Schülerstreik in Berlin: 8.000 fordern "Bildungsblockaden einreißen!"

„Reiche Eltern für alle“ reklamierte eines der vielen mitgebrachten Schilder, mit denen Berlins SchülerInnen am 23. Mai auf die Misere im Bildungssystem hinwiesen. 8.000 Jugendliche folgten dem Aufruf der SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreißen!“. Lautstark setzen sie sich unter anderem für zusätzliche LehrerInnen, Widereinführung der vom SPD-LINKE-Senat abgeschafften Lernmittelfreiheit und kleinere Klassen ein.


 

von Stephan Kimmerle, Berlin

Abgerechnet mit der bisherigen Bildungspolitik wurde gleich zur Eröffnung der Kundgebung. Jenny Trost bilanzierte die bisherigen Bildungspolitik für die SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreißen!“: „Die Zustände an den Schulen und Hochschulen sind eine einzige Katastrophe!“, rief die Sozialistin und erntete tosenden Applaus der SchülerInnen. „Die gesellschaftliche Ungerechtigkeit wird zementiert durch das gegliederte Schulsystem“, so Jenny Trost weiter.

Neben kostenloser Bildung forderten die Streikenden „Nein zum Super-Stress“ durch die Rücknahme des zwölfjährigen Abiturs. Eine Kritik am wachsenden Leistungsdruck und Konkurrenzkampf kam in zahlreichen Reden und Äußerungen zum Ausdruck. Bildungsprivatisierungen wurde in den Forderungen des Bündnisses eine Absage erteilt.

Den Schulterschluss mit den LehrerInnen – auch im Interesse von kleineren Klassen und besseren Bildungsangeboten – suchten die Unterrichtsverweigerer durch ihre Forderung nach 3.000 zusätzlichen Lehererstellen und der Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung der letzten Jahre bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Geschätzt wurde der Bedarf dadurch auf insgesamt 10.000 neue Stellen.

Der SPD-LINKE-Senat hatte zuletzt die Arbeitszeit zum Beispiel bei GymnasiallehrerInnen auf 26 Unterrichtsstunden festgelegt. Vor wenigen Jahren waren es noch 22 Deputatsstunden.

Besonders beeindruckend: Von sehr vielen verschiedenen Schulen kamen Streikende zum Potsdamer Platz. „Der Streik schafft die Grundlage für den Aufbau weiterer  lebendige Streikkomitees an Schulen und in den Stadtteilen, die die Bildungs-Proteste in Zukunft noch größer machen werden“, so Sebastian Foerster, ein weiterer Aktivist des Bündnisses „Bildungsblockaden einreißen!“ und Mitglied der SAV. Denn sichtbar wurde auch: Wo der Bildungs-Ausstand intensiv mit „Politik-AGs“, Streikkomitees oder auch nur aktiven Gruppen von SchülerInnen vorbereitet worden war, beteiligten sich deutlich mehr. Die „Primo Levi Partisanen“, so ihre Schilder, aus der gleichnamigen Schule traten schon morgens eine Demo durch Pankow los. Aufgebrachte Rektoren der Schulen auf dem Weg dieser Streikenden versuchten noch, „ihre“ SchülerInnen einzuschließen. Doch die DemonstrantInnen konnten die demokratischen Rechte auf Protest und Streik auch für SchülerInnen dank Masse und Lärm erfolgreich durchsetzen. Zusätzliche Bildungsrebellen wurden geworben und aus ihren Schulen befreit.

Am Ende ihrer Rede beschrieb Jenny Trost die kommenden Aufgaben: „Lasst uns eine Bewegung gegen Bildungsklau und Sozialabbau los treten, lasst uns gemeinsam kämpfen und den Herrschenden Politikern und den hinter ihnen stehenden Konzerne mit ihren Profitinteressen die Hölle heiß machen.“

Am Sonntag geht es weiter: In einer Schülerkonferenz soll der Streik ausgewertet, die Zielsetzungen weiter entwickelt und die nächsten Schritte geplant werden. Denn dem SPD-LINKE-Senat wurde eine Frist bis zum Herbst gesetzt, die Forderungen zu erfüllen. Sollte dies nicht erfolgen, sind die nächsten Proteste angekündigt.

Schülerkonferenz der SchülerInnen-Initiative „Bildungsblockaden einreißen!“: So, 25. Mai 08, 13 bis 18 Uhr, Haus der Demokratie, Greifswalder Str. 4, Tram-Haltestelle „Am Friedrichshain“

[Sonderausgabe der Solidarität zum Streik]