LINKE in der Rostocker Bürgerschaft lehnt Antrag für 8% mehr Lohn für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ab.
von René Henze und Christine Lehnert, Rostock
Zeitgleich mit den Streiks im Öffentlichen Dienst, welche der Forderung nach acht Prozent mehr Lohn Nachdruck verleihen, hat die SAV in Rostock das Thema auf die politische Bühne der Rostocker Bürgerschaft gehoben. In ihrem Antrag forderte die SAV-Abgeordnete Christine Lehnert die „Umsetzung der Forderungen der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in der aktuellen Tarifrunde“ durch die Rostocker Bürgerschaft. In dem Antrag heißt es: "Die Stadt Rostock weist die von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) am 16.11.2007 beschlossene Position zur Tarifrunde im öffentlichen Dienst zurück und beteiligt sich nicht an dieser Provokation gegen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die Stadt Rostock erfüllt die Forderungen der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und erhöht die Löhne, Gehälter und die Besoldungen ab Januar 2008 für alle um 8% und mindestens 200 Euro. Azubis erhalten 120 Euro mehr. Die Stadt Rostock vertritt innerhalb des VKA diese Position und setzt sie einseitig um."
In ihrer mündlichen Begründung zu diesem Antrag führte die SAV-Abgeordnete vor der Bürgerschaft aus: "Angesichts der unverschämten Angebote der Arbeitgeber, die nur 5% auf 2 Jahre verteilt bei gleichzeitiger Arbeitszeitverlängerung wollen und damit die Beschäftigten wirklich für dumm verkaufen wollen, ist es um so nötiger, dass die Kommune Rostock ein Signal setzt".
Leider ist es in Rostock nicht möglich gewesen, die LINKE für diesen Antrag mit ins Boot zu holen. Ein Angebot, einen gemeinsamen Antrag zu stellen, ist schon im Vorfeld abgelehnt worden und auch im Laufe der Antragsberatung tat sich die LINKE als schärfste Kritikerin hervor.
„Ich warne davor, diesen Antrag hier zu unterstützen“, so der Vertreter der Fraktion Die Linke in der Rostocker Bürgerschaft, Bernd Fritze, auf der Sitzung der Rostocker Bürgerschaft am 5. März 08. In seiner Argumentation sprach er sich gegen den Antrag aus, weil dies satzungswidrig sei und damit die Kommune Rostock in die Tarifautonomie eingreifen würde. Ein höherer kommunaler Übergangstarifvertrag (bei einseitiger Erfüllung der Gewerkschaftsforderung durch die Stadt Rostock) könnte auch schnell in einen Absenkungsvertrag führen so Herr Fritze. (Bernd Fritze ist ehemaliger Landesvorsitzender der Gewerkschaft HBV und ist neben seiner Fraktionstätigkeit für die LINKE auch Vorsitzender des Rostocker Arbeitslosenverbandes.)
Mit dieser Gegenrede durch einen Vertreter Der Linken konnten sich die auf strikte Haushaltsdisziplin bedachten Vertreter von CDU, SPD, B90 und FDP sowie der Oberbürgermeister genüsslich zurücklehnen und der Aufforderung der LINKEN nach Ablehnung des Antrages folgen.
Leider hat die LINKE den Beschäftigten mit dieser bürokratischen Haltung einen Bärendienst erwiesen. Auch die Beschäftigten im Rathaus konnten dieses widersprüchliche Verhalten nicht nachvollziehen, hatte doch die LINKE einige Tage vorher noch beim Warnstreik ihre Solidarität bekundet. Auf die persönliche Nachfrage unserer Abgeordneten bei den Kollegen der LINKEN, weshalb sie sich gegen den Antrag gestellt hätten, antwortete Bernd Fritze: „Wenn du so ein dummes Zeug quatscht…“. Zum Vorwurf von Christine Lehnert, damit den eigenen Leuten in den Rücken gefallen zu sein, meinte er nur „Du gehörst nicht zu unseren Leuten“.
Dieses Verhalten und Auftreten der Rostocker Fraktion Der Linken ist leider die traurige Fortsetzung des Rechtsrucks den es in der Rostocker Fraktion seit 2007 gibt, als der linkere Flügel der Fraktion herausgedrängt wurde.
Wie um der Linken zu beweisen, dass die Kommune sehr wohl in die Tarifautonomie eingreifen kann, verwies der Oberbürgermeister im weiteren Verlauf der Sitzung noch einmal darauf, dass die bürgerliche Mehrheit von SPD, CDU, B90 und FDP einen Haustarifvertrag fordert und sonst Entlassungen anstehen. Während sich also die Arbeitgeber und deren Vertreter ungeniert die Freiheit herausnehmen, in bestehende Tarifverträge einzugreifen und Absenkungen nach unten zu fordern, besteht die LINKE darauf, dass die Beschäftigten und deren politische Vertreter keine Verbesserungen nach oben fordern, beschließen oder umsetzen dürfen. Mit dieser Herangehensweise legt sich die LINKE selber in Ketten.
Bundesweit reden Politiker der LINKEN von der Notwendigkeit, sich auf die Seite der Beschäftigten zu stellen. Lafontaine spricht von politischem Streik und Generalstreik. In der Praxis hier in Rostock aber kapituliert die Fraktion der LINKEN vor den Gesetzen der Kapitals statt diese maximal zu dehnen und notfalls zu brechen. Während im Rathaus gesetzeswidrig Personaldaten abgefragt werden, um die Beschäftigten einzuschüchtern (weil dies nur als Vorbreitung von betriebsbedingten Kündigungen zulässig ist), pocht die LINKE auf die Statuten des VKA (Vereinigung Kommunaler Arbeitergeber) statt politisch die Forderung nach 8% mehr Lohn zu unterstützen.
Bei den Beschäftigten im Rathaus hingegen kam der Antrag der SAV gut an. "Frau Lehnert, Danke für diesen Antrag" sagte eine Kollegin und andere meinten, sie hätten dafür gestimmt, wenn sie gedurft hätten. "Die Interessen genau dieser Beschäftigten zu vertreten, dafür bin ich gewählt worden und das werde ich auch weiter tun. Sowohl beim Streik oder Demos auf der Straße als auch im Parlament. Gesetze und Statuten sind menschengemacht. Heute dienen sie den Interessen der Reichen und Mächtigen. Das muss geändert werden. Ich würde mich freuen, wenn ich zukünftig auch auf die Unterstützung der LINKEN bauen könnte", so Christine Lehnert nach der Sitzung.