Bundespräsidentenwahl: Peter Sodanns „Verbrechen“ – eine Verteidigung

Der Kandidat der Linken für das Amt des Bundespräsidenten, ist seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur von Medien und bürgerlichen Parteien heftig kritisiert worden.


 

von Torsten Sting, Rostock

Der Tatort-Polizist hatte in einem Interview erklärt, als echter Kommissar „würde ich Herrn Ackermann, den Chef der Deutschen Bank, verhaften“. Und weiter: „Dann würde man mich zwar raus schmeißen, aber ich hätte es wenigstens mal gemacht.“

Daraufhin war die Empörung bei all jenen groß, die sich in den vergangenen Wochen als vermeintliche Bankenkritiker ausgegeben hatten. Ackermann selbst nannte es „ungeheuerlich“, dass jemand so etwas sage, „der für das höchste Amt in einem Rechtsstaat kandidiert“. „Die Feinde der Freiheit und der Marktwirtschaft sehen jetzt ihre Stunde gekommen“, so der Chef-Banker.

Sodann hat mit dieser Äusserung aber die Stimmung von Millionen von Jugendlichen, Beschäftigten, Arbeitslosen und Rentnern getroffen. Es ist kriminell, wenn einige wenige Superreiche über Jahre hinweg Millarden abkassieren und durch ihre Profitgier die Welt an den wirtschaftlichen und sozialen Abgrund führen. Ackermann und Co haben mit nackter Erpressung und in Zusammenarbeit mit ihren politischen Freunden aller bürgerlichen Parteien den Staat arm gemacht und die Kohle in die eigene Tasche gescheffelt. Ihr Reichtum ist die Folge des Niedriglohns von Millionen! Ihr Profit wird gespeist von Hartz- IV-EmpfängerInnen die bei der Suppenküche anstehen! Ihre verzockten Milliarden sind unsere Steuergelder! Ihre Pleite ist die Arbeitslosigkeit von einfachen Arbeitnehmern! In diesem Sinne und nicht vom kapitalistischen, bürgerlichen Gesetzbuch her, welches die Advokaten der Reichen schreiben, sind Ackermann und Co kriminell und gehören eingesperrt!

Sodann als Sozialist angegriffen

Aber die Hauptsünde von Sodann wiegt noch unvergleichlich schwerer. Er ist schuldig im Sinne der politischen Anklage: Er ist bekennender Sozialist! Was erschwerend hinzu kommt, Sodann ist ein Ossi. Dieser Ossi ist aber keiner der Sorte, „in der DDR war alles gut und prima“. Nein, Peter Sodann, der durch den Tatort- Kommisar Ehrlicher auch vielen Westdeutschen bekannt wurde, war in der DDR kein Anpasser. Er wollte eine andere, bessere Gesellschaft mit aufbauen. Aus Überzeugung wurde er Mitglied der SED. Der Künstler eckte aber mit den stalinistischen Machthabern an, als Mitglied einer Satire-Gruppe nahm er die Missstände aufs Korn. „Der Spitzbart“ Ulbricht rächte sich und Sodann musste 9 Monate in den Knast. Dies hat seinen Überzeugungen aber keinen Abbruch getan. Auch nach dieser Erfahrung, kuschte er nicht vor dem Staatsapparat.

Es ist diese Vergangenheit und seine heutige Überzeugung, die ihn für die Kapitalisten zur Reizfigur macht. Ihn kann man nicht einfach als unverbesserlichen alten Stalinisten abstempeln. So sagte er bei Spiegel online am 20. Oktober 08: „ Ich will immer noch den Sozialismus aufbauen oder so was ähnliches.“ Und an anderer Stelle: „Der Sozialismus der DDR war eben nicht demokratisch und deshalb kein Sozialismus.“ Damit propagiert er über die Massenmedien eine Gesellschaftsalternative zu jenem Kapitalismus, der angesichts der globalen Finanzkrise zeigt, welche Apokalypsen auf uns warten, wenn wir diesem System nicht bewusst ein Ende bereiten. Zudem bietet seine Kritik an der DDR, Marxisten die Möglichkeit aufzuzeigen, warum es zu dieser Entwicklung kam und wie eine sozialistische Gesellschaft aussehen kann.

Kandidatur nutzen

Natürlich hat Sodann angesichts der politischen Kräfteverhältnisse keine Chance, Präsident zu werden. Die breitere Öffentlichkeit die ihm jetzt aber zuteil wird, sollte die Linke nutzen um offensiv die heutige Gesellschaft anzuprangern und eine Debatte darüber zu entfachen, wie erfolgreicher Widerstand und die Perspektive einer demokratisch, sozialistischen Gesellschaft miteinander verbunden werden können.