Immer wieder erklären uns selbsternannte Wirtschaftsexperten, dass Krisen entstehen, weil der Ölpreis mal wieder zu hoch ist oder Manager irgendwelche Fehler gemacht haben. Alle Krisen werden mit menschlichem Fehlverhalten oder plötzlichen politischen Ereignissen begründet. So soll die Krise im Jahr 2001 eine Folge des Anschlags auf das World Trade Center vom 11. September gewesen sein. Doch schon Monate vor den Anschlägen befand sich die Wirtschaft im Abschwung. Wie entstehen also Krisen im Kapitalismus?
Karl Marx schrieb 1865: „Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst.“ Im Kapitalismus wird im Gegensatz zu einer demokratischen Planwirtschaft nicht für die menschlichen Bedürfnisse, sondern für den Profit produziert.
Nach Marx entstehen Krisen, wenn die Kapitalisten zu wenig Profit machen. Genauer: Wenn die Kapitalisten mit mehr eingesetztem Kapital weniger statt mehr Profit machen. Ist das der Fall, fällt die Profitmasse.
Die Konkurrenz sorgt dafür, dass jeder Unternehmer ein Interesse daran hat, dass seine Produkte am meisten verkauft werden und am meisten Profit bringen. Deshalb wird immer mehr in neue Maschinen und Rohstoffe investiert, um den Konkurrenten voraus zu sein. Für eine kurze Zeit kann dieser Unternehmer Extraprofite zu Lasten der Konkurrenz erzielen. Das geht jedoch nur so lange gut, bis die Konkurrenten nachziehen und ihrerseits in neue Maschinen und Ausrüstung investieren und auf höherem Niveau produzieren können.
Überkapazitäten
In diesem Prozess passiert zweierlei: Erstens werden beträchliche Überkapazitäten geschaffen. Das sehen wir heute in der Flugzeug-, Auto- oder Telekommunikationsindustrie. In der Autobranche könnten mit den vorhandenen Produktionsmöglichkeiten jährlich 20 Millionen Wagen mehr produziert werden als die bisher rund 50 Millionen.
Zweitens erhöht sich bei allen Kapitalisten im Durchschnitt der Wert des eingesetzten konstanten Kapitals (Maschinen, Ausrüstungen und so weiter) im Vergleich zur eingesetzten menschlichen Arbeitskraft. Marx zeigte jedoch, dass nur menschliche Arbeit Werte schafft. Es ist ein Anzeichen des Niedergangs des Kapitalismus, dass die Unternehmen versuchen, durch niedrigere Löhne, größere Arbeitshetze oder längere Arbeitszeiten die Ausbeutung zu verschärfen. Wenn die Steigerung der Ausbeutung jedoch an Grenzen gerät, gibt es nicht genug profitable Anlagemöglichkeiten für das Kapital. Deshalb versuchten sie jahrelang, durch Privatisierung neue Anlagemöglichkeiten zu schaffen. Oder sie spekulieren immer mehr an den Finanzmärkten, statt zu investieren. Aber auch das kann die durchschnittliche Profitrate nur vorübergehend erhöhen. An einem bestimmten Punkt muss der Fall der Profitrate auch zu einem Fall der Profitmasse führen.
In der Folge werden Investitionspläne zusammengestrichen, Aufträge storniert, Beschäftigte entlassen, Werke geschlossen. So sank die Industrieproduktion in den kapitalistischen Ländern in der bisher größten Krise, der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933, im Durchschnitt um vierzig Prozent. Es setzt ein ruinöser Konkurrenzkampf ein, Preise verfallen, Kapital wird entwertet, Produktionsanlagen werden zerstört.
Krisen aus Überfluss
Im Kapitalismus entstehen Krisen nicht aus einem Mangel, sondern aus einem Überfluss an Gütern. Eine Krise setzt ein, wenn den Kapitalisten keine ausreichend profitablen Verwertungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung stehen.
Infolge der Weltwirtschaftskrise 1929 wurden beispielsweise in Brasilien zehn Millionen Sack Kaffee vernichtet. Hunderttausende Schafe in Argentinien wurden geschlachtet. Der Grund war nicht, dass niemand Kaffee oder Wolle brauchte. Im Gegenteil: Die Kapitalisten wollten den Verfall der Preise stoppen, um dann wieder ordentliche Profite zu scheffeln.
Krisen sind fester Bestandteil des Kapitalismus. Erst mit der Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln und der Einführung einer demokratisch geplanten Wirtschaftsordnung wird es möglich sein, Krisen zu verhindern.