Solidarität mit den Lokführern jetzt bedingungslos und praktisch-konkret machen

Zur Positionierung des Parteivorstands der Partei DIE LINKE.


 

Die Partei DIE LINKE hat sich mit den streikenden Lokführern solidarisch erklärt. Das ist zu begrüßen. In Anbetracht der berechtigten Forderungen der Lokführer und der gesellschaftlichen Polarisierung um diesen beispielhaften Kampf ist die öffentliche Solidarisierung der Partei längst überfällig. Die Auseinandersetzung läuft jetzt seit fünf Monaten und das bisherige Nicht-Agieren der Parteispitze steht im Gegensatz zu den öffentlichen Auftritten von Oskar Lafontaine bei Arbeitskämpfen wie AEG Nürnberg und anderswo.

von Heino Berg, Claus Ludwig, Lucy Redler, Angelika Teweleit, 19.11.2007

Die Entscheidung im Parteivorstand fiel, nachdem die Diskussion in der Partei sich zunehmend zuspitzte. Immer mehr Kreisverbände der LINKEN, in denen u.a. Mitglieder von uns gemeinsam mit anderen aktiv sind, hatten sich mit dem Streik solidarisch erklärt. Eine Reihe von Aktionen oder Veranstaltungen der LINKE in Aachen, Bremen, Frankfurt, Stuttgart und anderen Städten haben Druck auf den Vorstand aufgebaut, Position zu beziehen. Auch die Veröffentlichung der dem Streik kritisch gegenüberstehenden Diskussionsbeiträge von Bodo Ramelow und Ulrike Zerhau (beide Mitglied im Parteivorstand) einerseits und die den Streik befürwortenden Beiträge von Thies Gleiss (Parteivorstand) und Heino Berg (LINKE Bremen und SAV) andererseits auf www.bahnstreik-soli.de hat Wirkung gezeigt..

Der Streik ist aktuell die zentrale Auseinandersetzung für die gesamte Arbeiterbewegung in Deutschland. Ein Erfolg der LokführerInnen wäre eine enorme Ermutigung für alle abhängig Beschäftigten. Er könnte ein wichtiger Bezugspunkt sein – weg von jahrelangem Verzicht und Niederlagen hin zu offensiven Arbeitskämpfen.

Daher benötigen die LokführerInnen von der LINKEN jetzt zweierlei:

Erstens: Praktische und ganz konkrete Unterstützung. Verbale Solidarität muss jetzt in die Tat umgesetzt werden. Wenn die LINKE es ernst meint, müssen Oskar Lafontaine, Gregor Gysi und andere ab morgen von Streikbüro zu Streikbüro und von Kundgebung zu Kundgebung eilen und ihre Solidarität ausdrücken. Wir begrüßen es, dass Christine Buchholz vom Parteivorstand heute auf der Berliner Kundgebung präsent war. Das ist ein Anfang, reicht aber nicht aus. Die LINKE könnte jetzt eine Kampagne mit Massenflugi, Unterschriftenliste und Plakaten starten zur Unterstützung der Lokführer. Die Vorschläge des LINKE.SDS gehen dabei in die richtige Richtung. Nur wenn die Lokführer gesellschaftlich isoliert werden, können sie ihren Kampf noch verlieren. Die Partei DIE LINKE ist die einzige der im Bundestag vertretenen Parteien, die eine wirksame Solikampagne glaubwürdig organisieren und so auch den Druck auf den DGB-Gewerkschaften erhöhen könnte, seine ablehnende Haltung gegenüber dem Streik aufzugeben. Zentraler Bestandteil einer solchen Kampagne müsste die klare Ablehnung gegen die Bahnprivatisierung sein. Wie in Aachen, Bremen, Stuttgart und anderen Orten bereits geschehen, sollte die Partei umgehend lokal aber auch überregional und bundesweit Solidaritätskundgebungen und Veranstaltungen mit organisieren.

Zweitens: Die uneingeschränkte und bedingungslose Unterstützung durch DIE LINKE. Das ist bei der aktuellen Erklärung des Parteivorstands leider immer noch nicht der Fall. Die LINKE unterstützt zwar die Forderung der Lokführer nach höheren Löhnen, trifft aber keine positive Aussage zu der Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag.

Statt sich klar zu positionieren, macht die LINKE in ihrem Beschluss einen merkwürdigen Umweg und fordert eine 30-prozentige Lohnerhöhung für die Beamten durch die Bundesregierung. Der zweite Schritt sähe dann so aus: „Die Bundesregierung als Anteilseigner hat dann ihren Einfluss auf den Bahnvorstand geltend zu machen, dass die nicht beamteten Lokführer sofort gleichgestellt werden.“ Auch wir sind für gleichen Lohn für gleiche Arbeit und mehr Geld für alle, aber die Forderung der LINKEN geht völlig an der Realität des Streiks vorbei. Ein Aufruf der Fraktion der LINKEN an die Bundesregierung für eine solche Gehaltserhöhung der Beamten wird wenig Erfolg haben. Damit wird so getan, als könne man mit rein parlamentarischen Mitteln Veränderungen bewirken. Wäre es so einfach, stünde die GDL nicht vor einem unbefristeten Streik. Mit diesem Schlenker drückt sich der Parteivorstand um die Frage der Unterstützung der GDL in ihrem Streik für den eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal herum.

Gregor Gysi ging jedoch am vergangenen Sonntag noch einen Schritt weiter und sprach sich offen gegen den eigenständigen Tarifvertrag aus: „Was ich nicht richtig finde, ist, dass sie einen eigenen Tarifvertrag haben wollen. Ich finde: ein Unternehmen, ein Tarifvertrag.“ Die Lohnforderungen seien jedoch berechtigt.

Oskar Lafontaine hat in einer Pressemitteilung vom 18.11. zumindest richtig bemerkt:, dass „die Tarifautonomie wie die Tarifeinheit seit Jahren von den Unternehmern gefährdet“ wurde und wird. Wir meinen: Der GDL blieb bei den Angriffen des Bahnvorstands und der Verzichtspolitik der Transnet- und GDBA- Führung nichts anderes übrig, als sich von der Tarifführerschaft dieser beiden Gewerkschaften abzukoppeln. Fragt man die Streikenden, so können sie auch berichten, dass es bei der Bahn bereits über fünfzig verschiedene Tarifverträge gibt. Das Hindernis für die Einheit im Kampf ist nicht die GDL, sondern Transnet-Chef Hansen, der Co-Management auf Kosten der Beschäftigten betreibt und gemeinsame Sache mit Mehdorn macht, um die Privatisierung der Bahn voranzutreiben. So sehen die Lokführer die Chance, mit einem eigenständigen Tarifvertrag diese permanenten Verschlechterungen durch die Verzichtslogik zu bekämpfen.

Zu einer wirklichen Solidarisierung gehört deshalb auch die Unterstützung der Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag. Die Aufgabe, wieder zu einer Einheit der Beschäftigten zu kommen, stellt sich. Der beste Weg dafür ist, den Kampf der Lokführer zu unterstützen und Solidarität unter den anderen Bahnbeschäftigten zu mobilisieren mit dem Ziel, den Kampf auszudehnen. Der Abschluss von Transnet und GDBA mit der Bahn beinhaltet eine Klausel, derzufolge bei einem Erfolg der GDL für alle anderen Bahnbeschäftigten nachverhandelt werden und für alle ein besseres Ergebnis herausgeholt werden kann.

Deshalb: Den Beschluss jetzt in die Praxis umsetzen und gemeinsam mit den KollegInnen für die volle Durchsetzung ihrer Forderungen kämpfen.

Heino Berg (LINKE.Bremen, SAV)

Claus Ludwig (Mitglied der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Köln, SAV)

Lucy Redler (BASG und SAV, Berlin)

Angelika Teweleit (BASG und SAV, Berlin)