Griechenland im Aufruhr

Polizeimord verursacht massive Wut

Der Mord an einem 15-Jährigen durch die Polizei in Athen führte zu einem explosiven Ausbruch von Wut und Zorn. Dieser Todesfall war wie ein Funken an dem Pulverfass der Wut der Jugendlichen und ArbeiterInnen, die sich gegen die angeschlagene rechte Regierung unter Ministerpräsident Costas Karamanlis angestaut hatte. Einer Regierung, die durch Korruptionsskandale und die Wirtschaftskrise erschüttert ist.


 

Ein Bericht von Andros Payiatsos, Xekinima (Schwesterorganisation der SAV in Griechenland) über die Revolte von unten.

Am Abend des 6. Dezember rief eine Gruppe Schüler hinter einem Polizeiwagen her, dass an dem Café im Zentrum Athens vorbei fuhr, in dem sie saßen. Sie warfen dabei zwei Halb-Liter-Plastikflaschen mit Wasser auf das Fahrzeug. Die beiden Polizisten hielten etwas entfernt an, stiegen aus und näherten sich den Schülern. Einer von ihnen zog seine Dienstwaffe und schoss nach ihnen, wobei einer der Schüler tödlich getroffen wurde. Die Polizisten drehten sich dann einfach um und fuhren weg.

Die griechische Gesellschaft ist schockiert. Sofort sammelten sich tausende Griechen im Zentrum Athens zum Protest. Am nächsten Tag kam es zu Demonstrationen in allen großen Städten Griechenlands und zu weiteren Demonstrationen seither. Eine Welle von Wut und Zorn hat die Menschen erfasst.

Es gibt sehr große Spannungen in der Gesellschaft, geschürt durch Arbeitslosigkeit und Armut, durch 23 Jahre kontinuierliche Kürzungen im sozialen Netz, durch Skandale und Korruption und jetzt durch durch den kaltblütigen Mord durch einen Polizisten. Diese extremen Spannungen entladen sich jetzt.

Die Regierung versucht zu erklären, es sei ein tragischer Einzelfall gewesen – das übliche Argument – doch die Menschen wollen so etwas nicht mehr hören. Für die überwiegende Mehrheit der ArbeiterInnen und Jugendlichen haben die Polizisten das getan, wozu sie trainiert wurden. Die Polizei wird für rassistisch, rechtsextrem und unehrlich gehalten, die die sozialen Bewegungen hasst und Demonstrationen und Streiks bewusst unterdrückt. Es gibt so viele „Einzelfälle“, die dies zeigen, dass niemand daran zweifeln kann.

Die Regierung ist vollständig gelähmt. Mit einer Mehrheit von nur einer Stimme im Parlament (151 von 300 Abgeordneten) ist sie äußerst instabil. Die jetzigen Geschehnisse können der Auslöser für ihren Fall sein.

Massenbewegung

„Nieder mit dieser Regierung von Mördern“ ist der zentrale Slogan von Xekinima während dieser Ereignisse. Wir rufen zu Besetzungen von Schulen und Universitäten auf und zu Streiks, mit dem Ziel, diese Regierung zu stürzen.

Gleichzeitig rufen wir zur Bildung einer linken Regierung auf, die sich auf Syriza (eine neues linkes Bündnis aus 11 verschiedenen Organisationen und Parteien der Linken, eingeschlossen Xekinima, die Schwesterorganisation der SAV) und KKE (die kommunistisch Partei Griechenlands) stützt. Es soll die Macht anstreben, um mit einem sozialistischen Programm für die Interessen der ArbeiterInnen, Jugendlichen und armen Bauern zu kämpfen.

Die jetzige Regierung kann durch eine mächtige Bewegung der ArbeiterInnen und Jugendlichen überwunden werden, aber nicht durch die extreme Gewalt und massive Zerstörung, die jetzt in so vielen Städten zu sehen ist, ausgeführt durch anarchistische Gruppen, in deren Reihen auch viele Provokateure des Staates zu finden sind.

In den letzten Tagen hatten diese Gruppen freie Hand, um alles zu zerstören, was sie in die Finger bekamen. Aber wenn dies so weiter geht, wird das nur der Regierung und dem Staat helfen. Zu Anfang werden die Menschen einige wenige Ausbrüche dieser Art verstehen, aber die Stimmung wird umschwenken. Der Ruf nach „Ruhe und Ordnung“ wird an Boden gewinnen.

Letztendlich werden diese Gruppen, die kein Verständnis für Massenbewegungen und besonders für die Arbeiterbewegung haben, einer handlungsunfähigen Regierung und dem Staatsapparat dabei helfen, wieder die Kontrolle zurück zu erlangen.

Aber nur Massenbewegungen und ganz besonders eben solche der Arbeiterklasse kann die Regierung zu Fall bringen – nicht mit Einzeltaten, sondern nur mit Massenaktionen. Nur die Arbeiterklasse kann eine Alternative zu diese Regierung und das kapitalistische System schaffen.

Im Moment steht das gesamte Bildungssystem still. Viele Besetzungen finden statt, die Dozenten der Universitäten haben zu einem 3-tägigen Streik aufgerufen, die Schullehrer zu einem 2-tägigem.

Generalstreik

Morgen, am 10.12. soll ein Generalstreik stattfinden [geschrieben am 9.12.], ausgerufen von der GSEE, dem griechischem Gewerkschaftsverband. Eigentlich sollte er sich gegen die Haushaltspolitik der Regierung richten, aber nach den Ereignissen der letzten Tage, wird er in eine andere Richtung gehen.

Die wichtigste Frage wird sein, wie geht es nach dem Streik weiter? Die Jugend kann dabei eine gewichtige Rolle spielen – sie kann die Initiative ergreifen und die Arbeiterklasse unterstützen den entscheidenden Kampf aufzunehmen.

Ein wichtiger Faktor ist dabei, dass Syriza als Ganzes die Forderung aufgestellt hat „Nieder mit der Regierung!“. Dies kann der ganzen Bewegung und Gesellschaft die Richtung weisen.