Hände weg von unseren Clubs!

In Berlin regt sich Widerstand gegen die Schließung von Jugendeinrichtungen


 

Während in den letzten Monaten Hunderte Milliarden in Banken und Konzerne gepumpt wurden, sollen in Berlin-Mitte 3,3 Millionen Euro in der Jugend- und Sozialarbeit gespart werden. Und wieder einmal zählen die Interessen von Kindern und Jugendlichen nichts gegenüber denen von Managern und Kapitalisten.

von Paula & Krischan

Dank der strikten Haushaltsvorgaben des Landes Berlin unter dem rot-roten Senat droht im Bezirk Pankow die Schließung von 47 Jugend- und Sozialeinrichtungen. Jetzt wird auch in Mitte der Haushaltsplan für 2010 aufgestellt. Und auch hier sollen Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen für Kürzungen herhalten. Neben 800.000 Euro bei den Freien Trägern sollen 2,5 Millionen Euro bei den kommunalen Einrichtungen gespart werden.

Ziel des Senats für Bildung, Sport, Wissenschaft ist es, sich von allen Jugendfreizeiteinrichtungen  zu trennen, das heißt sie entweder an freie Träger zu übergeben oder zu schließen. Dabei gibt es schon jetzt viel zu wenig Jugendfreizeitangebote. Im Wedding, zum Beispiel, liegt der Versorgungsgrad von Jugendlichen zur Zeit bei 31%, nach den geplanten Kürzungen nur noch bei 23%. In einem internen Papier des Bezirksamtes Mitte heißt es dazu nur: "Die Mindestausstattung laut Förderformel wurde im Wedding bisher sowieso nicht erreicht." Frei nach dem Motto: Wenn eh immer zu wenig da war, können wir ja gleich alles streichen! Aber gerade der Wedding hat mit 33,2% den höchsten Migrantenanteil und mit 25,7% die zweithöchste Erwerbslosenquote Berlins. Jugendfreizeiteinrichtungen sind hier mehr als Basteln und Party. Sie vermitteln Praktika und Ausbildungsplätze, holen perspektivlose Kids von der Straße und unterstützen sie bei vielen Problemen des Alltags. Das werden sie nicht mehr können, wenn sie geschlossen, noch überbelasteter, profitorientiert sind, oder in Konkurenz zueinander gestellt werden.

Dass sich die geplanten Kürzungen als Bumerang erweisen werden, dürfte mehr als klar sein. Schon heute ist die Jugendkriminalität ein ernsthaftes Problem, zudem der vermehrte Drogenmißbrauch unter Kindern und Jugendlichen. Alle paar Tage geht in Berlin die Meldung durch die Presse, dass wieder ein sogenanntes „Suff-Kid“ aufgegriffen wurde. Wer heute bei der Jugend spart kann morgen in Jugendknäste investieren.

Welche Bedeutung die Einrichtungen haben, zeigen Protestschreiben gegen die Schließung des Weinmeisterhauses im Stadtteil Alt-Mitte. Wir dokumentieren hier einige Auszüge:

„Aber nicht jeder hat einen festen Job mit größerem Einkommen und nicht jeder kann sich seine Freizeitinteressen und Hobbys in einer immer mehr zur High Society werdenden Stadt leisten……Jugendliche können sich im Weinmeisterhaus entwickeln, aufbauen, sie kommen aus ihren zerrüttenten Familien hinein in liebevoll gestaltete Räume des Weinmeisterhauses, wo sie basteln, KOSTENLOS Gitarre erlernen dürfen.“

„Meine eigenen, inzwischen 17jährigen Kinder sind seit dem 5.Lebensjahr immer wieder im Weinmeisterhaus. Die jungen Leute benötigen diese Anregungen und das „Wegweisen“. Und nicht alle Familien können sich die oft sehr teuren Nachmittagsangebote von privatfinanzierten Kursen leisten.“

„Alle reden von Bildung, Chancengleichheit, Integration, hier können Sie sich beweisen!

Besonders der rot-rote Senat sollte nicht bei den Kindern und Jugendlichen sparen!“

Und 800.000 Euro Einsparungen, alleine bei den Personalkosten, bedeuten nun einmal, dass mit 25 bis 30 Vollzeitstellen rund die Hälfte der Sozialarbeiter in Mitte wegfallen würden.

Aber es regt sich Widerstand. Mitglieder der Linksjugend["solid]-Gruppe Roter Wedding haben sich in den letzten Wochen mehrmals mit Jugend- und Sozialarbeitern und Jugendlichen zusammengesetzt, um sich zu vernetzen und Protest zu organisieren. Dazu haben wir das "Bündnis zur Rettung der Kinder- und Jugendarbeit in Mitte" gegründet. Mit Transparenten, Schildern und Trommeln haben betroffene Kinder, Jugendliche, Sozialarbeiter und wir die Bezirksverordnetenversammlung besucht. Ein 13-Jähriger aus der Jugendfreizeiteinrichtung Ikarus hielt eine beeindruckende Rede.

Weitere Aktionen wie Demos, Solikonzerte und -Partys, Podiumsdiskussionen, Blockaden werden wir noch organisieren um für unsere Einrichtungen zu kämpfen.

Aber gerade wir als Linksjugend["solid] und damit LINKE-naher Jugendverband sollten unsere Kritik und Wut über diese Kürzungen nicht nur gemeinsam mit den Betroffenen äußern. Weil die LINKE hier an der Regierung ist, trägt sie schließlich auch Verantwortung für solche Haushaltspläne. Gerade Rainer-Maria Fritsch (Stadtrat für die LINKE) versucht hier das durch zu exerzieren, was in Berlin-Lichtenberg schon geschehen ist. Eigentlich wäre es Aufgabe der Partei Die LINKE, dafür zu kämpfen, dass der gesamte Sozialbereich erhalten und ausgebaut wird. Dass nicht die Menschen in Berlin für die Haushaltsmisere zur Rechnung gezogen werden, sondern diejenigen, die sie uns eingebrockt haben.

Wie zum Beispiel die Profiteure des Berliner Bankenskandals von 2001, für dessen Risiken das Land Berlin immer noch Bürgschaften in Höhe von 21 Milliarden hält.

Wir müssen den Kampf gegen den geplanten Sozialkahlschlag gemeinsam mit allen Betroffenen führen. Nicht nur der Jugendbereich soll zusammen gestrichen werden. Allein im Wedding sollen z.B. drei Seniorenbegegnungsstätten wegfallen. Auch in anderen Bereichen wird es Angriffe auf die soziale Infrastruktur geben. Wichtig ist, dass alle Betroffenen sich GEMEINSAM zu Wehr setzen, ob Jugendliche, Lohnabhängige, Behinderte oder Senioren. Nur gemeinsam können wir unsere Einrichtungen verteidigen. Bezirksübergreifend gibt es ebenfalls Protest. In mindestens sieben weiteren Bezirken von Berlin stehen die kommunale Kinder- und Jugendarbeit und andere soziale Einrichtungen auf der Kürzungsliste. Bereiten wir Berlin einen heißen Herbst!!!

-Keine Einsparungen im Kinder- und Jugendbereich

-Erhalt und Ausbau aller Lern- und Freizeiteinrichtungen!

-Erhalt und Entwicklung von Qualität und Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit

-Banken werden gerettet, Jugendeinrichtungen geschlossen:

Wir lassen uns nicht dichtmachen!!!

Bereiten wir Berlin einen heißen Herbst!!!

weitere Infos unter: www.wiederstandmitte.blogspot.com