Interview mit Willi Mernyi von der Kampagne fairplayatwork des Österreichischen Gewerkschaftsbundes
Anlässlich der Fußball-Europameisterschaft dokumentieren wir ein Interview mit dem österreichischen Gewerkschafter Willi Mernyl von der gewerkschaftlichen Kampagne fairplayatwork. Das Interview wurde zuerst veröffentlicht von der Sozialistischen LinksPartei, der Schwesterorganisation der SAV in Österreich.
Kann man sich aus Gewerkschaftssicht auf die Euro freuen?
Prinzipiell natürlich, weil die Euro ein Großereignis ist. In vielen Betrieben, die als Zulieferbetriebe tätig sind, gibt es zwar ein MEHR an Arbeit, dass von den Kolleginnen und Kollegen bewältigt wird, aber auf der anderen Seite bedeutet diese Arbeit natürlich Beschäftigung. Was wir als GewerkschafterInnen naturgemäß nicht so positiv sehen, sind die zig-tausend „Jobs“, die hier rund um die Euro entstehen. Es sind eben keine Arbeitsplätze, sondern „Jobs“. Da werden mit ungelerntem Personal oder mit Studentinnen und Studenten Hilfsdienste erledigt, die unzureichend bezahlt werden und kaum vertraglich abgesichert sind. Wie immer hat auch diese „Medaille“ zwei Seiten. Auf der einen Seite das Positive, dass Menschen unterschiedlichster Nationen sich hier zu einem großen Sportereignis treffen und wie ich hoffe, friedlich gemeinsam feiern. Auf der anderen Seite, dass es natürlich hier Unternehmer gibt, die ihre große Chance wittern, um mit primitiven Ausbeutermethoden ihren Gewinn zu machen.
Welche Angriffe auf arbeitsrechtliche Standards gab es im Namen der Euro bereits? Was ist da noch zu befürchten?
Die lange Debatte rund um das Offenhalten der Geschäfte. Als Gewerkschafter führe ich diese Debatte rund um den Ladenschluss nun schon seit Jahren. Als aktiver Fußballfan weiß ich allerdings, dass das Argument der Handelsbetriebe, wenn am Sonntag gespielt wird, muss auch am Sonntag offen sein, vollkommen daneben ist. Menschen, die sich am Sonntag Nachmittag ein Spiel anschauen, sind meistens Stunden vorher in Stadionnähe. D.h. wer hier einkaufen will, muss ja das Eingekaufte vorher ins Hotel bringen. Trotzdem argumentieren die großen Handelsunternehmen weiter in diese Richtung. Es liegt auf der Hand, dass es hier nicht um Fußballfans geht, die einkaufen wollen, sondern hier ein genereller Versuch gestartet wird, die Sonntagsöffnung mit dem EM-2008-Beispiel durchzuboxen. Oft wurde das Argument vorgebracht: „Es ist doch widersinnig ein Einkaufszentrum neben dem Happel-Stadion zu errichten, dass dann während der Spiele geschlossen ist!“ Das Argument wird seid drei Wochen nicht mehr verwendet, weil die Leitung des Einkaufszentrums beim Station beschlossen hat, dass sie von sich aus kein Interesse haben, am Sonntag während der Spiele zu öffnen. Man sieht an diesem Beispiel sehr deutlich, dass es in dieser Diskussion nur darum geht, auch den letzten arbeitsfreien Tag zu eliminieren.
Wie versucht der ÖGB dagegen aufzutreten? Wie wurde das Angebot bislang aufgenommen?
Wir haben die Kampagne „Fairplay at work“ gestartet. Bei dieser Kampagne geht es um mehrere Punkte:
1. Wir machen die Fußball-EM! Wir präsentieren Menschen, welche Dienstleistungen erbringen oder Produkte erzeugen, die im Zusammenhang mit der Europameisterschaft stehen. Wir beachten hier speziell den Gender-Aspekt und den migrantischen Hintergrund.
2. Die Hotline 0800 577 744. Der ÖGB bietet eine Gratis-Hotline an. Sie ist eine zentrale Nummer für arbeitsrechtliche Fragen. Die Nummer kann aus ganz Österreich gratis angerufen werden. Die Hotline ist gut frequentiert, die meisten Anrufe werden aber erst nach der EM erwartet.
Willi Mernyi ist Leiter des Referats für Kampagnen, Projekte und Zielgruppen des ÖGB. Er ist gelernter Starkstrommonteur, Kulturmanager und NLP-Coach.