Berlin: Erfolgreiche Solidaritätsveranstaltung für Lokführer

Am Dienstag, 6.11., kamen rund 100 Personen zusammen, um über gemeinsame Aktionen zur Unterstützung der streikenden GDLer zu beraten. Für Freitag und Montag wurden Protestaktionen verabredet.


 

von Johannes Ullrich, Berlin

Die von Berliner GDLern und der SAV initiierte Veranstaltung, zu der auch die BASG sowie viele gewerkschaftliche AktivistInnen aus anderen Branchen aufgerufen hatten, begann mit Enrico Forchheim, Vorsitzender der GDL-Ortsgruppe S-Bahn Berlin. Das erste, was er betonte, war die große Freude über die zahlreichen Soliddaritäts-Emails und -anrufe, die die Lokführer im Laufe der letzten Wochen bekommen haben. Dies und die regelmäßigen Besuche anderer AktivistInnen in den Streiklokalen hätten eine enorm positive Wirkung auf die streikenden KollegInnen gehabt. Sie hätten zwar mit einer Hetzkampagne gegen sie gerechnet, wie sie ja derzeit auch abläuft, aber nicht mit so viel Soilidarität.

Danach ging er auf die Entwicklung des Kampfes um einen eigenständigen Tarifvertrag ein und betonte, dass inzwischen die GDL-KollegInnen „so die Schnauze voll haben, dass sie sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen lassen“. Forchheim sagte außerdem, dass in Bezug auf die geplante Privatisierung ein gewisses Umdenken bei den S-Bahn-KollegInnen stattgefunden hätte, unter anderem mit Blick auf die Entwicklung im DB-Konzern, bei dem sich die Beschäftigtenzahl seit dem Privatisierungskurs halbiert habe. Man sehe schon, dass es ein Politikum sei, und werde alles tun, damit die Angst der Bosse sich als berechtigt herausstellen werde.

Als nächstes griff Lucy Redler, SAV- und BASG-Mitglied, die von Forchheim gewählte Selbstbezichtigung als „Verbrecher und Terrorist“ (beides als Beschimpfung der Streikenden in den letzten Wochen geäußert) auf und brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass alle Anwesenden von diesen Kriminellen lernen mögen. Sie ging auf die Scheinheiligkeit der Bosse und deren Politiker ein, die einerseits 2.500 EUR Einstiegsgehalt für LokführerInnen als zu hoch bezeichnen und andererseits (im Falle der DB) 12 Millarden Euro in Aufkäufe „investieren“ wollen statt ins Eisenbahnnetz oder (im Falle der Bundestagsabgeordneten) sich die Diäten um rund 700 Euro erhöhen wollen.

Bezogen auf die Gastrede von DGB-Chef Sommer auf dem IG Metall-Kongreß, in der dieser zu „sozialem Frieden“ aufgerufen und die Einheit der Arbeiterklasse und der Gewerkschaften angemahnt hatte, machte Redler klar, dass diese Einheit konkret im Kampf stattfinden müsse und nicht im Verzicht liegen dürfe. Abschließend schlug sie vor, diesen Freitag um 17 Uhr eine Aktion vor dem Verkehrsministerium zu machen, um aufzuzeigen, wo die Verantwortlichen sitzen, und diesen Druck zu machen.

Markus Dahms, Betriebsrat bei Nokia Siemens, drückte seine Solidarität als „IG Metaller“ aus. Er ging auf die positiven Auswirkungen eines erfolgreichen Abschlusses der GDL ein: Erstens würde dies einen herben Dämpfer für die Privatisierungspläne bei der Bahn bedeuten, zweitens würden endlich wieder offensive Lohnforderungen durchgesetzt, und drittens wäre es ein Erfolg für das Streikrecht insgesamt. Bei letzterem Punkt erwähnte er, dass der Delegiertenrat der IG Metall Berlin vor kurzem einen Beschluß gefasst hat, im Falle eines ablehnenden Urteils des sächsischen Landesarbeitsgerichtes einen Generalstreik zur Verteidigung des Streikrechts zu fordern.

Abschließend ging er auf eine Aussage von Enrico Forchheim ein, der versichert habe, die GDL-Spitze um Schell, Weselsky und Kernchen habe das volle Vertrauen der KollegInnen, und warnte die anwesenden GDLer, ihrer Führung nicht bedingungs- und kontrolllos zu vertrauen. Sie sollten Streikkomitees und -versammlungen „von unten“ organisieren, um geplante Beschlüsse diskutieren zu können, damit die Streikleitungen diese nicht hinter dem Rücken der Belegschaften durchdrückten. Als negatives Beispiel verwies er auf den Streik bei BSH Berlin 2006.

Die Beteiligung an der anschließenden Diskussion war sehr lebhaft. Unter anderem wurde auf die derzeitige Protestwelle in Frankreich Bezug genommen, die streikenden GDLer wurden aufgefordert, dass Thema Privatisierung mehr auf die Tagesordnung zu setzen (insbesondere als Mittel, die anhaltend hohe Zustimmung der Bevölkerung zum Streik auch in Zukunft zu erhalten), und ein GDLer sagte im Hinblick auf die rhetorische Frage von Lucy Redler, warum nicht Sommer, Lafontaine und Huber neben ihr auf dem Podium sitzen würden: „Wer im weichen Sessel sitzt, ändert nichts an den harten Verhältnissen.“

Stephan Kimmerle von der SAV griff die kämpferische Stimmung auf und schlug vor, zusätzlich zur Aktion am Freitag vor dem Verkehrsministerium eine Kundgebung vor der Gewerkschaftszentrale am Hackeschen Markt zu machen, um auch den DGB-Spitzen zu verdeutlichen, dass sie aktive Solidarität über sollten. Die Anwesenden verabredeten sich dafür zu Montag 16 Uhr.

In seinem Schlusswort bedankte sich Enrico Forchheim noch einmal ausdrücklich für die geleistete Soliarbeit und versicherte, dass bei zukünftigen Arbeitskämpfen anderer KollegInnen in anderen Branchen die GDLer die Solidarität zurückgeben werden.