In den letzten Jahren gab es bei Personal und Material der Berliner Feuerwehr massive Einsparungen, welche mehr und mehr auch die Notfall-Einsatzbereitschaft beeinträchtigen. Grund ist die Sparpolitik des „rot-roten“ Senats, welcher nach einer EU-Vorgabe, die Arbeitszeit der Feuerwehrleute auf maximal 48 Stunden zu senken, kein neues Personal einstellte, sondern im Gegensatz den Stellenabbau fortsetzte.
von Johannes Ullrich, Berlin
In einem Schreiben an die Berliner BVV-Mitglieder teilte die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit, dass das sogenannte „EK 2006“, also das neue Einsatzkonzept für die Berliner Feuerwehr, dem tatsächlichen Einsatzgeschehen nicht gerecht wird, weil es auf einer abstrakten „Wahrscheinlichkeitsrechnung“ der Berliner Feuerwehrführung unter Landesbranddirektor Wilfried Gräfling beruht. Die aus dem EK 2006 abgeleiteten Einsatzzeiten und Personalzahlen führten laut GdP zu einer Situation, in der mindestens 300 Beschäftigte fehlen und in der insbesondere im Nachtdienst nicht mehr sichergestellt sei, dass auch nur der bisherige, minimale Sicherheitsstandard gehalten werden könne.
Seit der Zusammenlegung der Feuerwehren Ost und West 1990 wurde die Zahl der Beschäftigten von 5.500 auf aktuell nur noch rund 3.000 abgesenkt, während sich die jährlich zu bewältigenden Einsätze von 176.000 auf 292.000 erhöhten.
Ähnlich drastisch geht es beim Material bergab: Derzeit sind 62 Einsatzfahrzeuge, 32 Drehleitern und 91 Rettungswagen rund um die Uhr im Dienst. Zukünftig sollen die Einsatzfahrzeuge auf 50 tagsüber beziehungsweise 45 nachts, die Drehleitern auf 25 und die Rettungswagen auf 87 beziehungsweise 71 nachts reduziert werden. Es soll also fast ein Viertel aller Fahrzeuge abgeschafft werden.
Was das für die Sicherheit der Bevölkerung bedeutet, geht aus einer weiteren Zahl der GdP hervor: Schon heute liegt die sogenannte Eintreffzeit, nach der ein ausreichend großes Team von 14 Feuerwehrleuten bei einem Brand eintrifft, bei 15 Minuten. Bei einer medizinischen Notfallrettung liegt die Eintreffzeit derzeit bei 8 Minuten. Sollten die Einsparungen realisiert werden, ließen sich diese Zeiten nicht aufrecht erhalten – die Gefahr, zur Rettung von Menschenleben zu spät zu kommen, würde stark ansteigen.
In der Vergangenheit hat es wiederholt Appelle der Berliner Feuerwehr an die Politiker gegeben, so zum Beispiel durch den damaligen Landesbranddirektor Broemme nach einem verheerenden Großbrand in der Ufnaustraße in Moabit am 8. August 2005. Diese stießen aber auf taube Ohren – der Senat ist nicht vom „Minimalkonzept“, das faktisch ein Notkonzept ist und nur übergangsweise für die Berliner Feuerwehr gelten dürfte, abgerückt.
Die GdP hat angekündigt, öffentliche Kundgebungen durchzuführen, und fordert alle Berlinerinnen und Berliner auf, sich auch direkt mit persönlichem Protest an den Berliner Senat zu wenden.
Nötig ist aber auch eine öffentliche Kampagne, in der die Sparmaßnahmen bei der Feuerwehr mit dem in allen Bereichen betriebenen Sozialabbau in Verbindung gebracht werden und durch die allen Berlinerinnen und Berliner klar gemacht wird, daß diese kapitalistische Kürzungspolitik nicht nur die Reichen immer reicher macht, sondern ganz konkret für den Tod vieler Menschen verantwortlich ist (wie zum Beispiel auch die Todesfälle in Berliner Krankenhäusern aufgrund der ungeheuren Arbeitsdichte und -hetze durch die privaten Betreibergesellschaften).
Eine solche Kampagne, möglichst von den verschiedenen Gewerkschaften wie ver.di, GEW, GdP und so weiter gemeinsam geführt, und mit der klaren Perspektive, ihre Forderungen mit Streiks durchzusetzen, würde deutlich machen, dass sich die Beschäftigten nicht mit den Jahr für Jahr schlimmer werdenden Kürzungen abfinden, sondern Gegenwehr organisieren.