Finanzkrise: Hilflose Ärzte

Kolumne von Lucy Redler


 

Ende Mai verkündete Josef Ackermann den Anfang vom Ende der Finanzkrise. Nach dem Crash auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt, der eine Kredit- und Bankenkrise ausgelöst hatte, sollten wir wieder aufatmen. Alles wieder in Butter!

Ein Forumsteilnehmer namens „thefarmer“ postete auf wallstreet-online.de: „Ich schaue mir oft Tierfilme an. Wenn Löwen oder Wölfe ein Tier aus einer Herde erlegt haben, dann kehrt wieder Ruhe ein. Könnte an der Börse, jetzt nachdem es ein Opfer – Bear-Stearns – gegeben hat, nicht wieder Ruhe einkehren?“

Bei anderer Gelegenheit haben Börsianer stattdessen die „Kakerlaken-Theorie“ aufgestellt: Wo es eine Kakerlake gibt, da gibt es noch mehr.

Mit anderen Worten, wenn ein Unternehmen (oder eine Volkswirtschaft) Probleme hat, dann haben vergleichbare Unternehmen vielleicht die gleichen Probleme – also zieht man sein Kapital am Besten schnell ab… Mit der Folge, dass das betreffende Unternehmen ganz sicher Probleme kriegt.

Die US-Notenbank hat massiv die Zinsen gesenkt. Notenbanken weltweit haben riesige Summen in die Märkte gepumpt. Vielleicht hat das die Märkte vorübergehend beruhigt? Sicher hat es zusammen mit der Finanzkrise die Spekulation mit Rohstoffen wie Erdöl und mit Nahrungsmitteln angeheizt. Mitte Juni stieg der Ölpreis auf knapp 140 US-Dollar pro Barrel. Die große Mehrheit der Weltbevölkerung leidet unter den steigenden Preisen. Da auch viele Unternehmer unter der Inflation leiden, stehen die Zeichen wieder auf Zinserhöhungen – was Investitionen zusätzlich erschwert.

Genau wie die Immobilienblase wird auch die Blase auf den Rohstoffmärkten früher oder später platzen und die Weltwirtschaft in die Krise stürzen.

Dem Patienten Kapitalismus werden abwechselnd Aufputsch- und Schlafmittel verabreicht. Das deutet weniger auf einen genesenden Patienten als auf hilflose Ärzte hin.