Nur 15 von ca. 80 Mitgliedern des Kreisverbandes waren auf der KMV Links der Weser anwesend, davon mit C. Barth und M. Lassowski zwei LaVo-Mitglieder, die nicht zum Kreisverband gehören. Trotzdem war sie symptomatisch für den Zustand des Landesverbandes.
von Heino Berg, Bremen
Wenn sich 80% der Mitglieder nicht einmal an den sehr selten stattfindenden KMVs beteiligen, ist bereits das ein deutlicher Hinweis auf die schwere Krise, die den Landesverband schon wenige Monate nach der Gründung und nach dem Einzug in die Bürgerschaft erfasst hat. In der Öffentlichkeit fällt die LINKE nicht durch oppositionelle Initiativen für die Interessen der Bürger und gegen den rotgrünen Senat auf, sondern durch personelle Querelen, die nach der Auseinandersetzung um den Fraktionsvorsitz nun in der Trennung der Fraktion von ihren beiden Geschäftsführern Steglich und Spehr ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden haben.
Kündigung der beiden Fraktionsgeschäftsführer
Nach kurzen Berichten von Jost Beilken und Peter Erlanson wurden diese von der bürgerlichen Presse vor den Wahlen in Hessen und Hamburg genüsslich ausgeschlachteten Vorgänge in der Kreismitgliederversammlung diskutiert, obwohl sie eigentlich nicht auf der Tagesordnung standen. Auf scharfe Kritik stieß besonders der Umstand, dass die Mitglieder über diese Vorgänge und ihre Gründe durch Fraktion und Landesvorstand mit keiner einzigen Stellungnahme unterrichtet wurden. Diese skandalöse Informationspolitik, welche den Meinungsaustausch über die strittigen Fragen der Strategie gegenüber dem Senat, über die Haushaltspolitik, über den Lokführerstreik, über die Privatisierung von Krankenhäusern oder die Einschränkung von Bürgerrechten nahezu vollständig unterbunden hat und die nur durch massiven Druck der Opposition beim Lokführerstreik und jetzt bei den Krankenhäusern durchbrochen werden konnte, macht aus der Partei eine Gerüchteküche, die ihre Anziehungskraft für engagierte Linke und Gewerkschafter schon jetzt schwer beschädigt hat.
Anstatt die Meinungsverschiedenheiten über die Aufgaben der LINKEN beim Namen zu nennen und in der offenen Diskussion zu klären, wurden sie seit der Strategiedebatte über das Spehr-Papier unter den Teppich gekehrt und werden nun als unverdaute, angeblich unpolitische Personalquerelen wieder hervorgewürgt. Auch die Berichte von Erlanson und Beilken trugen wenig zur Klärung der politischen Hintergründe bei. Nur der vorsichtige Hinweis von Jost Beilken darauf, dass sich die hauptamtlichen Angestellten nicht an ausdrücklichen Vorgaben der gewählten Abgeordneten gehalten und in der Orientierung auf das unter den Sparvorgaben noch machbare kleinere Übel verselbständigt hätten, ließ ahnen, dass hier der bereits beim Kampf um die Fraktionsführung und den Umgang mit den Mitgliederdaten aufgebrochene fundamentale Gegensatz zwischen dem eher basisdemokratischen und regierungskritischen Politikverständnis der westlichen Landesverbände einerseits und dem bürokratischen (Regierungs)apparat der früheren PDS zum Ausdruck kommt, ohne offen als solcher thematisiert zu werden. Erst als im Punkt Verschiedenes doch noch der Antrag zum Berliner Polizeigesetz und damit die Frage der Glaubwürdigkeit linker Politik behandelt wurde, prallten diese Gegensätze offen aufeinander
Krankenhausinitiative
Vorher wurde noch das Hauptthema des Abends diskutiert, zu dem die SAV-Mitglieder im Kreisverband bereits vor Wochen inhaltliche Vorschläge eingebracht hatten, die aber weder im Kreis- noch im Landesverband an die Mitglieder weitergeleitet worden waren: Die Zukunft der Bremer Krankenhäuser. Unmittelbar vor der Senatsentscheidung über den Masterplan zum Abbau von mehr als 1000 Arbeitsplätzen und über den Ausstieg aus der öffentlichen Krankenhausfinanzierung durch das PPP-Modell hat der Landesverband auf Initiative von AKL und SAV und nach dem Beschluss der Kreismitgliederversammlung Mitte/Ost nun doch noch zu einer öffentlichen Veranstaltung über dieses Thema aufgerufen. Nach den Berichten von Peter Erlanson über den Stand der Verhandlungen und von mir über die gestrige, öffentliche Betriebsratssitzung mit Böhrnsen bestand in der KMV schnell Einigkeit darüber, dass die LINKE durch die Veranstaltung am 13.12. dazu beitragen kann, die bisherige Spaltung der Krankenhäuser und ihrer Betriebsräte zu überwinden. Das und die Solidarität der Bevölkerung wären aber ähnlich wie beim GDL-Streik nur erreichbar, wenn die LINKE nicht nur gegen private Finanzierungsmodelle, sondern vor allem gegen den geplanten Arbeitsplatz und Bettenabbau im öffentlichen Gesundheitswesen vorgehe. Ein Treffen zur Vorbereitung dieser Veranstaltung findet heute, 19 Uhr im Neustädter Abgeordnetenbüro von Peter Erlanson statt.
Glaubwürdigkeitsprobleme
Nach der Wahl der Länderratsvertreter des Kreisverbandes (die ohne Gegenkandidaten abgewickelt wurde) kam es unter Verschiedenes zu einem frontalen Zusammenprall zwischen Landesvorstand und Opposition in der Frage, ob der Bremer Landesverband die Zustimmung der Berliner LINKEN zum antidemokratischen Polizeigesetz öffentlich oder nur hinter den Kulissen zwischen den Landesvorständen kritisieren sollten. Dabei ging es nicht nur um Bürgerrechte, sondern angesichts der anderen Schweinereien der linken Regierungsvertreter grundsätzlich um die Glaubwürdigkeit von linker Politik. Während die LaVo-Mitglieder Barth und Brinkmann Mutmaßungen über eventuelle Fortschritte in diesem Gesetz anstellten, war sich die Mehrheit der Versammlung über die Kritik daran einig. Allerdings wollte der KV- und AKL-Sprecher Wilfried Schartenberg nun die Forderung nach einer öffentlichen Distanzierung der LINKEN gestrichen sehen, weil dies angeblich dem Ruf der LINKEn schaden würde. Die SAV-Mitglieder wandten ein, dass nicht die öffentliche Kritik, sondern die Zustimmung zu dem Gesetz um des Machterhaltes willen dem Kampf der LINKEN für demokratische und soziale Forderungen nicht nur in Berlin, sondern auch in Bremen oder bei den bevorstehenden Wahlkämpfen schweren Schaden zufügen würde. Der Bremer Landesverband könne dafür in Mithaftung genommen werden, wenn er nicht einmal die eigenen Parteimitglieder, geschweige denn unsere Wähler und die Öffentlichkeit über seine (kritische) Haltung informieren würde. Der Antrag auf Streichung der öffentlichen Kritik wurde zum Schluss der Versammlung mit 6 Stimmen (darunter Peter Erlanson) gegen 4 abgelehnt. Die Landessprecherin Conny Barth kündigt an, dass der Landesvorstand über eine Veröffentlichung dieses Antrags befinden müsse, was noch einmal unterstrich, mit welchen Mitteln die Parteiführung eine offene Debatte über die Grundfragen linker Politik zu verhindern versucht und erklärt, warum der Landesverband schon kurz nach seiner Gründung in eine derartige Krise geraten ist.
Dokumentiert: KMV-Beschluss zum Berliner Polizeigesetz
Der unten stehende Initiativantrag zur Glaubwürdigkeit linker Forderungen gegen die Einschränkung von Bürgerrechten wurde auf der Kreismitgliederversammlung Links der Weser am 27.11. angenommen. Der von den Landesvorstandsmitgliedern Conny Barth und Toni Brinkmann sowie von den Kreisvorstandsmitgliedern Lucie Horn und Wilfried Schartenberg unterstützte Änderungsantrag, den vorletzten Absatz durch den letzten zu *ersetzen*, wurde nach einer sehr engagierten Debatte mit knapper Mehrheit abgelehnt. Der Landesvorstand ist aufgefordert, diesen Antrag umgehend an alle Mitglieder zu verschicken und auf der Website zu veröffentlichen.
"1. Die Kreismitgliederversammlung verurteilt die Zustimmung der LINKEN im Berliner Abgeordnetenhaus zum Polizeigesetz (ASOG) und zur verstärkten Videoüberwachung, die auch in Bremen geplant und auf den Protest der Linksjugend "solid" gestoßen ist.
2. Die KMV unterstützt die Erklärung des Landesvorstands der LINKEN in NRW
"Mit der Verteidigung von Bürger/innen- und Freiheitsrechten steht und fällt die Glaubwürdigkeit der Partei als Bürgerrechtspartei insgesamt. Deshalb dürfen wir keine weitere Einschränkung der Bürger/innenrechte durch Schritte zur Ausdehnung der Überwachung und Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger und einer weiteren Einschränkung der gesetzlich geschützten Privatsphäre mittragen."
3. Die KMV erwartet vom Landesvorstand der Bremer LINKEN, in Zukunft die Glaubwürdigkeit der Verteidigung von Bürgerrechten auch durch eine öffentliche Kritik an der Haltung der Berliner LINKEN deutlich zu machen und missbilligt seine Entscheidung, die kritische Stellungnahme des NRW-Landesvorstands weder auf der Website zu veröffentlichen, noch die Mitglieder des Landesverbandes darüber zu unterrichten.
4. Der Landesvorstand wird aufgefordert, zum Thema "Verteidigung der Bürgerrechte" eine öffentliche Diskussionsveranstaltung vorzubereiten.
Antragsteller:
Heino Berg, Nihat Boyraz und 3 weitere Anwesende