Schülerbewegung: „Ich bin bereit, ich bin in Form, ich bin bereit, ja ganz enorm!“*

Schülerinnen und Schüler sind bereit für eine neue Schülerbewegung. Diese kann Kanzlerin Angela Merkel und den Verantwortlichen ziemlich einheizen.


 

von Michael Koschitzki, Berlin

Aussortiert, zur Kasse gebeten, unter Druck gesetzt. Das ist die Situation in der Schule. Ein Jugendpsychater aus Stuttgart berichtet: „Jedes Jahr werden 200 Notfälle eingeliefert. Das sind zum Beispiel Minderjährige, die am Leben verzweifeln, die auf ihre Eltern einprügeln oder sich ins Koma saufen. […] Ich bin der festen Überzeugung, dass unser dreigliedriges Schulsystem die Entwicklung verschärft.“

Merkel wird aus ihrem Bildungsgipfel ein Medien-Event machen. An den Problemen ändern wird sich nichts grundlegendes. Wichtiger ist da die bundesweite Schülerkonferenz vom 10. bis 12. Oktober. Hier gilt es zu klären, welche Forderungen gemeinsam aufgestellt werden sollen. Hier gilt es zu klären, wie der Kampf für kleinere Klassen und gegen das dreigliedrige Schulsystem, für bessere Bildung und gegen Super-Stress durch die Schulzeitverkürzung (G8) erfolgreich geführt werden kann.

Bildet Banden!

Um uns selbst müssen wir uns selber kümmern. Die Forderungen können wir nur durchsetzen, wenn wir mehr werden und uns zusammentun. Darum sollten überall, wo noch keine stadtweiten Strukturen wie „Bildungsblockaden einreißen“ in Kassel zum Beispiel existieren, solche Bündnisse aufgebaut werden – um weitere Schulen zu erreichen und alle Fragen zu diskutieren, die sich im Zuge der Proteste stellen.

Außerdem ist es sinnvoll, Schüleraktionsgruppen ins Leben zu rufen, die den Streik am 12. November an ihrer Schule vorbereiten: über Flugblattverteilaktionen, Herstellung von Transparenten, Info- und Diskussionsveranstaltungen – unter Einbeziehung von LehrerInnen und Eltern.

Proteste steigern

Mit einem bundesweiten Streiktag können wir Merkel und Co. – ein Jahr vor der Bundestagswahl – ins Schwitzen bringen. Um jedoch eine grundlegende Bildungswende zu erreichen, wird nach dem Streik am 12. November eine weitere Steigerung notwendig sein.

Nötig ist es, neben den Lehrerkollegien in Betrieben, Gewerkschaften und breiten Teilen der Gesellschaft Unterstützung für die Proteste zu gewinnen. Das könnte Hand in Hand gehen mit der Vorbereitung eines Erzwingungstreiks für Januar. Das hieße, dass wir im Januar einen Streik ausrufen, mit dem Ziel, ihn bis zur Erfüllung unser zentralen Forderungen aufrecht zu erhalten. Täglich sollte man sich natürlich über die aktuelle Situation des Ausstands auf dem Laufenden halten und bei Bedarf neue Entscheidungen treffen. So ein Streik kann eine enorme Dynamik haben, besonders wenn sich jeden Tag mehr Schulen, die von dem Streik erfahren, anschließen.

So eine Bewegung hat – gestützt auf den enormen Unmut in der Bevölkerung über die Bildungsmisere – die Macht, auch Regierungspolitiker zu großen Zugeständnissen zu zwingen.

Um das auf den Weg zu bringen, müssen wir uns absprechen und zusammenarbeiten. Darum sollte die Schülerkonferenz im Oktober einen Sprecher- und Koordinationsrat wählen. Dieser könnte rasch Infos, Material und Vorschläge verbreiten. Zudem sollte es nach dem Streik eine Aktivistenkonferenz mit VertreterInnen aus allen Städten geben. Eine Konferenz, die über die nächsten Schritte entscheiden sollte. Auf Basis des Streiks könnten zudem die bundesweiten Strukturen deutlich gestärkt werden.

1968 ging von Studierenden das Signal aus, dass eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft nötig ist. Heute können SchülerInnen den Startschuss geben für eine Bewegung gegen Bildungs- und Sozialabbau, gegen Ausbeutung, für eine sozialistische Demokratie.

Bündnispartner gewinnen

Direkt nach dem Schulstreik sollte für eine bundesweite Demonstration – gemeinsam mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen – geworben werden. Eine Großdemonstration in Berlin vor dem Reichstag, die gegen den Bildungsnotstand protestiert, die Einstellung von 100.000 zusätzlichen LehrerInnen fordert, gegen Stellenstreichungen und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch eine drastische Arbeitszeitverkürzung eintritt, gegen die Rente mit 67 und für eine Ausbildungsquote von zehn Prozent in jedem Betrieb mobil macht.

Die Gewerkschaften im DGB haben 6,4 Millionen Mitglieder. Wenn sie richtig mobilisieren, können wir die Herrschenden gehörig unter Druck setzen. Von den Wirkungen eines Streiks durch die Gewerkschaften ganz zu schweigen.

Mach mit bei Linksjugend [‘solid]

Alle im Bundestag vertretenen Parteien setzen bei Bildung und Soziales den Rotstift an. Alle Parteien? Nein, die Partei DIE LINKE steht in Opposition zur Umverteilungspolitik von unten nach oben. Alle, die nicht wollen, dass die Verhältnisse so bleiben, wie sie sind, sollten sich auch auf der politischen Ebene einmischen. Den besten Ansatzpunkt bietet die Linkspartei und die Jugendorganisation solid.

Allerdings ist diese Partei alles andere als homogen. In Berlin und einigen ostdeutschen Kommunen beteiligt sie sich an Sozialabbau. Auf Bundesebene gibt es unterschiedliche Positionen zu Inhalten und Aktivitäten. Darum gilt es, in der Partei und bei der Linksjugend [‘solid] für eine kämpferische und konsequent sozialistische Ausrichtung einzutreten!