Socialistische Partij ist drittstärkste Kraft
Das Beispiel der SP in den Niederlanden gilt vielen Linken in Europa als Modell. Tatsächlich ist der Erfolg dieser Partei beeindruckend. Sie hat heute 25 der 150 Parlamentssitze inne und verzeichnet ein starkes Mitgliederwachstum.
von Marcus Hesse, Aachen
Angefangen hatte die SP in den siebziger Jahren als kleine maoistische Sekte. In den Neunzigern – als die traditionelle sozialdemokratische Partei PvdA genau wie die deutsche SPD dramatisch nach rechts ging – gelang es der SP, das so entstandene Vakuum teilweise zu besetzen. 1994 zog sie zunächst mit zwei Abgeordneten ins nationale Parlament ein.
Im neoliberalen Musterland Niederlande trat sie als einzige Partei für Arbeitnehmerrechte ein. SP-Mitglieder, die Ärzte waren, leisteten in Arbeitervierteln kostenlose Gesundheitsdienste. Mit dieser und anderen Initiativen gelang es der SP, eine beachtliche Verankerung in der Bevölkerung zu erlangen.
Erfolge und Richtungsstreit
Da die SP auf außerparlamentarische Kämpfe orientierte, konnte sie zur drittstärksten Partei werden. Vorläufiger Höhepunkt des Widerstands war eine nationale Großdemo gegen die Politik der Regierung am 2. Oktober 2004, für die sich die SP engagierte. Vor allem aber spielte sie eine Rolle in der Kampagne gegen die EU-Verfassung, die von der Bevölkerungsmehrheit in einem Referendum abgeschmettert wurde.
Die Mitgliederzahl der SP wuchs beständig: 2002 hatte sie noch 27.000 Mitglieder. Die 50.000er-Marke wurde kurz nach den Wahlen im November 2006 durchbrochen.
Durch engagierte Solidaritätsarbeit konnte die SP zum Beispiel streikende BusfahrerInnen in Breda, Hafenarbeiter und Beschäftigte von Gesundheitseinrichtungen gewinnen. Eine Umfrage im November 2006 ergab unter GewerkschafterInnen eine Mehrheit für die SP.
Der rasante Mitgliederzuwachs lässt aber gerade nach. Einige, die frisch in die SP eingetreten sind, wenden sich enttäuscht über den Kurs der Parteiführung ab. In den letzten Monaten hat die SP circa 1.000 Mitglieder verloren.
Gretchenfrage Regierungsbeteiligung
Sozialistische Forderungen sind aus dem Programm der SP rausgeflogen. Die Führung schielt mehrheitlich auf eine „Linkskoalition“ mit der PvdA. Eine Regierungsbildung an der Seite der neoliberalen PvdA würde zu einer Politik á la Berlin führen – knallhart gegen die Interessen der Arbeiterklasse.
In einigen Kommunen regiert die SP bereits mit und hat dort Privatisierungen und Sozialkürzungen zu verantworten.
Undemokratische Methoden
Die Chefredakteurin der Parteizeitung wurde wegen eines die Führung kritisierenden Artikels abgesetzt. Der kurdische SP-Abgeordnete Düzgün Yildirim wurde im September aus der Partei ausgeschlossen – nur weil er entgegen der Wunschliste der Parteispitze für das Parlament kandidiert hatte.
Im Zuge des Konfliktes um Yildirim unterschrieben 250 SP-Mitglieder einen Protestbrief gegen die Führung. Daraus entstand das oppositionelle Komitee für eine demokratische SP.
Die SAV-Schwesterorganisation Offensief arbeitet in diesem Komitee mit. Offensief argumentiert dafür, den Kampf für innerparteiliche Demokratie nicht vom Kampf für eine sozialistische Ausrichtung zu trennen. Und auf Gegenwehr statt auf Regierungsbeteiligung zu setzen.
Der kommende Parteitag im November wird ein wichtiger Termin beim Widerstand gegen eine Sozialdemokratisierung der Partei werden. Entscheidend ist, dass die SP aktiv in die Klassenkämpfe eingreift. Die Parteilinke muss hier Beispiel geben. Unmittelbar bieten sich dafür die Proteste gegen die geplante Lockerung des Kündigungsschutzes an.