Castros Kuba – eine marxistische Kritik (6. Teil)

Sechster und letzter Teil des Buches. Zurück zum 5. Teil

Frankreich und Mexiko

Lenin und Trotzki meinten, dass die Arbeiterklasse die führende Rolle in der Revolution spielen müsse, auch wenn sie die absolute Minderheit in der Gesellschaft sei. Die DSP versteht diese Idee nicht nur in Bezug auf Lateinamerika nicht, sondern, was tragischer ist, auch nicht in Bezug auf die Bewegungen in Asien, vor allem Indonesien. Für sie sind die „städtischen Armen“ revolutionäre Klasse, nicht die organisierte Arbeiterklasse. In Indonesien können die städtischen Armen eine wichtige Rolle spielen, aber die entscheidenden Kraft der Revolution ist die organisierte, der Großindustrie beschäftigte Arbeiterklasse. Eine taugliche revolutionäre Massenpartei muss zuallererst ihre Basis in dieser Klasse aufbauen, um dann einen Weg zu den unterdrückten Armen in den städtischen Ballungsgebieten und natürlich auch zu den ausgebeuteten Bauernmassen zu finden. Das ist keine nebensächliche Frage oder eine akademische Debatte. Die Geschichte Lateinamerikas in den 70ern und 80ern ist voll von tragischen Beispielen, wo das revolutionäre Potential durch die falschen Methoden des Guerilla-Krieges zerstört wurde, die sowohl auf dem Land als auch in den Städten angewandt wurden, letzteres in den stark verstädterten Gesellschaften wie Argentinien und Uruguay.

Diese zum Scheitern verurteilten Taktiken führten zur Vergeudung des enormen revolutionären Potentials einer ganzen Generation. Was war dabei die Rolle der DSP und anderer angeblicher Marxisten und selbst einiger „Trotzkisten“? Sie feuerten die Guerilla-Organisationen an – aber stellten mehrheitlich sicher, dass sie persönlich nicht an den Aktionen teilnahmen. Das führte zum Ruin einer ganzen Generation von potentiellen revolutionären marxistischen Kämpfern. Außerdem haben diese Organisationen niemals eine wirkliche Bilanz der traurigen Auswirkungen ihrer gezogen. Militant – jetzt die Socialist Party – und das Komitee für eine Arbeiterinternationale diese Methoden immer abgelehnt. Wir haben immer eine freundliche Haltung zu allen wirklichen revolutionären Kräften gehabt, die diese falschen Methoden anwenden. Aber wir haben immer die Rolle der Arbeiterklasse betont und den Aufbau einer revolutionären, in der Arbeiterklasse verankerten Massenpartei als die Hauptaufgabe für Marxisten beschrieben.

Auch in der Außenpolitik verteidigt die DSP die Castro-Regierung. Ich kritisierte in meiner Broschüre Castros Haltung zum Massaker an den Studierenden in Mexiko im Oktober 1968, seine Position zum größten Generalstreik der Geschichte in Frankreich 1968 und zur Tschechoslowakei. Lorimer beeilte sich, die Haltung des kubanischen Regimes zu verteidigen und hat so unbeabsichtigt unsere Argumente zum Charakter des kubanischen Regimes bestätigt. Wir hatten beschrieben, dass die finanzielle und wirtschaftliche Abhängigkeit Kubas von der stalinistischen Bürokratie unter Chruschtschow und Breschnjew den Charakter des Regimes geformt und bestimmt habe. Lorimer schreibt in bezug auf die Escalante-Affäre (welche wir in unserer Broschüre beschrieben haben), dass „Moskau seine Unzufriedenheit ausdrückte, indem die Lieferungen dringend benötigten Öls nach Kuba gekürzt wurden.“ Genau! Beim Vorgehen gegen Escalante – wobei, dies sei hinzugefügt, vollkommen undemokratische Methoden angewandt wurden – machte die Castro-Regierung, die sich einem Versuch des Kremls gegenüber sah, Kuba in einen bloßen Anhängsel wie Osteuropa zu verwandeln, ihren Anspruch auf ihre eigene nationale Haltung geltend. Bei dieser Auseinandersetzung ging es um die Interessen des stalinistisch-bürokratischen Regimes in Russland und der Regierung Castro. Seine Regierung war bei der Masse der Bevölkerung Kubas noch immer populär, aber stützte sich auch auf eine bürokratische Elite, welche die Ebenen der Macht und den Staat in Kuba kontrollierten. Wie bei anderen Zusammenstößen innerhalb des sowjetischen Sphäre war dies kein Konflikt zwischen einer wirklichen Arbeiterdemokratie und dem bürokratischen Regime des Kreml. Die zwei Bürokratien machten ihre eigenen gegensätzlichen nationalen Interessen geltend. In Bezug auf Mexiko, Frankreich und die Tschechoslowakei unterstützte die Castro-Regierung die Kreml-Bürokratie (Tschechoslowakei) oder schwieg zur Repression in Mexiko und zur massiven Arbeiterbewegung in Frankreich.

Lorimer und die DSP schämen sich nicht, Castros Haltung zu verteidigen. Unglaublicherweise schreiben sie: „Wenn Taaffe keine anderen Informationen hat, weist heute alles darauf hin, dass es 1968 weder in Mexiko noch in Frankreich eine revolutionäre Massenpartei gab, die dadurch hätte desorientiert werden können, dass die Castro-Führung es verpasste, sich zu den internen Entwicklungen in diesen Ländern zu äußern, auf die Taaffe sich bezieht. Glaubt Taaffe tatsächlich, dass eine Solidaritätsbotschaft von der UJC (der staatlich kontrollierten kubanischen Studentenbewegung) oder der Kubanischen Vereinigung der Unistudenten an die französischen Studenten den Lauf der Arbeiter- und Studenten-Revolte vom Mai-Juni 1968 verändert hätte? Glaubt er, dass ein öffentlicher Protest der Castro-Führung gegen das Massaker von Tlatecolco in Mexiko 1968 zum Sturz der PRI-Regierung und zu dessen Ersetzung durch eine revolutionäre Führung geführt hätte? Wenn er irgendetwas davon glaubt, dann ist er noch weiter der Realität entrückt, als seine stark übertriebene Darstellung der Folgen der 68er Mai-Juni-Ereignisse in Frankreich es schon andeutet.“

Es ist interessant, dass Lorimer unsere Beschreibung des Mai-Juni-Generalstreiks 1968 in Frankreich stark übertrieben findet. Können wir daraus schließen, dass die DSP nicht meint, dass dies eine der größten Bewegungen der Arbeiterklasse in der Geschichte war? Dass damals eine revolutionäre Situation in Frankreich existierte? Wenn sie dies verneinen, zeigt das, dass sie von den französischen Ereignissen so wenig verstanden haben wie von denen in Kuba und vom Charakter des Castro-Regimes.

Erstaunlich ist, dass sie ihre Entschuldigung für das Schweigen der Castro-Führung zum Massaker an der Blüte der mexikanischen Jugend und zu den französischen Ereignissen damit begründen, dass es keinen „Unterschied“ ausgemacht hätte, weil keine revolutionäre Partei existierte. Es ist für eine „marxistische“ Organisation beschämend so zu argumentieren.

Die Rechtfertigung dafür: „Was wäre das wahrscheinlichste Ergebnis gewesen, wenn Castro gehandelt hätte, wie Taaffe es empfiehlt? Eine Protestnote wegen der Unterdrückung der Studenten-Demonstrationen durch die Regierung hätte höchstwahrscheinlich zu einer Änderung der Politik der mexikanischen Regierung geführt, nicht gegenüber den Studenten, aber gegenüber Kuba! Während sich die Henkersschlinge der US-imperialistischen Blockade gegen Kuba zusammenzog, widerstand die bürgerliche mexikanische Regierung Washingtons Druck, sich der Blockade anzuschließen und weigerte sich, die diplomatischen und Handelsbeziehungen abzubrechen. Mexiko war das einzige Land in Lateinamerika, welches Beziehungen mit dem revolutionären Kuba unterhielt. In diesem Zusammenhang hat die Castro-Führung die mexikanische Regierung nicht kritisiert.“

Die Begründung der DSP läuft darauf hinaus, dass die schwierige wirtschaftliche und diplomatische Situation Kubas bedeutete, dass die Castro-Regierung gezwungen war, angesichts der Repression eines Teils der Arbeiter- und Jugendbewegung in der Welt zu schweigen. Das gleiche trifft auf die einzigartige revolutionäre Situation in Frankreich zu, die, wenn erfolgreich, die Lage der Arbeiterklasse weltweit verändert hätte, Kuba selbst eingeschlossen.

Das ist Lichtjahre von der Haltung der Bolschewiki entfernt, vom Regime Lenins und Trotzkis, welches 1918-21 nicht nur einer ökonomischen Blockade gegenüberstand, sondern einer militärischen Intervention von 21 imperialistischen Armeen. Als sich Bewegungen der Arbeiterklasse entwickelten, als Revolutionen begannen, zum Beispiel in Deutschland, in der Tschechoslowakei und Italien 1920, griffen die Bolschewiki ein und gaben offene Unterstützung. Die russische Regierung versuchte auch Zeit zu gewinnen, indem sie den militärischen Widerstand gegen den Imperialismus mit diplomatischen Manövern kombinierte, mit dem Ziel, die imperialistischen Mächte gegeneinander auszuspielen. Am Ende des Bürgerkrieges waren die diplomatischen Anstrengungen der Bolschewiki ein wichtiger Teil ihrer Außenpolitik. Aber zu keinem Zeitpunkt wurde dies gegenüber den Versuchen der Bolschewiki priorisiert, weltweit revolutionäre Bewegungen zu unterstützen.

Es wäre für Lenin oder Trotzki undenkbar gewesen, diplomatische oder andere kurzfristige Interessen des Staates über die Notwendigkeit zu stellen, Arbeiter im Kampf oder gar Revolutionen zu unterstützen. Als zum Beispiel Tschitscherin, ein führender bolschewistischer Vertreter in London, bei seinen diplomatischen Verhandlungen mit den britischen Imperialisten unter Druck kam, schlug er Lenin vor, dass man einige „demokratische“ Veränderungen an der Sowjet-Verfassung vornehmen solle, um zu einer Einigung zu kommen. Lenin schlug höflich vor, dass er ignoriert werden solle.

Die Unterstützung für Arbeiter in anderen Ländern kam nicht immer von der Regierung selbst, sondern auch von der russischen und anderen kommunistischen Parteien. Wenn Castro den Zusammenbruch der Beziehungen mit Mexiko fürchtete, hätte seine Regierung nicht unbedingt offiziell Stellung nehmen müssen. Aber was hätte die PCC, den Studentenflügel der Partei oder die Gewerkschaften, die in einem gesunden Arbeiterstaat zumindest zum Teil eigenständig gewesen wären, abhalten können, das Massaker an den mexikanischen Studenten zu verurteilen? Es reicht, diese Fragen zu stellen, um zu zeigen, wie oberflächlich die Entschuldigung der DSP für die Castro-Führung ist. Es war übrigens nicht das letzte Mal, dass Castro die mexikanische Bourgeoisie stützte. Im Sommer 1988 nahm Castro persönlich an der Amtseinführung des mexikanischen Präsidenten Salinas teil (diese Aufgabe wird normalerweise von den kubanischen Botschaftern wahrgenommen). Salinas wurde durch massive Wahlfälschungen zum Präsidenten, die allgemeine Auffassung war, dass der Oppositionskandidat Cardénas hätte gewinnen müssen. Habel kommentiert: „Die persönliche Anwesenheit desjenigen, der die kubanische Revolution verkörpert, wurde von der mexikanischen Linken als Verrat empfunden.“

Das gleiche trifft auf die Mai-Juni-Ereignisse in Frankreich 1968 zu. Die Arbeiter besetzten im größten Generalstreik der Geschichte die Fabriken und die Revolution war möglich. Kein Geringerer als De Gaulle bestätigte dies – durch seine Flucht nach -Baden in Deutschland. Er dachte, „das Spiel ist aus“ wollte dort den Marsch der französischen Rhein-Armee gegen ein revolutionäres Frankreich vorbereiten. Er hatte allerdings nicht die durchtriebenen Führer der französischen „kommunistischen“ Partei und der sozialistischen Bewegung zu dieser Zeit mit einberechnet, welche die revolutionäre Situation auf die sicheren Gleise parlamentarischer Wahlen umlenkten. Stimmt Lorimer mit der Führung der französischen KP überein, dass die der Situation als revolutionär „stark übertrieben“ ? Wenn ja, unterstützt er diejenigen, welche eine der größten Möglichkeiten der Arbeiterklasse, nicht nur Frankreich sondern Europa und die Welt umzugestalten, sabotierten oder verstreichen ließen.

Tschechoslowakei

In bezug auf die Tschechoslowakei lesen wir eine sehr erstaunliche, um nicht zu sagen widerwärtige Entschuldigung für Castros Unterstützung der Zerschlagung des „Prager Frühlings“ 1968. In einer Antwort auf unsere Argumente schreibt Lorimer: „Was meint Taaffe, was wohl mit Kubas lebenswichtigem Nachschub an Lebensmitteln, Öl, Maschinen und Waffen passiert wäre, wenn Castro die sowjetische Invasion der Tschechoslowakei kritisiert hätte? Wie meint er, hätte wohl Moskau reagiert, wenn Castro die Entsendung von 350.000 Mann in die Tschechoslowakei nicht verbal unterstützt hätte? Die Sicherung der stalinistischen Herrschaft war den Moskauer Bürokaten offensichtlich viel wichtiger als das Schicksal von Escalantes kleiner Gruppe in Kuba (und der Kreml hatte sich schon dabei unzufrieden mit der Haltung der Castro-Führung gezeigt und am Anfang 68 wichtige Öllieferungen nach Kuba gekürzt.)“ Nachdem sie erst unsere These verworfen haben, dass das Castro-Regime ökonomisch und militärisch von der Gnade der Kreml-Bürokratie abhängig war, was desssen Charakter entscheidend geprägt hat, bestätigen Lorimer und die DSP selbst unsere Analyse. Sie gehen noch weiter und argumentieren, dass Castro, – nur zur : der Führer eines „gesunden Arbeiterstaates“ – der sich laut DSP auf eine Arbeiterdemokratie stützte, „keine Wahl“ und die unterdrückerische Aktion des Kreml in der Tschechoslowakei unterstützen musste. Was folgt aus dieser Stellungnahme? Vor 1989 hätte es bedeutet, dass ein gesunder Arbeiterstaat in einem kleinen Land keine andere Wahl gehabt hätte, zumindest die Außenpolitik betrefffend, als zur konterrevolutionären Rolle der Kreml-Bürokratie zu schweigen und Kritik zu vermeiden. In dieses beschämende Durcheinander ist die DSP geraten, weil sie die prinzipienfeste trotzkistische, marxistische Haltung zu den Kämpfen der Arbeiterklasse international aufgegeben hat.

Es gibt kein Element von Internationalismus in ihrer Haltung. Man vergleiche ihre Position mit der Haltung Lenins, der meinte, wenn es die Wahl zwischen der Aufrechterhaltung der russischen Revolution oder einem Erfolg der Revolution in Deutschland gäbe, die Bolschewiki ohne Zögern dafür eintreten würde, mit voller Kraft für einen Sieg der deutschen Revolution arbeiten würden. Wenn nötig, so argumentierte , könnte das sogar bedeuten, die russische Revolution zeitweise zu opfern, um den Sieg der deutschen Arbeiter sicherzustellen. Die Auswirkungen einer erfolgreichen deutschen Revolution, vor allem in Westeuropa, wären viel stärker als die der russischen Revolution gewesen. Dies hätte im Gegenzug die Perspektive der Weltrevolution näher gerückt.

Am Ende hängt das Schicksal Kubas von der Arbeiterklasse der Welt und nicht vom Kreml ab. Das zeigte sich auf negative Weise nach dem Fall der Berliner Mauer als die russischen kapitalistischen Regierungen unter Gorbatschow und Jelzin der kubanischen Wirtschaft und dem Castro-Regime schlicht den Stecker herauszogen. Die DSP und Lorimer rechtfertigen Castros Verhalten zur Tschechoslowakei. Sie bestreiten energisch, dass Castro unkritisch war und zitieren aus einer Rede Castros, um das zu unterstreichen. Aber was sagt Castro tatsächlich? In dieser Rede vom 23. August 1968, die von Lorimer zitiert wird, weist Castro darauf hin, dass was er sagt, önne, „in Widerspruch zu unseren eigenen Interessen stehen … und dies könnte ein ernstes Risiko für unser Land darstellen“. sagt er: „Nach unserer Meinung kann die Entscheidung die Tschechoslowakei betreffend nur von einem politischen und nicht von einem gesetzlichen Standpunkt aus erklärt werden. Es gibt keinen Hauch von Gesetzlichkeit. Ganz offen, kein bisschen.“

Diese und einige andere Andeutungen reichen Lorimer um zu behaupten: „Castros Erklärung zur sowjetischen Invasion der Tschechoslowakei war nicht von unkritischer Unterstützung geprägt. Tatsächlich war sie so kritisch gegenüber den stalinistischen Regimes in Osteuropa und der Sowjetunion, dass sie dort nicht gedruckt wurde.“ Aber Castro unterstützte in seiner Rede deutlich die Intervention. Laut Lorimer sagte er Folgendes: „Wir hatten keine Zweifel, dass sich die politische Lage in der Tschechoslowakei verschlechterte und das Land sich zurück Richtung Kapitalismus bewegte und das es unabänderlich in die Arme des Imperialismus fallen würde.“ Er wird dann deutlich: „Wir erkennen die bittere Notwendigkeit an, dass diese Einheiten in die Tschechoslowakei entsandt werden mussten. Wir verdammen nicht die sozialistischen Staaten, welche diese Entscheidung gefällt haben.“

Castro teilte einige Seitenhiebe gegen den Kreml aus und nahm so eine „konsequente“ Haltung ein, aber am Ende erklärte er schonungslos, dass er die Zerschlagung des „Prager Frühling“ mit massiver militärischer Macht unterstützte. Es gab im August 1968 in der Tschechoslowakei keine ernsthafte Gefahr der Rückkehr zum Kapitalismus. Der Kampf lief grundlegend zwischen der mächtigen zentralisierten russischen Bürokratie und der liberalen nationalistischen Bürokratie der Tschechoslowakei, mit Dubcek als deren wichtigstem Vertreter. Die Bewegung akzeptierte überwiegend die geplante Wirtschaft aber es gab unter den Massen den Ruf nach Demokratie und Liberalisierung. Es gab auch einige in der Bewegung, die schon damals für den Markt, eine Rückkehr zum Kapitalismus, eintraten, doch die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung wollte die Aufrechterhaltung der , aber mit demokratischen Reformen, den „Sozialismus mit menschlichem Anlitz.“ Die Ereignisse in der Tschechoslowakei und vor allem Dubcek und Co. waren keineswegs so bedrohlich für den Kreml wie die ungarische Revolution zwölf Jahre zuvor. Die ungarische Kommune, wie wir schon zuvor beschrieben haben, stellte eine tödliche Bedrohung für die stalinistische Bürokratie überall dar. Deren Arbeiterräte, die alle Elemente der Arbeiterdemokratie hatten, riefen eine panische Reaktion nicht nur bei Chruschtschow und Andropow (vom KGB) im Kreml hervor, sondern auch beim „liberalen“ Tito in Jugoslawien und bei Mao Tse-Tung und bei Tschu-En-Lai in China. Es konnte keinen Kompromiss mit der ungarischen Revolution geben. In der Tschechoslowakei war die Bewegung nicht so weit gegangen, Dubcek repräsentierte eher eine tschechoslowakische Version einer Bewegung, wie sie sich 1956 hinter Gomulka in Polen vereinigt hatte. Gomulka vertrat die polnische nationalistische Bürokratie, welche 1956 versuchte und es auch schaffte, den Griff der Moskauer Bürokratie zu lockern. Vor dem Hintergrund der ungarischen Revolution waren die russischen Stalinisten bereit, die polnische „Unabhängigkeit“ zu akzeptieren, da Gomulka weder in Polen noch in Moskau die Macht der Bürokratie bedrohte. Dies war ein Zusammenstoß einer aufstrebenden nationalen Bürokratie mit der Kreml-Oligarchie ähnlich wie in der Tschechoslowakei 1968. 1956 war der Kreml so gezwungen, sich mit Gomulka zu verständigen und die Unabhängigkeit der polnischen Bürokratie zu akzeptieren.

Die Situation in der Tschechoslowakei war deswegen anders, weil sich die Lage in Osteuropa, Russland und weltweit geändert hatte. Wenn der „liberalen“ Bürokratie in der Tschechoslowakei Unabhängigkeit zugestanden worden wäre, selbst bei Aufrechterhaltung der Planwirtschaft, wäre die Gefahr gewachsen, dass der Prozess von Auseinanderbrechen und Auflösung Osteuropas beschleunigt worden wäre, was schließlich Ende der 80er Jahre auch passierte. Eine unabhängige Tschechoslowakei – selbst weiter bürokratisch regiert, aber unter dem Dubcek-Regime „liberalisiert“ – hätte sofort zu einer Bewegung in Ungarn geführt, hätte der antibürokratischen Opposition einen gewaltigen Schwung gegeben und hätte möglicherweise schon damals zum Sturz Ceaucescus geführt. Auch die Auswirkungen auf die radikalisierten Arbeiter und Jugendlichen in Westeuropa, der USA usw. wären bedeutsam gewesen. Es war eine Bewegung von welterschütternden Ausmaßen und der Kreml glaubte, er hätte keine Alternative als diese zu zerschlagen. Und Lorimer und die DSP versuchen faktisch, die Entschuldiger der stalinistischen Verbrechen zu entschuldigen.

Die Zerschlagung des tschechoslowakischen „Experiments“ war ein Wendepunkt ür Osteuropa, ebenso wie die Unterdrückung von Solidarnosc Polen 1980-81 (die auch von Castro unterstützt wurde). Sie gab dem Kapitalismus weltweit weitere Mittel in die Hand, den „Sozialismus“ zu diskreditieren, welcher ab da mit Panzern, Gewehren und Kampfflugzeugen gleichgesetzt wurde, die eine Bewegung für Demokratie unterdrücken. Verstärkt wurden so auch die pro-marktwirtschaftlichen Tendenzen in der tschechoslowakischen Dissidenten-Bewegung, welche zusammen mit dem fortschreitenden Verfall des Stalinismus in den 70ern und 80ern zum Zusammenbruch der Regime in Osteuropa führten. Das führte zur Wiederherstellung des Kapitalismus mit all den Auswirkungen auf die Kämpfe der Arbeiterklasse international. Es ist ungeheuerlich, dass irgendeine Organisation, die behauptet, „marxistisch“ zu sein, oder gar „trotzkistisch“, solch eine Position beziehen kann, wie es Lorimer tut.

Er scheltet mich auch wegen meiner Kommentare über die Versuche des kubanischen Regimes, mit den US-Kapitalisten Abkommen zu schließen, um die Wirtschaftsblockade der Insel zu beenden. Unglücklicherweise für Lorimer stimmen die meisten gut informierten Kommentatoren mit uns überein. Kuba versuchte mit verschiedenen US-Regierungen diplomatische Vereinbarungen zu erreichen, beginnnend mit der Kennedy-Administration selbst, die erst kurz zuvor versucht hatte, Castro durch die Invasion in der Schweinebucht zu stürzen. Jon Lee Anderson kommentiert: „Erst zwei Monate zuvor hatten er und Kennedy kurz vor einer Détente gestanden. Sie hatten hinter den Kulissen Botschaften ausgetauscht, um die Möglichkeiten für eine Normalisierung der Beziehungen zu sondieren. Doch dann wurde Kennedy in Dallas ermordet.“ Nach Kennedys Ermordung und seiner Ersetzung durch Johnson „gab Fidel mit seiner Rede an die Nation Washington ein klares Signal, er hoffte, der neue Präsident Lyndon Johnson werde die abrupt beendete Initiative wieder aufgreifen.“

Angola, Äthiopien und Nicaragua

Lorimer geißelt mich auch dafür, dass ich in meiner Broschüre von 1978 schreibe: „Die Carter-Regierung ist bereit, das kubanische Regime anzuerkennen, sobald es seine Interventionen auf dem afrikanischen Kontinent beendet.“ Er sagt: „Das ist alles, was Taaffe über die Entsendung von 20.000 kubanischen Soldaten Ende 1975 nach Angola zu sagen hat, um der neuen unabhängigen Regierung der früheren portugiesischen Kolonie zu helfen, die von den USA unterstützte Invasion seitens Südafrikas zurückzuwerfen.“ Lorimer beweist, dass er kein Gefühl für Proportionen hat. Er schlägt verbal auf mich ein, weil ich mich angeblich nicht ausreichend mit dem Engagement Kubas in Angola beschäftigt habe. Ein Buch zu schreiben und nicht detailliert auf Kubas Unterstützung für Angola einzugehen, wäre ein ernsthaftes Versäumnis gewesen. Aber er sagt selbst, dass meine Broschüre eine Zusammenfassung dreier relativ kurzer Artikel ist. Sie kann sich nicht ausführlich mit den Gründen für Kubas Unterstützung Angolas gegen die Intervention des südafrikanischen Imperialismus beschäftigen. Wir nutzen jetzt die Gelegenheit, die Gründe für Kubas Intervention im südlichen Afrika zu erklären. Und ich fürchte, dies wird nicht mit der einseitigen Sichtweise von Lorimer und der DSP übereinstimmen. Er vergleicht die kubanische Intervention in Afrika 1975 mit den „stalinistischen Bürokraten in Moskau, Peking und Belgrad, die niemals ihre Armeen so benutzt haben wir die Kubaner in Angola. Die Stalinisten haben ihre Armeen als Grenzschützer eingesetzt,um die Basis ihrer institutionalisierten Privilegien zu schützen.“

Diese Herangehensweise an diese Frage ist oberflächlich. Wir haben niemals bestritten, dass die kubanische Revolution zu großer Begeisterung bei den kubanischen Massen geführt hat (300.000 meldeten sich freiwillig für den Kampfeinsatz) und den Wunsch geweckt hat, die Revolution international auszubreiten. Die Idee, das Beispiel der Revolution in Lateinamerika und dem Rest der neo-kolonialen Welt zu verbreiten, hatte nicht nur die Arbeiterklasse und die armen Bauern ergriffen, sondern auch Teile der Bürokratie. Das war allerdings nicht einzigartig. Selbst in Moskau, Peking, Vietnam und woanders konnte die Bürokratie die Unterstützung der Massen für Arbeiter international dazu nutzen, ihre Interventionen in anderen Ländern zu rechtfertigen. Teile der Bürokratie wollten auch den Sieg des „Sozialismus“ sehen, das heißt, den Aufbau von Planwirtschaften mit diktatorischen Ein-Parteien-Regimes.

Trotzki wies darauf hin, dass selbst Stalin vor 1933 den Sieg der deutschen Revolution wollte. Erst nach dem Sieg Hitlers und der Nazis – eine schreckliche Niederlage für die Arbeiterklasse der gesamten Welt – festigte sich die Bürokratie zu einer Kaste, die den Sieg der Arbeiterklasse egal wo auf der Welt fürchtete. Langfristig hatte die Unterstützung für die bürokratische Form des „Sozialismus“ den Zweck, die „institutionalisierten Privilegien“ zu schützen.

Arbeiter in Russland nahmen die Einmischung des Landes in Spanien in den 30er Jahren, welche von Stalin und der Bürokratie als ein Beispiel von „Internationalismus“ dargestellt wurde, enthusiastisch auf. Es gab viele Russen, die sich freiwillig für den Einsatz in Spanien meldeten. Sie waren vom Feuer der spanischen Revolution entflammt. Sie waren eine Quelle revolutionärer Ansteckung nach ihrer Rückkehr nach Russland. Stalin ließ daher die meisten von ihnen in den Schauprozessen 1937-38 umbringen. Jeder, der irgendwie mit einer Arbeiterrevolution in Kontakt gekommen war, war in den Augen Stalins und der Bürokratie ein Verdächtiger, teilweise, weil sie zu Beginn einer politischen Revolution gegen die Bürokratie zu Anführern hätten werden könnten.

Die Intervention der chinesischen Armee in Korea war nicht einfach eine Frage von „Grenzschützern“. Die chinesischen Massen waren von revolutionärem Eifer gegen die Intervention des Imperialismus erfüllt, der versuchte, die revolutionäre Welle in der Region und Asien insgesamt aufzuhalten. Selbst die Intervention in Afghanistan 1980 – die von der DSP unkritisch unterstützt wurde – hatte zu Beginn die Unterstützung bedeutender Teile der russischen Bevölkerung. Die Opposition entwickelte sich erst, als die Leichensäcke mit den russischen Wehrpflichtigen zurückkamen und es der Bevölkerung dämmerte, dass die militärische Intervention hauptsächlich das Ziel hatte, die strategischen und militärischen Interessen des russischen Staates und der privilegierten Elite, die ihn dominiert, zu schützen. Das Eingreifen der kubanischen Truppen in Angola 1975 hatte eine Reihe von Gründen. Es gab ohne Zweifel große Sympathien für die Angolaner unter den kubanischen Massen. Das war auch verbunden mit den Sympathien der Massen weltweit mit dem Kampf gegen das südafrikanische Apartheid-Regime. Tad Szulc argumentiert, dass es Fidel Castros Idee und nicht die der Russen gewesen sei, kubanische im angolanischen Bürgerkrieg „absolut ohne zeitliche Begrenzung“ einzusetzen. Ursprünglich hatte Russland seine Unterstützung für die MLPA abgebrochen, sie ihr politisch und militärisch nicht vertrauten, so dass „Castro als einziger Freund blieb“.

Durch die kubanische Militärintervention kamen Anfang Oktober 1975 am Ende doch sowjetische Waffen über Brazzaville an. Später in diesem Monat rückten in der „Operation Zulu“ bedeutende Kräfte des südafrikanischen Apartheid-Regimes in Angola ein. Kuba antwortete mit einer großen Luftlandeaktion von Truppen, der „Operation Carlota“. Diese Operation rettete ohne Zweifel das MLPA-Regime und half ihm, seine Feinde in der entscheidenden Schlacht um den Endbahnhof Benguela am 5. November zu besiegen und führte zur Sicherung der Hauptstadt Luanda – die von Holden Robertos FNLA bedroht wurde – zum Zeitpunkt der angolanischen Unabhängigkeit am 11. November.

Im darauffolgenden Jahrzehnt wurden insgesamt 200.000 Mann bei der kubanischen Intervention im angolanischen Bürgerkrieg eingesetzt. Ist das ein Beispiel, wie Lorimer argumentiert, für eine klare, prinzipienfeste Haltung, die auf einem internationalen Klassenstandpunkt basiert? Die Masse des kubanischen Volkes, selbst Teile der kubanischen Bürokratie wollten, wie wir erklärten, den Sieg von Apartheid und Konterrevolution in der Region verhindern. Castro selbst hatte persönliche Verbindungen mit den MLPA-Führern, die vor 1974 einige Zeit in Havanna verbracht hatten. Aber gleichzeitig, entgegen dem sowjetischen Zögern zu Anfang, so erklärt Tad Szulc „stimmten in Angola und später in Äthiopien kubanische und sowjetische Interessen überein.“139 Ohne die Zustimmung des russischen Stalinismus hätte Castro nicht auf diese Weise eingreifen können, angesichts der starken finanziellen und militärischen Abhängigkeit Kubas gegenüber Russland. Mitte der Siebziger erhielt Kuba rund die Hälfte der sowjetischen Wirtschaftshilfe für die „Dritte Welt“, Vietnam eingeschlossen, ebenso die Hälfte der militärischen Unterstützung für diese Länder.

Außerdem war es eine Sache, dass Kuba einer ähnlichen „Dritte-Welt“-Revolution half, es wäre eine völlig andere Sache gewesen, hätte sich eine Revolution irgendwo unter der vollen Kontrolle der Arbeiterklasse entwickelt. Zu der Zeit standen auch die Interessen der russischen Bürokratie im südlichen Afrika auf dem Spiel. Das MLPA-Regime in Angola war nach dem Rückzug der portugiesischen Imperialisten Richtung des Bruches mit Großgrundbesitz und Kapitalismus gegangen. Das Regime bewegte sich wirtschaftlich und diplomatisch Richtung Einflusssphäre Moskaus, ebenso wie Mozambique.

Die revolutionären Unruhen, die beide Länder seit 1974 erschüttert hatten, besorgten die südafrikanische imperialistische herrschende Klasse. Die Bewegungen in Angola und Mozambique hatten schon tiefgehende Auswirkungen innerhalb Südafrikas, wie sich beim Soweto-Aufstand 1976 zeigte. Daher unterstützte der südafrikanische Imperialismus jeden Versuch, die Regime in Angola und Mozambique zu stürzen, zum Beispiel durch Oppositionsbewegungen wie die pro-westliche UNITA in Angola. Die Südafrikaner entschieden sich 1975, beim Versuch, die MLPA militärisch zu stürzen, unterstützend einzugreifen. Sie hatten dabei die stillschweigende Unterstützung der wichtigen imperialistischen Mächte USA und Großbritannien. Dies ohne jeden Widerstand durchgehen zu lassen wäre ein schwerer Schlag gegen die militärischen, strategischen und diplomatischen Interessen der russischen Bürokratie gewesen. Vor allem in der neo-kolonialen Welt kämpfte sie verbissen gegen den amerikanischen Imperialismus um Unterstützung und Einfluss. Andererseits hätte die direkte Intervention russischer Truppen eine sofortige Reaktion des US-Imperialismus provoziert. Außerdem wäre das Eingreifen „weißer“ Truppen – selbst in der Uniform der Roten Armee – taktisch nicht angemessen gewesen, vor allem, da es die kubanische Alternative gab, eng mit Russland verbunden und mit einer bedeutenden „Dritte-Welt“- und afrikanisch-stämmigen Bevölkerung. Diese Intervention begeisterte und ermutigte die kubanischen Massen, die Soldaten kämpften und opferten sich heldenhaft für etwas, was sie als ihre internationalistische Pflicht ansahen. Dies anzuerkennen ist eine Sache. Zu behaupten, dass diese Intervention alleine schon den unerschütterlichen revolutionären Internationalismus des Castro-Regimes vergleichbar mit dem der Bolschewiki zeigt, ist extrem naiv.

Wenn die kubanischen Führer, die Lorimer die „Kubanische Kommunistische Partei“ nennt, konsequente internationale Revolutionäre waren, warum haben sie zur nicaraguanischen Revolution eine vollkommen andere Position eingenommen? Hier gab es die Bewegung, die Sandinistas, die vom kubanischen Modell inspiriert waren. Einer ihrer Führer, Tomas Borge, hatte Kuba in der ersten Phase nach der Revolution besucht und mit Che Guevara diskutiert. Die nicaraguanische Revolution ging allerdings nicht den gleichen Weg wie die kubanische Revolution. Es war weniger ein klassischer Guerilla-Krieg mit einer Basis auf dem Land als vielmehr eine massenhafte Aufstands-Bewegung in den Städten und auf dem Land – ähnlich dem spanischen Bürgerkrieg. Unter dem Druck der Revolution gingen die Sandinistas dazu über, 40 Prozent der Industrie und große Teile der Ländereien zu enteignen. Allerdings wurde die Revolution nicht bis zum Ende geführt. Castro hatte daran zusammen mit der russischen Bürokratie einen großen Anteil. Vor dem Hintergrund einer drohenden konterrevolutionären vom US-Imperialismus unterstützen Intervention liebäugelten die sandinistischen Führer mit der Idee, „ein Kuba herbeizuführen“. Im April besuchte der Sandinisten-Chef Daniel Ortega Moskau, um zu besprechen, wie die Sowjetunion helfen könne. Zu diesem Zeitpunkt stand die russische Bürokratie schon in aktiver Opposition zu jedem Versuch, einen deformierten Arbeiterstaat in der neo-kolonialen Welt aufzubauen. Sie war mehr und mehr an gütlichem Übereinkommen mit dem Imperialismus interessiert. Kuba hatte gezeigt, wie teuer es Russland zu stehen kommt, wenn solche Regimes in der neokolonialen Welt entstehen. Daher gingen sie aktiv daran, die Sandinisten-Führer zu entmutigen, dem Weg zu folgen, den Castro und Guevara 26 Jahre zuvor gegangen waren. Tony Saunois schreibt in seiner Broschüre über Che Guevara: „Castro gehorchte brav seinen Zahlmeistern [der Kreml-Bürokratie] und übte Druck auf die FSLN-Führer aus. Eine geringe Zahl von MiGs, die für Nicaragua bestimmt waren, wurden in Havanna festgesetzt. Er hatte im Januar 1985 Managua besucht, um die FSLN zu drängen, eine gemischte Wirtschaft zu akzeptieren. Er sagte ihnen: ‚Ihr könnt eine kapitalistische Wirtschaft haben‘ und pries Ortega für sein ‚ernstes und verantwortliches Vorgehen.’“

Warum beschäftigt sich Lorimer nicht mit dieser Stellungnahme aus einer wichtigen Publikation des CWI, dazu noch einer, die erst kürzlich veröffentlicht wurde?

Wie erklären Lorimer und die DSP den Unterschied zwischen Castros Haltung zehn Jahre zuvor betreffend Angola und der Position, die er 1985 zu Nicaragua eingenommen hat? Wir sind gespannt auf ihre Erklärung, welche, soviel steht schon fest, von der selben Art von „Realpolitik“ sein wird, wie sie schon zuvor angewandt wurden. Für die derzeitige Situation in Nicaragua – ein Produkt des Versagens, die Revolution zu Ende zu führen und der Weigerung, sie auf den Rest Mittel- und Südamerikas auszubreiten – ist nicht nur die Führung der FSLN in Nicaragua verantwortlich. Die Kreml-Bürokratie trägt einen Großteil der Verantwortung, ebenso wie Castro, der mit seinen Brötchengebern einer Meinung war. Diese Übereinstimmmung findet sich auch bei Lorimer und der DSP. In Lorimers langer Abhandlung findet sich keine einzige Zeile über Nicaragua und die Rolle Castros. Zumindest habe ich in meinen ursprünglichen Artikeln und der Broschüre die Situation in Afrika erwähnt. Das ist nur ein Beispiel von den ungleichen Maßstäben, welche die Führung der DSP anlegt.

Lorimer schreibt: „Taaffe beschäftigt sich nur spärlich mit der Rolle Kubas in Angola, weil sie schlüssige Hinweise liefert, dass seine ‚Analyse‘ der Castro-Führung 100 Prozent falsch ist. Seine Unfähigkeit, den revolutionären proletarischen Charakter dieser Führung zu erkennen ist ein Beweis für seine sektiererische Unfähigkeit zur Praxis, der Kunst der revolutionären Politik – im Gegensatz zum bloßen Darüber-Reden (und Belehren von anderen).“

Wir glauben, dass wir Lorimer zur Frage der kubanischen Intervention in Angola hinreichend geantwortet haben. Wir werden Lorimer eine weitere Frage stellen, die in diesem Zusammenhang wichtig ist. Handelte Castro als „proletarischer Revolutionär“, als er das Mengistu-Regime in Äthiopien unterstützte? Der Derg, die von Mengistu geführte Regierung Äthiopiens, hatte die Abschaffung des feudalen Regimes von Haile Selassie vollzogen und war daran gegangen, mit Großgrundbesitz und Kapitalismus zu brechen. Aber gleichzeitig gab es keine Spur von „Demokratie“, weder bürgerlich noch proletarisch, in Äthiopien. Vielmehr unterdrückte das Regime die legitimen nationalen demokratischen Rechte der Eritreer und anderer Nationalitäten innerhalb Äthiopiens.

Unter der Oberfläche waren die gleichen Faktoren am Werk wie bei der kubanischen Intervention in Angola. Das äthiopische Regime stützte sich wirtschaftlich und militärisch auf das stalinistische Russland. Es gab eine Übereinstimmung zwischen den Interessen Kubas, vor allem mit Castros Streben, seinen Ruf als Führer der „Dritten Welt“ und Revolutionär zu sichern und den strategischen und militärischen Interessen der russischen Bürokratie am Horn von Afrika. Noch einmal Tad : „Bei der Politik die Dritte Welt betreffend befanden sich Castro und die Russen auf der gleichen Wellenlänge.“Anwesenheit von sowjetisch unterstützten kubanischen Truppen am strategisch wichtigen Horn von Afrika führte fast dazu, dass die Carter-Regierung die SALT-Verhandlungen (Gespräche über die Begrenzung der strategischen Waffen) mit der Sowjetunion abbrachen.

Kubas Zukunft

Es ist politischer Bankrott, wenn Lorimer und die DSP erklären, dass wir und andere Sozialisten und Marxisten kein Recht hätten, auch nur die kleinste Kritik an der Führung in Kuba und den neo-kolonialen Ländern zu üben, weil wir das Glück haben, in den entwickelten kapitalistischen Ländern zu leben. Das ist eine Absage an den Internationalismus. Das CWI ist in 34 Ländern vertreten. Einige unserer Sektionen sind Parteien mit bemerkenswertem Einfluss unter den Arbeitern, andere sind relativ kleine Gruppen. Möchte Lorimer all diesen Organisationen untersagen, Kämpfe der Arbeiter zu kommentieren und zu kritisieren oder erstreckt sich dieses Verbot nur auf Marxisten in den industrialisierten Ländern?

Der Erfolg oder das Scheitern von Arbeiterkämpfen irgendwo in der Welt ist für die Kämpfe in allen anderen Ländern wichtig. Es ist nicht nur ein Recht, sondern geradezu eine Pflicht für wirkliche Marxisten, Strategien und Taktiken gegenseitig zu diskutieren und zu kritisieren.

So ging Trotzki an diese Frage in den 30ern heran. Vor Hitlers Machtergreifung erklärte er, dass Deutschland der Schlüssel zur internationalen Lage sei, danach war es Frankreich und schließlich war es der historische Kampf der spanischen Arbeiter, der im Bürgerkrieg seinen Höhepunkt fand. In einer sehr freundlichen, kameradschaftlichen boten Trotzki und die Internationale Linke Opposition Ideen an, wie die Revolution erfolgreich vorangetrieben werden könne. Sie fanden jedoch in den meisten Fällen keinen großen Widerhall. Die Niederlage der Bewegungen in Deutschland und Spanien traf die Arbeiterklasse der gesamten Welt.

Es ist das gute Recht der kubanischen Arbeiter, unsere Kämpfe in Großbritannien zu kritisieren, einschließlich der von uns verwendeten Strategien und Taktiken. Wir hoffen, wir würden von der Kritik der Arbeiter und ihrer Organisationen von irgendwoher etwas für die Schlachten lernen, die wir in Großbritannien schlagen. Lorimers Attacke gegen unsere Haltung zu Kuba zeigt, dass es in der Schule der DSP leider nichts zu lernen gibt. Tatsächlich wäre es katastrophal, würde man sich an ihrer Taktik und Politik orientieren.

Anders als die DSP haben wir eine Tradition, in Großbritannien Massenkämpfe der Arbeiterklasse anzuführen, z.B. im Kampf um Liverpool 1983-87 und in der mächtigen gegen die Poll tax. Hinzugefügt sei noch, dass wir im Kampf gegen die faschistische BNP und für die Schließung ihrer Parteizentrale in Süd-London eine zentrale Rolle gespielt haben. Das heißt nicht, dass wir bei allen Fragen Recht haben. Ob wir eine korrekte Position vertreten oder daneben liegen, muss in Diskussionen ermittelt werden. Dass die DSP diese Frage überhaupt aufwirft, beweist ihr Hinterherzockeln hinter Bewegungen. Sie versucht, von der großen Sympathie für die kubanische Revolution und ihren Errungenschaften zu profitieren. Sie machen das, indem sie den Charakter des kubanischen Regimes falsch darstelllen, indem sie die fehlgeleitete Politik von Castro und seiner Regierung entschuldigen und indem sie die bürokratische Degeneration des kubanischen Staates versuchen zu vertuschen.

Sie beschäftigen sich auch nicht mit dem Schaden, den die bürokratische Stümperhaftigkeit und die politischen Zick-Zacks angerichtet haben. Dadurch wurden die großen Vorteile der Planwirtschaft untergraben. Die kubanische Entsprechung des „Kriegskommunismus“ der Bolschewiki, wurde nicht nur einige Jahre, sondern ein ganzes Jahrzehnt praktiziert. Castros Utopismus führte zur Verstaatlichung der Hot-Dog-Stände und kleiner Geschäfte, zum Versuch, das Geld abzuschaffen. Wir haben die negativen Folgen für Kuba beschrieben und wollen es hier nicht wiederholen. Die DSP hat vor allem unserer Analyse widersprochen, dass Castros Politik in dieser , vor allem 1968, der chinesischen „Kulturrevolution“ ähnelt. Das Ausmaß von Blutvergießen und Erschütterungen in China war gewaltig. Immerhin betraf die „Kulturrevolution“ Viertel der Menschheit und hatte alleine daher kolossale Bedeutung. Ähnliche Methoden in einer Nation von 10 Millionen Menschen musssten nicht zu den gleichen Konsequenzen führen. Maos Regime war wegen einerReihe von Gründen, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen können, viel brutaler als das Castros. Aber unser Vergleich ist stimmig und wird auch von Tad Szulc bestätigt: „Castro proklamierte eine neue radikale Revolution in Kuba, die in gewisser Weise sein Gegenstück zur chinesischen Kulturrevolution war, die gerade dem Ende entgegen ging. In Kuba gab es keine Roten Garden, kein Blut wurde vergossen. Aber Fidel verstaatlichte den gesamten Kleinhandel, der sich noch in privater Hand befand – von Autowerkstätten zu kleinen Geschäften, Cafés, Sandwich- und Eiskrem-Straßenverkäufer – aus ideologischen Gründen. Castro muss gespürt haben, dass der revolutionäre Wille im Volk nachließ und das eine Spritze zur Auffrischung des Radikalismus nötig war, damit die Stimmung wieder steigt. Er nannte seine Politik die Große Revolutionäre Offensive, er verlangte revolutionäre Sauberkeit und löschte die Überbleibsel der ‚Bourgeoisie‘ aus, die er so verachtete. Er mobilisierte Arbeitskräfte in gigantischem Rahmen (freiwillige Arbeit von jedem) für die Landwirtschaft, vor allem für die Zucker-Rekordernte, die er für 1970 plante.“

Castro beschuldigte 955 private Bars „links und rechts Geld einzusacken und Ressourcen zu verbrauchen“ und stellte einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Hot-Dog- Stände und der Konterrevolution her. Sein Schlachtruf war: „Bauen wir den Sozialismus auf oder bauen wir Verkaufsmaschinen?“ Er erklärte 1967 gegenüber KS Karol, das es notwendig sei „das Geld zu entmystifizieren und nicht es zu rehabilitieren. Tatsächlich planen wir es abzuschaffen.“

Auch in diesem Fall erklärt die DSP diesen schieren Utopismus für nicht relevant. Sie möchte weiter an Castros Rockschößen hängen. 1968 hatte Castro die Planung und Ausführung der Wirtschaftspolitik persönlich übernommen. Er hatte sämtliche Vorschläge abgeblockt und „duldete keine Debatte“. Szulc beschreibt: „Fidel wurde zu einem totalen Dogmatiker, der jede Erfahrung anderer Menschen oder Gesellschaften missachtete und auch viele marxistische Ideen verwarf … René Dumont, ein französischer Agrarspezialist, war einer der aufmerksamsten ausländischen Beobachter der kubanischen Bühne in den 60ern. Er meinte später: ‚Es gab nichts zu kaufen, daher gab es keinen Anreiz zu arbeiten‘ … Castro schien in Kuba beweisen zu wollen, dass der Rückschritt in der marxistischen Ökonomie Fortschritt bedeute.“

Ohne die bewusste demokratische Kontrolle durch die Arbeiterklasse, die Diskussion unter den Massen, ohne ein wiederholtes Testen des Plans und dem Korrigieren desselben würde selbst das größte Genie in einer Planwirtschaft nur grob stümperhaft arbeiten. Und Castro ist nun wirklich kein Genie à la Lenin oder Trotzki, auch wenn die DSP das behauptet. Aber warum, so fragt Lorimer, war daskubanische Regime noch immer bei der Mehrheit der Bevölkerung populär? Er scheint zu vergessen, dass selbst die stalinistischen Regime in der UdSSR und Osteuropa ein gewisses Maß an „Popularität“ gehabt hatten. Die Massen tolerierten angesichts der imperialistischen Drohungen die Bürokratie, so lange die Planwirtschaft intakt blieb und die Gesellschaft sich vorwärts entwickelte.

Eine Zeit lang konnten die stalinistischen Regime eine relativ fortschrittliche Rolle bei der Entwicklung von Industrie und Gesellschaft spielen. Die Wachstumsraten der russischen Wirtschaft waren zum Beispiel in den 50ern und 60ern und zu Beginn der 70er wesentlich größer als die des Kapitalismus. Erst zur Mitte der 70er Jahre entwickelte sich der Stalinismus zur absoluten Bremse des Fortschritts. Das gigantische militärisch-bürokratische Regime verleibte sich immer größere Teile des Mehrprodukts ein, verstopfte die Poren der Gesellschaft und verhinderte jeden Fortschritt. Der Plan bröckelte auseinander, die Rückschritte begannen. Das schufdie Grundlage für die Unruhen und Aufstände der 80er und 90er Jahre in der UdSSR und Osteuropa, die zum Fall der Mauer führten.

Die Errungenschaften können durch Arbeiterdemokratie verteidigt werden

Kuba gelangte in den 80er Jahren an einen Wendepunkt. Bis dahin war Castros ein Vierteljahrhundert lang „auf einer Welle der Revolution geschwommen.“ kam es zu großen Säuberungen auf den höchsten Ebenen des Regimes. Er feuerte ohne Erklärung einige seiner ältesten und engsten Mitarbeiter und kündigte eine „strategische revolutionäre Offensive“ , um den „überschäumenden Eifer zu nutzen“. Politische Kontrollen und Repression gegen sämtliche abweichenden Meinungen wurden verschärft. Kuba wurde auf Krieg eingestellt, Volksmiliz-Einheiten wurden ausgebildet und im Alarmzustand gegen eine amerikanische Invasion gehalten, die laut Castro bevorstand. Doch noch immer stagnierte die Wirtschaft, es konnte nicht genug Zucker produziert werden, um die Handelsabkommen mit der Sowjetunion zu erfüllen. Es gab sogar Arbeitslosigkeit, die teilweise durch die Auslandseinsätze der kubanischen Soldaten und durch mehrere hunderttausend Flüchtlinge überdeckt wurde.

Diese Situation fiel zusammen mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Kuba in eine akute Wirtschaftskrise stürzte, enorm verschlimmert durch die verstärkten Anstrengungen des US-Imperialismus, Kuba durch sein brutales Embargo zu isolieren. Sehr zum Ärger des Weißen Hauses hatte Castro neun US-Präsidenten überlebt. Sie hatten alle die gewaltigen Reserven von Unterstützung für die Revolution unterschätzt. Die Unterstützung des Volkes hatte die Castro-Regierung anders als in Osteuropa und der früheren Sowjetunion in den 70ern und 80ern überdie Phase der extremen Isolation hinweg an der Macht gehalten.

Trotzdem musste das kubanische Regime und die Wirtschaft Rückschläge einstekken. Castro, der offensichtlich versucht, das war er für die Lehren der Lenin’schen Neuen Ökonomischen Politik ält, anzuwenden, öffnete die Wirtschaft für ausländisches Kapital. Es wurde sogar für ausländisches Kapital möglich, in Kuba Besitz zu übernehmen. Die Verbreitung des Dollar wurde legalisiert, auf lange Sicht ist das eine gefährliche Bedrohung der Planwirtschaft. Vor 1991 gingen 85 Prozent der kubanischen Exporte in die UdSSR und Osteuropa. Dieser Markt schrumpfte und die Exporte gingen um 70 Prozent zurück. Das führte 1991 zu einem Niedergang der Wirtschaft um ein Drittel.

Die Auswirkungen dieses Zusammenbruchs waren bis Ende der 90er und am Beginn des neuen Jahrhunderts noch nicht überwunden. Obwohl es eine gewisse Erholung der Wirtschaft gab, kam es zu Massenentlassungen von Arbeitern. Das Regime hatte zwar Vorkehrungen getroffen, um die Gesundheitsversorgung und das Bildungswesen aufrechtzuerhalten, aber das konnte nicht verhindern, dass einige Übel des Kapitalismus Einzug hielten. Die Mehrheit der Industrie ist noch immer , aber der Kapitalismus sickert über den Schwarzmarkt hinein. Die Financial Times : „Die überwiegende Mehrheit von Kubas 4,6 Millionen Erwerbstätigen ist noch immer beim Staat angestellt und bekommt ihr Grundgehalt in Peso.

Es gibt aber eine parallele Wirtschaft auf der Grundlage des US-Dollars. Viele Kubaner kommen mit dem monatlichen Durchschnittsgehalt nicht aus, welches laut Regierung 1999 auf 223 Pesos gestiegen ist. Es gibt auch Unzufriedenheit über den Zustand der Wohnungen und den öffentlichen Verkehr. Die Regierung behauptet, die Wirtschaft wachse um 6,2 Prozent, dies sei ein Anzeichen für die Erholung. Auf der einen Seite ist das tatsächlich ein Zeichen, dass „die kubanische Wirtschaft die schlimmste Phase der tiefen Rezession hinter sich gelassen hat, die dem Zusammenbruch des Sowjet-Blocks folgte.“

Während der US-Imperialismus seine Blockade aufrechterhält, gibt es zwischen anderen konkurrierenden imperialistischen Mächten ein Wettrennen für eine gute Position in Kuba. Sie bereiten sich auf die Abschaffung der Planwirtschaft vor. Heute ist Kanada Kubas führender Partner für Handel und Investitionen, gefolgtvon Spanien. Es wurde 1996 geschätzt, dass 650 ausländische Unternehmen in Kuba investiert haben. Andere starke lateinamerikanische kapitalistische Länder wie Mexiko und Brasilien haben mit Blick auf die Verstärkung ihres wirtschaftlichen und politischen Einflusses in der Region Tritt gefasst. Sie tun das, um Vorteile für sich selbst herauszuschlagen, aber auch, um die kubanische Bürokratie Richtung Wiederherstellung des Kapitalismus und dem Aufgeben der Planwirtschaft zu drükken. Sie haben das Modell der Ereignisse in Osteuropa und der früheren Sowjetunion im Kopf und hoffen, dass die kubanische Bürokratie oder zumindest Teile davon sich – zusammen mit einem Teil der kubanischen Exil-Bevölkerung in Florida – in eine kapitalistische Klasse umwandeln. Dies wird allerdings durch die Situation in den USA verkompliziert. Die ultrarechten Exil-Kubaner in Miami wollen das Castro-Regime aushungern und wenn möglich die Regierung mit Waffengewalt stürzen. Die Republikaner wollen auch keinen „Kompromiss“ mit Castro. Allerdings ist daran zu zweifeln, ob sie tatsächlich das Embargo aufrechterhalten wollen, denn dies bedeutet Nachteile für den US-Imperialismus. Die Wall Street will in ihrer Mehrheit ein Ende der Blockade. Die US-Konzerne sehen, wie ausländisches Kapital Vermögenswerte in Kuba kauft und erkennen klar, dass ein „Engagement“ in Kuba der beste Weg ist, das Ende der geplanten Wirtschaft und Castros politisches Ende zu beschleunigen. Die Entscheidung der Clinton-Administration gegen die kubanischen Exilanten im Fall Elian Gonzalez und dessen Rückkehr zu seinem Vater zeigen die Veränderungenin der Haltung der USA und der herrschenden Klasse dort gegenüber Kuba. Die ganze Sache war eine schwere Niederlage für die kubanischen Exilanten, welche bis dahin einen Einfluss auf Demokraten und Republikaner ausübten, der weit stärker war als ihr zahlenmäßiges Gewicht in der Bevölkerung der USA.

Es gibt auch einen Teil der Exilanten, die nach einem Kompromiss mit Castro streben, um so den Übergang zur Wiederherstellung des Kapitalismus einzuleiten. Aber ein Teil will weiterhin die Rache und zielt darauf, ihr ehemaliges Eigentum in Kuba wiederzuerlangen und mit Castro und seinen Unterstützern blutig abzurechnen. Alldiese Faktoren, vor allem der Hass gegen den US-Imperialismus in Kuba und in ganz Lateinamerika, hat es dem Regime und vor allem Castro selbst ermöglicht Unterstützung zu bekommen, trotz des Zusammenbruches der 90er Jahre. Trotzdem wird, je länger die Situation so bleibt, Kuba mehr und mehr unter Druck geraten, kapitalistische Maßnahmen durchzuführen.

Castro beschreibt dies natürlich als zeitweilige Maßnahmen und erklärt noch immer seine Unterstützung für den „Sozialismus“. Doch dieses Hin- und Herlavieren zwischen verschiedenen imperialistischen Mächten und Personen weist auf den Charakter des kubanischen Regimes. Er hat den „Sozialismus“ verteidigt aber gleichzeitig den verhassten thatcheristischen spanischen Finanzminister Solchaga als Wirtschaftsberater in Havanna willkommen geheißen. Castro hat zu seiner Schande seinen Wunsch erklärt, Thatcher persönlich zu treffen und hat sich schon mit dem Papst getroffen, ein klares Angebot an die katholische Kirche. Gleichzeitig hat er, wie Tony Saunois beschreibt, zum Aufstand der indigenen Bevölkerung im mexikanischen geschwiegen. Kuba steht in der nächsten Periode vor der Wahl. Der Prozess der kapitalistischen Restauration könnte sich beschleunigen. Dies wird auf jeden Fall passieren, wenn die Castro-Führung ihre derzeitige Politik beibehält. Dieses Szenario könnte nur mit Sicherheit verhindert werden, wenn ein Regime auf der Grundlage echter Arbeiterdemokratie aufgebaut werden würde, mit der Perspektive, die sozialistische Revolution in Lateinamerika und international auszubreiten. Ungeachtet der Belanglosigkeiten der DSP würde solch ein Regime die Schaffung von wirklichen Arbeiterräten, lokal und national erfordern, welche die Kontrolle und Verwaltung über die Wirtschaft ausüben würden. Alle Funktionäre müssten gewählt werden können und jederzeit abwählbar sein und nicht mehr verdienen als einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn. Kurz, Kuba braucht eine Arbeiterdemokratie. Das Einparteien-Regime gehört auf den Schrotthaufen. Wie Tony Saunois erklärt: „Dies [das Einparteien-Regime] wird oft damit erklärt, dass die Revolution vom Imperialismus bedroht sei und dass rechte reaktionäre Banden aus Miami ihre Kräfte organisieren. Diese Bedrohung ist real aber wird nicht dadurch kleiner, dass nur die Bürokratie sich als Partei organisieren darf. Alle Parteien, die gegen den Imperialismus sind und die Idee einer sozialistischen Planwirtschaft verteidigen, sollten sich organisieren dürfen, Propaganda machen und Kandidaten aufstellen dürfen.“

Vom Staat unabhängige Gewerkschaften, die für die Planwirtschaft und einen demokratischen Arbeiterstaat eintreten, sollten aufgebaut werden. Letztendlich kann die drohende Wiederherstellung des Kapitalismus und die Niederlage der kubanischen Revolution nur durch den internationalen Sieg der sozialistischen Revolution, zuerst in Lateinamerika, verhindert werden. Daher ist es notwendig, die Unterstützung der Arbeiterklasse Lateinamerikas zu gewinnen. So kann ein sozialistischer Staatenbund des Kontinents geschaffen werden. Wir glauben, dass dies der einzige Weg ist, die großen Errungenschaften der kubanischen Revolution auszubauen. Kuba braucht echten Marxismus, das Programm der Arbeiterdemokratie, um die besten Traditionen neu zu beleben, die vor mehr als vier Jahrzehnten zum Sieg der Revolution geführt haben.

Das kann nicht von Leuten wie der DSP getan werden, die eine einseitige Sicht auf die kubanische Revolution und die heutige Lage in Kuba haben. Die Analyse, das und die Perspektiven des Komitees für eine Arbeiterinternationale der beste Weg, um die Erfolge der Revolution zu bewahren und um dabei zu helfen, eine neue Runde des siegreichen Kampfes der Arbeiter und Bauern in Lateinamerika einzuläuten.