Historischer Wahlsieg der Linken in El Salvador

Mauricio Funes neuer Präsident


 

Am Sonntag, den 15. März wurde im mittelamerikanischen El Salvador Geschichte geschrieben. Erstmals gelang es der regierenden Ultrarechten nicht, den Wahlsieg eines linken Präsidentschaftskandidaten zu verhindern. Weder durch Gewalt noch durch Betrug, so wie es die salvadoranische Linke in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder erleben musste.

von Victor León (CWI Costa Rica)

Erstmals wird ein Präsident der FMLN (Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí) das kleine, aber bevölkerungsreiche zentralamerikanische  El Salvador regieren. Den Wahlkampf führte die ultrarechte ARENA-Partei (Nationalistische Republikanische Allianz), die aus Kreisen der ehemaligen Militärdiktatur hervorgegangen ist und das Land seit dem Ende des Bürgerkrieges 1992 mit harter Hand regiert, mit aller Brutalität. Mit gut 51 Prozent oder 1,23 Millionen Stimmen konnte sich der Kandidat des „Wechsels“, der 49jährige Mauricio Funes durchsetzen und gilt nun als Hoffnungsträger für Linke und Aktive der sozialen Bewegungen in ganz Zentralamerika. Wahlbetrug gab es im Vorfeld und auch am Wahltag. Unabhängige Wahlbeobachter widersprechen der Aussage der „offiziellen“ Beobachter von Europäischer Union und Organisation Amerikanischer Staaten.

Doch der Vorsprung der Linken war so groß, dass es dieses Mal nicht reichte, um ihr den Wahlsieg zu rauben. Endlich ist die bleierne Vorherrschaft von ARENA und ihren Vorgängern in der Militärdiktatur überwunden! Für Zentralamerika bedeutet es einen Zündfunken der Hoffnung und die Hardliner in Washington haben einen wichtigen Verbündeten verloren, in Lateinamerika können sie momentan nur auf die Präsidenten in Kolumbien und Costa Rica als blinde Vasallen zählen. Funes Wahlsieg feierten die Salvadoraner mit großer Begeisterung. Die Straßen der Hauptstadt San Salvador waren in der Wahlnacht ein einziges rotes Fahnenmeer. Die vielen zehntausende strömten aber nicht nur aus Freude ins Zentrum. Sie hatten auch Angst vor drohendem Wahlbetrug. Denn das Oberste Wahlgericht (TSE) hatte zwar verkündet, daß Funes mit mehr als 51 Prozent der Stimmen vor

Rodrigo Avila, seinem Kontrahenten von der seit 1992 regierenden ultrarechten Partei ARENA (Nationalistische Republikanische Allianz), nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen führte. Ein Sieger sollte aber erst 48 Stunden später ernannt werden. Eine derartige Verzögerung eines offiziellen Ergebnisses hatte es bei Wahlen in El Salvador noch nie gegeben. Der diesbezügliche Kommentar des TSE-Chefs und ehemaligen ARENA-Vorsitzenden und -Parlamentariers Walter Araujo weckte Sorge unter den FMLN-Wählern: „Das kann jeder für sich selbst interpretieren“.

Die spontane Massenmobilisierung ging unter die Haut, die Regierenden wurden von den vielen zehntausend vollkommen überrascht. Weder Polizei noch Militär stellte sich den Demonstrierenden in den Weg, als man – linke Kampflieder singend und rote Fahnen schwingend – das Zentrum vom Reichenviertel El Escalon besetzte. Angesichts dieser Mobilisierung erkannte ARENA-Kandidat und ehemaliger Innenminister Rodrigo Ávila seine Niederlage an. Die Siegesfeier ging bis in die frühen Morgenstunden. „Nach Jahrzehnten von faschistischer Diktatur und ARENA-Herrschaft können wir nun endlich aufatmen“, sagte ein Unterstützer von Mauricio Funes.

Eine klare Linie vertritt dieser indes nicht. Der ehemalige Journalist ist erst im vergangenen Jahr in die fmln eingetreten und sein Regierungsprogramm ist ein bürgerlich-demokratisches. Er verspricht die Armut zu bekämpfen ohne das Privateigentum anzutasten. Dennoch hat seine Kandidatur auch die trotzkistische „Revolutionäre Arbeiterpartei“ (PRT, eine zentralamerikanische Partei, die derzeit keiner internationalen Strömung fest angehört) unterstützt. Nach Einschätzung der PRT ist die fmln – im Gegensatz zur sandinistischen FSLN im Nachbarland Nicaragua – nicht verbürgerlicht. Als zentrale Forderungen stellt die PRT nun auf:

– Keine Einbindung bürgerlicher Politiker in die Regierung Funes

– Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung

– Die seit dem Massaker 1932 enteigneten Indígena-Gebiete müssen zurück gegeben werden

– Rücknahme des Amnestiegesetzes von 1992, um die faschistischen Mörder aus der Zeit der Militärdiktatur zu bestrafen.

Klar ist, dass der Kampf für soziale Verbesserungen auf der Straße geführt werden muss. Im Parlament ist der neue Präsident Mauricio Funes mit einer rechten Mehrheit aus ARENA und moderateren Konservativen konfrontiert. Die fmln stellt seit den Parlamentswahlen vor zwei Monaten zwar die stärkste Fraktion, aber für die absolute Mehrheit reichte es nicht.

Victor Léon hielt sich am Wahltag in El Salvador auf.