Mit „Faschorock“ sollen Jugendliche für Neonazis gewonnen werden
„Faschorock“ – hinter diesem Synonym sammeln sich eine Fülle von Genres und Bands, die rassistisches und antisemitisches Gedankengut vermitteln. Seit über zehn Jahren ist rechtsextreme Rockmusik im Aufwind.
von Maik Schilling, Leipzig
Rechtsrock-Bands und rechte Liedermacher sind oft Bestandteil von neonazistischen Demonstrationen und Veranstaltungen. Gruppen wie Faustrecht aus dem Allgäu treten in ganz Europa auf. Der Verkauf von CDs und der Handel mit indizierten Songs über rechte Homepages bilden einen millionenschweren Markt.
Die NPD versuchte, mittels verschiedener Sampler auf einer CD an Schulhöfen Wahlkampf zu betreiben und Jugendliche für sich einzunehmen.
Von Herrschenden begünstigte Entwicklungen
Bildete zu Beginn der achtziger Jahre noch Skinhead-Punk den Schwerpunkt, gibt es mittlerweile rechte Gruppen in verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Dark Wave, Hardcore, Black Metal und sogar im Techno und Hip Hop. Überregional organisierte Netzwerke wie die Blood & Honour Division stoßen seit der faktischen Abschaffung des Asylrechts im Juni 1993 auf fruchtbaren Boden, um ihre Hetze gegen MigrantInnen zu betreiben. Erst nach dem Brandanschlag von Solingen wurde Rechtsrock überhaupt erstmals zur „Unkultur“ erklärt.
Kein reines Ost-Phänomen
Anfangs haftete vermehrt den neuen Bundesländern der Ruf von Hochburgen für Nazi-Bands an, obwohl diese im gesamten Bundesgebiet zu finden sind.
In Nordrhein-Westfalen gibt es mehr Rechtsrock-Bands als in Sachsen, die beiden Marktführenden Labels Rock O Rama und das heute als VGR-Multimedia auftretende ehemalige Rechtsrock-Reich des Düsseldorfers Torsten Lemmer haben hier ihre Ursprünge. Allein im Raum Düsseldorf gibt es etwa 20 Bands, darunter die drei bekannten Reichswehr, Barking Dogs und Oidoxie. Auch die bayrische Musikszene boomt, viele Bands treten grenzübergreifend auch in Österreich und der Schweiz auf.
Musiklabels und Kleidungsläden
Eng verzahnt mit den Musiklabels arbeiten auch einige Kleidungsmarken. Um sich öffentlich zu tarnen, lassen immer mehr Neonazis den alten martialischen Skinheadlook beiseite und suchen sich neue, diskretere und modischere Kleidungsstile. Eine der Marken, die innerhalb der deutschen Nazi-Szene in diesem Sektor boomt, ist Thor Steinar aus Königs Wusterhausen. Von Nazis für Nazis vertreibt diese rassistische und nationalsozialistische Motive auf ihren Kleidungsstücken und verzeichnet immer mehr Neueröffnungen, aktuell in Magdeburg und Leipzig. Während die Stadtverwaltungen meist beide Augen zudrücken, avancieren die Geschäfte neben dem Verkauf zu Treffpunkten für alle ansässigen Neonazis und helfen damit der Szene, sich lokal zu organisieren und zu etablieren.
Was tun?
Da rechtsextremes Gedankengut insbesondere dort Anklang findet, wo es durch Hartz IV sowie Schließungen von Betrieben, Jugendclubs und Kultureinrichtungen keine Perspektiven gibt, ist es dringende Aufgabe von Gewerkschaften, antifaschis-tischen Organisationen und der Partei DIE LINKE mit politischen und kulturellen Angeboten eben diese aufzuzeigen und somit eine Alternative zu rassistischen Chauvinismus und antisemitischer Hetze zu schaffen.
Obwohl die Nazis sich gegen das System äußern (es aber nicht bekämpfen) und versuchen, sich zur Tarnung mit dem Mantel einer scheinbar modernen und hippen Jugendkultur zu kleiden, sind gerade NPD und freie Kameradschaften die heftigsten Feinde einer lebendigen und kritischen Jugendkultur.