Wie politisch ist Olympia?

Olympische Spiele: Mexiko 1968 – China 2008


 

„Olympia ist keine Demonstrationsveranstaltung, aber ich will auch, dass die Athleten ohne gebrochenes Rückgrat zurückkommen.“ Dies sagte Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch nach einem Treffen mit SportlerInnen, die im August an den Olympischen Spielen in Peking teilnehmen werden.

Abgesehen davon, dass es eine offene Frage ist, wieviel Meinungsfreiheit Koch „seinen“ SportlerInnen zubilligt, steht fest: Die Behauptung, Olympia sei keine Demonstrationsveranstaltung, ist eine glatte Lüge.

von Nelli Tügel, Berlin

Die Olympischen Spiele waren seit jeher auch Ausdruck der politischen Verhältnisse.

München 1936 zum Beispiel war eine riesige Propagandaveranstaltung der deutschen Faschisten. 1980 zu Zeiten des „Kalten Krieges“ weigerten sich die USA und mit ihr fast alle kapitalistischen Länder, an den Spielen in Moskau teilzunehmen. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, dass die Herrschenden die Spiele immer wieder auch zu ihren Zwecken genutzt haben.

Macht und Markt

Die Spiele sollen dazu dienen, die Überlegenheit der Großmächte auch im Sport, sowie die Macht von Konzernen wie Nike, Adidas und Co. zu manifestieren und nicht zuletzt Millionen zu verdienen.

Auch Peking will mit den Spielen im August – nach innen und außen – das eigene Image polieren. Für das Spektakel wurden umgerechnet 40 Milliarden Dollar verpulvert und 1,5 Millionen Menschen umgesiedelt – wegen dem Bau von Hotels und Sportarenen.

Es gab aber in der Geschichte immer wieder Beispiele, wie ArbeiterInnen, Jugendliche und auch SportlerInnen die Olympischen Spiele als politische Bühne nutzten. Besonders beeindruckend waren dabei die Spiele von Mexiko 1968.

Im Vorfeld der Spiele wurde auf brutale Weise klar, dass linke und sozialistische Ideen, die im Zusammenhang mit der weltweiten 68er Revolte in aller Munde waren, bei Olympia nicht erwünscht waren. Zehn Tage vor der feierlichen Eröffnung der Olympiade ließ die mexikanische Regierung unter Gustavo Diaz Ordaz mit Hilfe des Militärs die mexikanische Studentenbewegung blutig niederschlagen. Das Massaker von Tlatelolco forderte über 300 Tote.

Der Black-Panther-Gruß

Um die gesamte Welt ging aber vor allem folgendes Bild: Bei der Siegerehrung der Männer im 200 Meter Sprint ballten sowohl der Sieger Tommie Smith als auch der Bronzemedalliengewinner John Carlos, während die Nationalhymne der USA eingespielt wurde, die schwarzbehandschuhte Faust – das Symbol der US-amerikanischen Black Panther.

Beide Sportler wurde unverzüglich vom Olympischen Komitee der USA von den Spielen ausgeschlossen.

Tommie Smith erzählte später, welche Folgen diese Tat für ihn hatte: „Ich wurde auch von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen – dabei war ich gerade 24 Jahre alt. Ich wurde auch aus dem Nachwuchsprogramm der Armee an meiner Uni geworfen und konnte lange keinen Job finden. Ich habe unzählige Morddrohungen erhalten. Aber das war es alles wert. Denn ich hatte mit der ganzen Welt kommuniziert, ohne ein Wort zu sagen. Weil ich Olympiasieger war und an Menschenrechte glaubte, sah ich es als meine moralische Verpflichtung, diesen Moment zu nutzen und mich an die Welt zu wenden. Obwohl ich die USA repräsentierte, protestierte ich gegen ihre Ungerechtigkeiten. Seit 40 Jahren hat sich meine Einstellung dazu nicht geändert und wird auch in Zukunft so bleiben“ (Tagesspiegel vom 8. April 2008).

Die Black Panther Party, 1966 gegründet, waren mit ihrem radikalen, antikapitalistischen Programm eine Bedrohung für die Herrschenden in den USA. Sie waren enormen Repressionen mit Gefängnisstrafen bis hin zur Ermordung Dutzender ihrer Anhänger ausgesetzt.

Die Tatsache, dass das Olympische Komitee der USA nicht zögerte, Smith und Carlos von den Spielen zu disqualifizieren, zeigt nur einmal mehr, dass die Olympischen Spiele keineswegs „neutral“ sind.

Die geballten Fäuste von Mexiko haben damals Millionen von Menschen begeistert und tun es heute noch.