In den vergangenen zwölf Monaten ist die Arbeitslosigkeit um 800.000 gesunken. Offiziell. Weil Hunderttausende aus der Statistik herausgerechnet wurdena. Und weil etwa 50 Prozent der neuen Stellen in der Zeit- oder Leiharbeit geschaffen wurden.
von Holger Dröge, Berlin
Hartz IV hat den Druck erhöht, jede Arbeit anzunehmen. Egal zu welchem Lohn, egal zu welchen Bedingungen. Als Leiharbeiter muss man besonders flexibel sein. Von Rücksicht auf Familie, Freundeskreis, Hobbys keine Spur. Und das für einen Lohn, der teilweise 30 oder gar 50 Prozent unter dem Verdienst der Stammbelegschaft liegt. Kein Wunder, dass jeder achte Leiharbeiter so wenig verdient, dass er auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist.
Angeblich sollen Leiharbeiter die miesen Bedingungen in Kauf nehmen, um später übernommen zu werden. Doch damit ist es nicht weit her. Statt dessen gibt es einen „Drehtüreffekt“: Teile der Stammbelegschaften werden durch Leiharbeiter ersetzt.
Alles nur, um die Profite zu maximieren. Allein 2006 stiegen die Gewinne der 30 Dax-Konzerne um sieben Prozent. In diesem Jahr sollen sie gar um 20 Prozent zulegen.
Die Stammbelegschaften sollen unter Druck gesetzt werden. Wer zu keinen Zugeständnissen bei Lohn oder Arbeitszeit bereit ist, soll wissen, dass bald ein Leiharbeiter an seine Stelle treten kann.
Das macht deutlich, dass eine gewerkschaftliche Kampagne nötig ist, die das Ziel verfolgt, in Tarifverträgen den Ausschluss vom Einsatz von LeiharbeiterInnen in den betreffenden Branchen und Betrieben zu erreichen. Außerdem muss gegen tariflose Zustände sowie Billigtarife vorgegangen werden. Gleichzeitig sollte die Partei DIE LINKE im Bundestag einen Gesetzesentwurf für ein allgemeines gesetzliches Verbot von Leiharbeit einbringen und für diese Forderung mobilisieren.
Das muss verbunden werden mit dem Kampf für einen vernünftigen Mindestlohn und für die Aufteilung der Arbeit auf alle – ohne Lohnverlust. Es darf keinen Ausverkauf wie bei der Telekom mehr geben. Einen Ausverkauf, den die ver.di-Spitze zu verantworten hat – weil sie den Streik weder steigerte noch ausweitete. Die Gewerkschaften müssen endlich wieder zu echten Kampforganisationen werden.
Holger Dröge ist Mitglied der SAV-Bundesleitung
Forderungen der SAV:
- Weg mit Hartz I bis IV
- Gewerkschaftlicher Kampf für den Ausschluss von Leiharbeit und dieVerhinderung des Einsatzes von KollegInnen unter dem Tarifniveau fürdie Stammbelegschaften durch die Tarifverträge. Ein Betrieb – eineBelegschaft!
- Für eine gewerkschaftliche Kampagne zur Organisierung von prekärBeschäftigten und sogenannten „illegal“ Beschäftigten
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – in Ost und West, für Frau und Mann,für Deutsche und MigrantInnen
- Verbot von Leiharbeit
- Sofortige Einführung eines Mindestlohns von zehn Euro pro Stunde alserster Schritt zu einem Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde
- Einführung der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich