Franz Müntefering soll nach dem Koalitionsgipfel zum Mindestlohn so richtig sauer gewesen sein. Der SPD-Politiker tönte öffentlich: Die Lehre sei, „dass man den Mindestlohn nur gegen die Union durchsetzen kann“.
Kolumne von Lucy Redler
Dass ein vernünftiger Mindestlohn unbedingt her muss, steht außer Frage. Eine Million Menschen in Deutschland erhalten bekanntlich einen Lohn, der so niedrig ist, dass sie zusätzlich ALG II beantragen müssen, um überhaupt von ihrem Einkommen zu überleben. Zum Beispiel, wenn man als Friseurin in Thüringen 3,18 Euro brutto die Stunde verdient.
Zum Glück gibt es also die SPD, die neue Vorkämpferpartei für den Mindestlohn! Sie ist eifrig bemüht, sich mit dem Thema Mindestlohn zu profilieren; sammelt Unterschriften und so.
Genauso eifrig versucht sie, vergessen zu machen, dass sie es selbst war, die durch Agenda 2010 und Hartz I bis IV das größte staatliche Niedriglohnprogramm der Geschichte angestoßen hat.
Statt eines gesetzlichen Mindestlohns hat die Große Koalition nun lediglich eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes beschlossen. Erfasst werden sollen jedoch nur die Branchen, in denen mindestens 50 Prozent der Beschäftigten tarifgebunden sind. Damit bestehen laut ver.di „vermutlich nur in zwei bis drei Branchen die Chance für höhere Löhne“. Doch selbst wenn die Voraussetzungen zutreffen, können regionale Arbeitgeberverbände die Einbeziehung ihrer Branche in das Entsendegesetz blockieren.
Das Ergebnis der Großen Koalition zum Mindestlohn entbehrt damit nicht ein gewisses Maß an Mindesthohn. Die CDU erdreistete sich dann auch gleich, die Verhinderung des gesetzlichen Mindestlohns als „Sieg für die Tarifautonomie“ zu feiern.
Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von zehn Euro als erster Schritt zu zwölf Euro bleibt notwendiger denn je. Die Lehre: Den Mindestlohn kann man nur gegen Union und SPD durchsetzen.