LINKE in Hessen plant Protest am 5. April gegen Studiengebühren und Tarifflucht

Beim Landesparteitag der hessischen LINKEN am 9. und 10. Februar wurde allgemein vor Verhandlungen über eine Koalition mit der SPD oder bezüglich Tolerierung einer rot-grünen Regierung gewarnt. Auf Antrag der Kasseler Delegierten und SAVlerin Flöter wurde beschlossen, den Einzug der LINKEN ins hessische Parlament am 28. Januar zu nutzen, um den Widerstand gegen Studiengebühren und Tarifflucht zu stärken: "Die LINKE schlägt GewerkschafterInnen und Studierenden eine gemeinsame Mobilisierung zur Protestkundgebung gegen Studiengebühren und Tarifflucht vor. Als Termin schlagen wir den 5. April vor", so der Antrag.


 

An diesem Tag wird der neugewählte Landtag erstmals zusammentreten. "Die Rücknahme der Studiengebühren und die Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst für die Landesbeschäftigten sind erste Anträge, die die LINKE in den Landtag einbringen wird. Hier können SPD und Grüne zeigen, wie ernst es ihnen damit ist, eine andere Politik in Hessen umzusetzen oder ob ihre Forderungen nur leere Wahlversprechen waren", so der Änderungsantrag.

Roland Koch setzt darauf, Ministerpräsident zu bleiben, so lange keine Mehrheit gegen ihn zustande kommt. Diese Situation will die LINKE ausnutzen: Ohne sich damit herausreden zu können, auf Koalitionspartner Rücksicht nehmen zu müssen, sollen SPD und Grüne Farbe bekennen.

Eine gemeinsame Demonstration mit GewerkschafterInnen gegen die hessische Tarifflucht (Beamte und Neueingestellte arbeiten 42 Stunden in der Woche) und mit Studierenden gegen die Hochschulgebühren soll zwei entsprechenden Anträgen im Landtag Nachdruck verleihen. Denn, so der die nunmehr geänderte Formulierung im Leitantrag: "Als LINKE ist uns bewusst, dass soziale Errungenschaften vor allem außerhalb der Parlamente erkämpft werden. Deshalb sind unsere Koalitionspartner die Aktivisten und Aktivistinnen aus den Betrieben, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Gemeinsam mit diesen werden wir für Veränderungen kämpfen. Während sich die anderen Parteien mit ihrem Taktieren um die Regierungsbildung selbst in politische Lähmung versetzen, wird die LINKE ihren Einzug in den Landtag zur Mobilisierung des außerparlamentarischen Protests nutzen um deutlich zu machen, dass eine andere Politik nötig und möglich ist."

Keine Tolerierung, oder?

Die Berichterstattung in den Medien zum Landesparteitag betonte die vielfach geäußerte Absage an Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen. Im Leitantrag des Landesvorstandes war eine solche klare Absage hingegen nicht zu finden. Die schwammigen Formulierungen lassen so manche Hintertür offen.

Doch der Ton, den fast alle Rednerinnen und Redner in der Debatte setzten, machte deutlich, dass zwar eine punktuelle Zustimmung zu einzelnen Sachfragen im Landtag möglich ist, aber Tolerierungsvereinbarungen, die die Linke zum handzahmen Feigenblatt machen, in Hessen derzeit nicht auf der Tagesordnung stehen. Auch die Wahl von Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin ist für viele Mitglieder denkbar, um Roland Koch in Hessen endlich abzuwählen. Die Wahl von Ypsilanti ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer politischen Unterstützung für die SPD, die weiterhin für die Agenda 2010, Hartz IV und den Ausbau des Niedriglohnsektors steht.

Ob sich diese Positionen innerhalb der hessischen LINKEN mit solcher Klarheit durchsetzten werden, wird sich aber erst in den kommenden Wochen zeigen. Ein Antrag, ebenfalls eingebracht von der Kasseler Delegierten, der eine klaren Absage an Regierungsbeteiligungen, die zu Sozialabbau führen, festschreiben wollte, wurde abgelehnt. Die SAVlerin hatte gefordert, den Leitantrag zu ändern und folgende  Passage aufzunehmen: „Die LINKE wird ihre Wahlversprechen einhalten. Die LINKE hat für einen Politikwechsel kandidiert und ist dafür gewählt worden. Dabei bleibt es. Durch den Einzug der LINKEN haben CDU und FDP ihre Mehrheit verloren. Sollten SPD und Grüne tatsächlich Verbesserungen im Landtag beantragen, werden wir diesen zustimmen. Eine Tolerierung von Sozialabbau und Privatisierungen wird es seitens der LINKEN nicht geben und deshalb auch keinen Tolerierungsvertrag mit einer rot-grünen Regierung. Aber an der LINKEN wird es nicht scheitern, Roland Koch abzuwählen. Deshalb würden die Abgeordneten der LINKEN die Wahl von Andrea Ypsilanti als Ministerpräsidentin unterstützen, wenn sie diese Stimmen benötigen würde. Eine Wahl für sie, um Koch abzuwählen, ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer politischen Unterstützung für die SPD, die weiterhin für die Agenda 2010, Hartz IV und den Ausbau des Niedriglohnsektors steht."

Nach Ablehnung dieses Antrags heißt es nun weiterhin schwammig: "DIE LINKE wird ihre Wahlversprechen einhalten. DIE LINKE hat für einen Politikwechsel kandidiert und ist dafür gewählt worden. Dabei bleibt es. DIE LINKE hat den Wählerinnen und Wählern gesagt, nur mit ihrem Einzug in den Landtag werden CDU und FDP die Mehrheit verlieren. Das ist eingetreten. SPD und Grüne versuchen, darüber hinweg zu täuschen: Sie wollen den Eindruck erwecken, dass der Einzug der LINKEN Hessen unregierbar gemacht hat bzw. zur einer großen oder einer Ampel-Koalition zwingen würde. Das ist nicht nur falsch, sondern widerspricht auch dem Wählerwillen. Für DIE LINKE bleiben die politischen Inhalte und nicht das Koalitions-Gerangel Feld ihrer Arbeit."

Beschlossen wurde von den Delegierten noch eine Solidaritätserklärung für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in der laufenden Tarifrunde bei Bund und Kommunen.