Christine Lehnert, Mitglied der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock, zum Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ und den aktuellen Diskussionen über die WIRO
Angesichts erneuter Medienberichte über Vetternwirtschaft und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei der WIRO muss endlich eine unabhängige und öffentliche Untersuchung durchgeführt werden. Das fordert Christine Lehnert, Mitglied der Bürgerschaft für die SAV und sieht ihre Kritik durch die aktuellen Entwicklungen bestätigt.
Frau Lehnert (SAV) hierzu:
„Eine unabhängige Untersuchung forderte ich in den vergangenen Monaten immer wieder, so etwa bei Bekanntwerden der Luxus-Rom Reise von WIRO-Aufsichtsratsmitgliedern im Herbst 2006. Auch die Wiederwahl von umstrittenen Bürgerschaftsmitgliedern in den Aufsichtsrat habe ich vehement bekämpft, doch bislang wurden alle Forderungen nach Aufklärung abgeschmettert. Das Resultat sehen wir nun. Über die Medien erfahren die WIRO-Mieter, dass ihr Wohnungsunternehmen scheinbar nur durch Betrug noch scharze Zahlen schreibt und neue Ängste steigen auf. Auch die Vorteilsname von Bürgerschaftsmitgliedern ist erneut Thema und eine Ohrfeige für diejenigen, die mit der halbherzigen Neuwahl des WIRO-Aufsichtsrates alles unter den Teppich kehren wollten.
Ungeachtet dessen, was die juristischen Untersuchungen zur WIRO nun feststellen werden, steht für mich fest, dass die Verstrickungen der etablierten Parteien und der WIRO politisch und moralisch ohne jeden Zweifel Korruption sind.
Die Verantwortlichen müssen umgehend von ihren Ämtern zurücktreten und die Strukturen der WIRO sowie aller städtischen Unternehmen demokratisiert werden. Schließlich geht es nicht nur um einzelne Personen, sondern um ein System von Klüngel und Filz, welches aufzudecken und zu bekämpfen ist.
Eine wirklich unabhängige Untersuchung des WIRO-Skandals "von unten", durch normale Bürgerinnen und Bürger, ist nötig. Die Berichte in der Presse enthalten durchaus interessante Fakten, aber selten zusammenhängende Darstellungen. Viele Einwohner der Stadt wissen zwar allgemein, dass mal wieder geklüngelt wurde, haben aber nicht im Detail verfolgt, wer die Verlierer und Gewinner dieses Geschäftes sind. Folgt nun von interessierter Seite die Forderung nach Privatisierung der WIRO und Zerschlagung des „Konzerns WIRO“, wird dies vielen auf den ersten Blick als gute Lösung erscheinen. Aber hier ist Vorsicht geboten. Ein Verkauf von Wohnungen oder Tochterunternehmen löst nicht das Grundproblem von fehlender demokratischer Kontrolle und Selbstbestimmung durch die Mieter und Nutzer. Eine Wohnungsprivatisierung zieht vielmehr Mieterhöhungen nach sich, da private Investoren ihr Handeln so gestalten, dass es den größtmöglichen Profit erzielt. Somit werden gute Wohnungen in bevorzugter Lage verkauft und es wird nur noch in sozialen Brennpunkten städtisches Eigentum übrig bleiben. Kann heute mithilfe der städtischen WIRO noch soziales Engagement ermöglicht werden, wird dies bei einem WIRO-Verkauf direkt aus der Stadtkasse finanziert werden müssen oder – was aufgrund der leeren Kassen wahrscheinlicher ist – komplett gestrichen.
Ich werde mich dafür einsetzen, dass diese Zusammenhänge dargestellt werden, so dass die WIRO-Krise nicht zu einer Krise für Mieter und Mieterinnen wird.
Christine Lehnert, Mitglied der Bürgerschaft für die SAV