Costa Rica: Widerstand der Ananasarbeiter

Gewerkschafter kämpfen gegen Bedingungen wie vor 100 Jahren
von Teresa Salomé, San José
 

Die Bewohner von Buenos Aires im Süden des mittelamerikanischen Costa Rica werden von den Ananasplantagen förmlich erdrückt. Die Plantagen von Pindeco haben die knapp 50.000 Seelen zählende Kleinstadt in engem Kreis umschlossen. In der Hochsaison werden auf den Feldern 200 Container am Tag geerntet.

Pindeco gehört zum Delmonte-Konzern und der Konzern hält den Ort in seiner Hand, kein weiteres Haus kann man hier bauen aufgrund der Ausdehnung der Felder und wer den Konzern kritisiert, der hat es schwer. "Hier herrscht Krieg!", sagt Aquiles Rivera. Seit 12 Jahren streitet der ehemalige Plantagenarbeiter gegen die Willkür des Konzerns. Das Werkzeug für die Gegenwehr ist die unabhängige Gewerkschaft SITRUPINDECO, deren Vorsitzender er ist.

Er kritisiert, dass sich die Delmonte-Tochter Pindeco nur um die möglichst fette Ausbeute kümmere und weder um die Würde der Plantagenarbeiter noch um die Gesundheit der Anwohner. "Buenos Aires zählt 47.000 Einwohner, davon arbeiten 2000 direkt auf den Plantagen. Die tägliche Ernte ist gewaltig und doch zählt unser Kanton zu den aller ärmsten des Landes. Ich halte das nicht für eine ausgeglichene Wirtschaftsentwicklung", sagt er.

In einem kleinen von Indigenas betriebenen Konferenzzentrum in Buenos Aires haben die Gewerkschafter eine Schar von Mitgliedern und Sympathisanten zusammen gerufen, die von der Arbeit auf den Plantagen berichten. Nicolas Villanueva hat bei Säuberungsarbeiten in den Kanälen auf den Feldern das rechte Auge verloren, der Endfünfziger ist erkennbar indigener Abstammung und berichtet ruhig mit leiser Stimme: "Wie mir ging es vielen: Als die Betriebsleitung von meinem Arbeitsunfall erfuhr, wurde ich entlassen".

Weder Don Nicolas, noch andere Arbeiter, die unter Rückenproblemen oder gefährlichen Allergien leiden, bekommen auch nur einen Cent Rente gezahlt. Er hält sich mit dem Verkauf von kleinem Kunsthandwerk über Wasser.

Auf seinem Weg zur Arbeit grüßt José. Es ist kurz vor 17 Uhr, gerade dämmert es und weil die Regenzeit in Costa Rica beginnt, gießt es auch bereits in Strömen. Der Plantagenarbeiter ist auf dem Weg zu einer 12-Stundenschicht, einziger Schutz vor dem Unwetter ist seine Regenkapuze. Er bevorzugt die Tagesschicht, auch wenn es dann über 40 Grad heiß ist auf den schattenlosen Feldern. In der Nacht wird die Plantage zwar von Scheinwerfern erhellt, aber im Regen übersieht man leicht eine Frucht. Wenn ein Vorarbeiter das dreimal bemerkt, ist man draußen. Zustände wie vor 100 Jahren.

"International hat Costa Rica den Ruf, die sozialen Rechte zu respektieren genau wie das Arbeitsrecht und den Umweltschutz. Aber das steht nur auf dem Papier, diese Rechte werden mit den Füssen getreten", berichtet Aquiles Rivera. Mit geringsten Mitteln finanzieren die Gewerkschafter ihre Basisarbeit, SITRUPINDECO ist dem offiziellen Gewerkschaftsverband Juanita Mora angeschlossen, aber materielle Unterstützung gibt es nicht von ihm.

"Die Geschäftsführung von PINDECO hat versucht den Aufbau unserer Gewerkschaft im Keim zu ersticken", berichtet der Vorsitzende Rivera. Nicht mehr als ein Feigenblatt ist für die Aktivisten die so genannte "Solidarische Bewegung" ("Solidarismo"). Diese vom Konzern finanzierte gelbe Gewerkschaft wurde von der United Fruit Company einst auf den Bananenplantagen erfunden, wird vom reaktionären Flügel der katholischen Kirche unterstützt und dient der Bekämpfung unabhängiger Gewerkschaften.

Nach einem ersten Rückschlag in den 90iger Jahren, bei dem die meisten Gewerkschafter entlassen wurden, gelang SITRUPINDECO vor kurzem ein wichtiger Durchbruch: Heimlich waren Mitglieder der von der Konzernleitung verfolgten Organisation am gleichen Tag zu verschiedenen Büros zuständiger Ministerium und dem Sitz der Internationalen Arbeitsorganisation der UNO (ILO) gereist, wo sie eine Mitgliedsliste vorlegten und um offizielle Anerkennung als Gewerkschaft ersuchten. "Es gelang und zumindest die Mitglieder des Vorstandes dürfen nun nicht mehr gekündigt werden", freut sich Rivera. Seither gewannen die Gewerkschafter auch bereits einige Arbeitsrechtsprozesse gegen die Delmonte-Tochter.

Doch nicht nur für die Rechte der Beschäftigten setzen sich Rivera und seine Mitstreiter ein. Im vergangenen Jahrzehnt wurden sie auch zu Umweltspezialisten, denn die ökologischen und gesundheitlichen Folgen des Ananasanbaus sind fatal. Die Plantagen sind von natürlichen Wasserläufen durchzogen, um die in 25 Meter Radius den Umweltgesetzen des Landes zufolge nicht angebaut werden dürfte. Das wird ignoriert und so geraten Insektizide wie das gefährliche Bromasil in das Wasser, welches jenseits der Felder von Landwirten und Anwohnern genutzt wird.

"Im Kanton Buenos Aires benötigen wir einen radikalen Wandel. Unser Ziel ist es, das System in Costa Rica zu beenden, das es den transnationalen Konzernen erlaubt mit den Arbeitern zu machen, was sie wollen. Bei unserem Kampf sind wir auf internationale Solidarität angewiesen, wenn in Europa oder den USA Druck auf den Delmontekonzern ausgeübt würde, so wäre das eine große Hilfe!", sagt Aquiles Rivera.

Parallel zum gewerkschaftlichen Kampf kümmern er und seine Mitstreiter auch um eine politische Alternative: Sie haben sich der Initiative für eine breite linke Kandidatur bei den Parlamentswahlen 2010 unter dem Mantel der "Frente Amplio" angeschlossen.

Kontakt zur Gewerkschaft SITRUPINDECO: soliCR@gmx.net