Streik in Berlin: Erzieherinnen wehren sich

Streiks im Berliner Landesdienst auf Kitas und Schulhorte ausgeweitet. Gewerkschaften lehnen »Angebot« des Senats ab und fordern mehr Personal


 

von Daniel Behruzi, zuerst veröffentlicht in der jungen Welt, 21.5.08

Mit Arbeitsniederlegungen in landeseigenen Kindertagesstätten und Schulhorten haben die Gewerkschaften den Streik im öffentlichen Dienst Berlins am Dienstag ausgeweitet. Mehr als 4000 Beschäftigte beteiligten sich nach Angaben der Bildungsgewerkschaft GEW an einem »Trauermarsch« zum Breitscheidplatz. Das »Angebot« von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) lehnen die Beschäftigtenorganisationen einhellig ab.

»Das Angebot ist keine Grundlage für Verhandlungen – das wird in allen beteiligten Gewerkschaften so gesehen«, erklärte GEW-Sprecher Peter Sinram am Dienstag gegenüber junge Welt. Körting hatte zuletzt lediglich Einmalzahlungen von jeweils 225 Euro für 2008 und 2009 angeboten. Ver.di, GEW, GdP und IG BAU fordern für die rund 60000 Beschäftigten Einmalzahlungen von jeweils 300 Euro für die vergangenen drei Jahre sowie für 2008 dauerhaft wirksame Einkommenssteigerungen von 2,9 Prozent für Angestellte und rund 5,1 Prozent für Arbeiter. Entsprechende Erhöhungen wurden in 14 von 16 Bundesländern längst vereinbart. »Das sogenannte Angebot des Senats würde gerade mal zehn bis elf Euro netto mehr im Monat bedeuten – das ist eine Unverschämtheit«, kritisierte Sinram. Entsprechend kämpferisch sei die Stimmung unter den Beschäftigten.

Neben der schlechten Bezahlung – die letzte Lohnerhöhung datiert vom 1. Mai 2004 – macht den Erzieherinnen und Sozialpädagogen der Personalmangel zu schaffen. »Die Arbeitsbedingungen werden ständig mieser, und bei der Bezahlung haben die Kolleginnen in den vergangenen Jahren keinen Cent mehr gesehen – das geht so nicht weiter«, betonte Sinram. Zwar habe Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) für das kommende Schuljahr 200 neue Erzieher an den Schulen in Aussicht gestellt, dies solle jedoch über freie Träger umgesetzt werden. »Diese Erzieherinnen gehören in den Stellenplan des Landes«, forderte Sinram. Zum Teil sei die Entlohnung bei den freien Trägern noch schlechter als im öffentlichen Dienst. »So setzt der Senat die Privatisierung der Bildung fort«, stellte der Gewerkschafter fest.

Auch in den Kitas habe der Arbeitsdruck deutlich zugenommen. Trotz des Personalmangels würden den Einrichtungen immer neue Aufgaben übertragen. »Dinge wie die Feststellung des Sprachlernstands oder die Sprachförderung sind gut und richtig, wenn dafür aber keine Zeit ist, steht das nur auf dem Papier«, sagte Sinram. Gemeinsam mit einer Vielzahl von Organisationen und Einzelpersonen macht die GEW bereits seit Anfang Februar im »Berliner Kita-Bündnis« auf die schlechte personelle Ausstattung der Kindertagesstätten aufmerksam.

Wie viele Kitas in der Bundeshauptstadt am Dienstag geschlossen blieben, konnte Bernhard Kempf, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung, auf jW-Nachfrage nicht sagen. »Die Beteiligung an den Streiks ist sowohl in den Kitas als auch in den Schulen extrem unterschiedlich und wird von uns quantitativ nicht erfaßt«, erklärte er. Zur Arbeitsniederlegung aufgerufen waren die Beschäftigten der 280 landeseigenen Kindertagesstätten sowie der 400 Schulhorte. Bei den Warnstreiks der vergangenen Monate blieben laut GEW etwa ein Drittel der Einrichtungen geschlossen. Der Ausstand soll heute fortgesetzt werden.