DaimlerChrysler Berlin: Erneut Protest gegen Lohnraub durch »Tarifreform«

Knapp 100 Beschäftigte von DaimlerChrysler Berlin-Marienfelde haben sich am Mittwoch vor dem Werkstor versammelt, um gegen Lohnkürzungen in Zusammenhang mit dem Entgeltrahmen-Abkommen (ERA) zu protestieren.


 

zuerst veröffentlicht in der jungen Welt, 7.6.07

Es war bereits die fünfte Aktion dieser Art, die ohne Unterstützung der Betriebsrats- und IG-Metall-Spitzen zustande gekommen ist.

»Die Philosophie von ERA war eigentlich, gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchzusetzen und die Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten zu beenden – doch bei der Umsetzung ist etwas völlig anderes herausgekommen«, kritisierte der Betriebsrat Mustafa Efe auf der Kundgebung. Insbesondere ältere Beschäftigte und Neueingestellte müßten durch die »Tarifreform« empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen. »Ich arbeite seit 26 Jahren hier, und auf einmal soll ich 400 Euro weniger bekommen – dabei mache ich dieselbe Arbeit wie vorher«, berichtete ein älterer Arbeiter. Laut Efe verlieren einige der älteren und schwerbehinderten Kollegen infolge der ERA-Umsetzung mittelfristig bis zu 700 Euro im Monat. Bei Neueingestellten seien es bis zu 1000 Euro. »Das zuzulassen ist ein Verrat an künftigen Generationen und spaltet die Belegschaft«, sagte der oppositionelle Betriebsrat. Nach seinen Angaben wurden von 1000 Reklamationen gegen unfaire Eingruppierungen im Werk fast 700 nicht anerkannt. Auch die restlichen 300 Beschäftigten seien größtenteils weiterhin schlechter gestellt als vor der »Entgeltreform«.

Zum Teil heftige Kritik übten die demonstrierenden Daimler-Arbeiter an der Mehrheit des Betriebsrats, die nichts gegen den »Lohnraub« unternehme. Rund 1000 Beschäftigte hatten sich bereits vor Wochen schriftlich für die Einberufung einer außerordentlichen Betriebsversammlung ausgesprochen, was von der Betriebsratsmehrheit jedoch im Widerspruch zum Betriebsverfassungsgesetz ignoriert wurde. »Ich fordere den Betriebsrat auf, diesem Votum endlich nachzukommen und die Belegschaft auf einer außerordentlichen Betriebsversammlung über die ERA-Umsetzung abstimmen zu lassen«, erklärte Efe. Betriebsrat, IG Metall und Unternehmensleitung müßten die Verhandlungen über ERA erneut aufnehmen. »Keine Kollegin und kein Kollege darf durch das neue Entgeltsystem schlechter gestellt werden«, betonte der Aktivist.