegen schlägt, überwunden werden.