so Alain Krivin einer der Köpfe der LCR über das Projekt einer neuen Partei in Frankreich. Vom 24. bis 27. Januar fand in Paris der LCR- Konkreß statt, der die Gründung einer „neuen antikapitalistischen Partei" endgültig beschlossen hat.
von Tinette Schnatterer, Montargis bei Paris
Ihr ehemaliger Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen, Olivier Besancenot, erhält in Umfragen regelmäßig um die 14% und in einer Umfrage äußerten 45%, Besancenot solle eine wichtigere Rolle in der Politik spielen, womit er vor allen anderen Politikern landete. Von jetzt an sollen in allen Orten Intiativ-Komitees aufgebaut werden, im Juni sollen sich diese auf nationaler Ebene treffen und Ende des Jahres ein Gründungskonkress stattfinden. Der Titel der aktuellen Ausgabe der LCR-Zeitung titelt: „Eine neue antikapitalistische Partei- das ist dringend". Das ist es in der Tat, allerdings ist noch offen was wirklich aus diesem Projekt werden wird.
Bereits letzten Sommer hatte die LCR die Gründung einer neuen Partei zum ersten Mal angekündigt. Hintergrund, war ein außerordentlich gutes Abschneiden der LCR bei den Präsidentschaftswahlen: 4,08% hatten für ihren Kandidaten Besancenot gestimmt, das sind immerhin 1,5 Millionen WählerInnen. Gauche Revolutionnaire (Schwesterorganisation der SAV) hatte diese Entscheidung begrüßt und in einem Brief an die LCR mitgeteilt, dass sie sich ab sofort an der Organisierung von ersten Versammlungen werde. Gauche Revolutionnaire hat schon in den letzten Jahren immer wieder betont wie dringend notwendig eine neue Arbeiterpartei in Frankreich ist und betont, dass LCR und LO (die beiden großen trotzkistischen Organisationen) in der Lage gewesen wären Schritte in diese Richtung zu unternehmen. Und, günstige Gelegenheiten gab es einige: die große Streikbewegung 1995 oder die Präsidentschaftswahl 2002, bei der LO und LCR zusammen ca. 10 % der Stimmen bekommen hatten.
Auch die Streikbewegung im letzten Herbst wäre ein guter Moment gewesen eine neue Partei im Kampf aufzubauen und damit einen Schritt aufzuzeigen wie das Vakuum auf der Linken gefüllt werden kann und wie ein Programm und eine Kampfstrategie entwickelt werden kann. Leider hatte die LCR – Führung zu diesem Zeitpunkt erklärt, dass man sich nicht in einem „Hochgeschwindigkeitszug" befinde und auf ihren Kongress im Januar vertröstet. Bis dahin warb sie erst einmal für eine Mehrheit für dieses Projekt in den eigenen Reihen (vor dem Konkress gabes 5 verschiedene Plattformen in der LCR). Diese Hürde ist genommen: 83 % der LCR – Delegierten stimmten für eine Resolution zum Aufbau der neuen Partei. Gauche Revolutionaire und die Socialist Party (englische Sektion des CWI) waren mit je einem Gast bei dem Kongress anwesend und verteilten eine Grußadresse an alle Anwesenden.
Darin hat Gauche Revolutionnaire ein weiteres Mal erklärt welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit aus der neuen Partei tatsächlich eine kämpferische Partei für Beschäftigte und Jugendliche wird. Entscheidend ist dabei, dass die neue Formation eine Arbeiterpartei wird, die sich auf die Beschäftigten stützt die sich im Kampf gegen Sarkozy und die Unternehmer befinden. „ Sie muss es ermöglichen, der Arbeiterklasse eine politische Unabhängigkeit zurückzugeben und darf daher keine Allianzen mit den anderen bürgerlichen Parteien eingehen oder mit denen die bereit sind den Kapitalismus zu verwalten, sei es in den Institutionen, in den Kämpfen oder in den Wahlen" so die Grußadresse.
PS steht auf der anderen Seite
Die PS (Parti Socialiste) ist mittlerweile eine weitere Partei der Bürgerlichen und hat alles getan dies immer wieder unter Beweis zu stellen. Während den Streiks gegen die Anhebung des Rentenalters im Herbst beeilte sie sich zu versichern sie hätte das gleiche getan wenn sie an der Regierung wäre. Einige Mitglieder der PS traten gleich als Minister in Sarkozys Regierung ein. Die LCR hat immer wieder betont dass eine neue Partei unabhängig von der PS sein müsse. Darauf muss man sich allerdings auch verlassen können. Noch im Protest gegen das CPE (Ersteinstellungsgesetz) hat die LCR gemeinsame Erklärungen mit der PS unterzeichnet. Sie spricht weiterhin von der „Regierungslinken" auch wenn sie sich von dieser abgrenzt. Das ist nicht hilfreich, schließlich entsteht die Notwendigkeit einer neuen Partei genau daraus dass die PS mittlerweile ganz und gar auf der anderen Seite steht!
Für eine dynamische Gründungskampagne!
Die Gründungskampagne muss bereits die Basis für eine kämpferische Partei legen. „ Dafür müssen Gründungskomitees in allen Orten gegründet werden die sich regelmäßig treffen und gemeinsam nach außen treten. Der Rhythmus dieser Kampagne muss der Rhythmus der Kämpfe der Beschäftigten und Jugendlichen sein", schreibt Gauche Revolutionnaire weiter im Grußwort zum Kongress.
In Rouen hat Gauche Revolutionnaire ein gemeinsames Treffen mit der LCR zur Frage der neuen Partei durchgeführt an dem 60 Leute teilnahmen und ein gemeinsames Flugblatt herausgegeben.
Um eine antikapitalistische Partei zu sein muss diese die Forderungen aufstellen, die für die Beschäftigten wichtig sind und gleichzeitig die Frage nach einer Alternative zum Kapitalismus aufwerfen. Gauche Revolutionnaire hat dies im letzten Wahlkampf vorgemacht in dem sie in einem Teil von Rouen mit den Forderungen nach einem guten und kostenlosen Öffentlichen Dienst, Arbeit von der man leben kann und vernünftigen Wohnungen für Alle angetreten ist.
Revolutionäre Partei jetzt überflüssig?
Während eine neue Partei offen sein muss für Leute die nicht, oder noch nicht, Sozialisten sind und allen Beschäftigte die sich jetzt gemeinsam gegen die neoliberalen Angriffe wehren möchten ein Angebot machen muss sich zu organisieren, ist es die Aufgabe von Revolutionären innerhalb dieser Partei für sozialistische Ideen zu werben. Früher oder später wird der Erfolg einer solchen Partei auch davon abhängen, ob es gelingt eine Alternative zum Profitwahnsinn und seinen „Sachzwängen" zu formulieren. Leider hat es die LCR bislang bei seltenen und wagen Aussagen zum „Sozialismus des 21. Jahrhunderts" belassen.
Um einen möglichst großen und inhaltlich klaren Beitrag zu diesem Wiederaufbau der Arbeiterbewegung leisten zu können ist Gauche Revolutionnaire davon überzeugt dass es notwendig ist die eigene Organisation (und Mitgliedschaft im CWI!) beizubehalten.
Die LCR verkündete hingegen mehrfach, die eigene Organisation bei Gründung der neuen Partei aufzulösen. Olivier Besancenot erklärte in einem Chat der Zeitung Le Monde am 28.1.08: „Die LCR hatte eine sehr genaue Vorstellung von seinem revolutionären Projekt (Permanente Revolution etc.). Dieses Mal geht es darum in offener Weise alle diejenigen zu versammeln die handeln wollen und darüber nachdenken was der Sozialismus des 21. Jahrhunderts sein könnte". Dabei darf man nicht verwechseln dass es natürlich wichtig ist eine offene und demokratische Diskussion über solche Fragen innerhalb einer neuen Partei zu führen. Eine Partei die den Anspruch hat eine revolutionäre Partei zu sein, hat nicht die Aufgabe alle Erfahrungen und inhaltliche Klarheit über Bord zu werfen oder so zu tun als ob es diese nicht gäbe sondern muss diese in den Dienst einer breiteren Partei stellen. Auf das Programm der neuen Partei angesprochen meinte Besancenot gegenüber der Zeitschrift „Les Echos" : « Für die Mitglieder der LCR wird [der Unterschied] nicht wie Tag und Nacht sein » aber, beteuerte er « es wird auch nicht einfach eine erweiterte LCR".
Immer wieder sprach sich Besancenot für eine demokratische Partei aus, in der er nur einer der Sprecher sein werde. Diese Frage ist nicht nebensächlich: die Erfahrung der Arbeiterbewegung hat gezeigt, dass jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit genauso wichtig sind wie die Tatsache, dass alle die innerhalb der Partei oder für die Partei in Parlamenten eine Funktion ausüben nicht mehr bekommen dürfen als einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn. Entscheident ist außerdem, dass das Programm und die Arbeitsweise der neuen Partei demokratisch von den AktivistInnen diskutiert werden kann und nicht von der LCR vorgegeben wird.
Welches Gewicht die neue Partei spielen wird ist offen. Dies hängt zum einen davon ab was für ein Programm sie annimmt und ob sie mit diesem für die kämpfenden Beschäftigten und Jugendlichen einen Ausweg aus der kapitalistischen Misere aufzeigt. Es hängt weiter entscheidend davon ab welche Dynamik der Gründungsprozess bekommt (Komitees an Universitäten werden nicht ausreichen!)und davon wie sich der Klassenkampf in den nächsten Monaten entwickelt. Auch wenn dieser seit den Streiks im Herbst etwas abgebremst ist gehen die Proteste aber weiter so wie der Streik im Öffentlichen Dienst oder der Grosshandelsbeschäftigten im Januar und es gibt kein Gefühl einer grossen Niederlage unter den Kollegen.
Und die Angriffe gehen weiter: ob Angriff auf die 35h-Woche, Anhabung des Renteneinstiegsalters auf 41 Jahre, Schulreform, oder Reform der Arbeitsverträge; keine Bereich bleibt verschont. Geichzeitig ist Sarkozy bei einem neuen Rekordtief in den Umfragen angekommen.
Eine neue Partei ist dringend nötig und ihr Aufbau muss ernsthaft und mit aller Kraft betrieben werden, wenn tausende Arbeiter sich organisieren wäre das ein enormer Schritt nach vorne für die Entwicklung von Kämpfen und für den Aufbau einer politischen Opposition zu Sarkozy.