Berlin – BASG: "Wir werden uns einmischen"

Interview mit Lucy Redler in "Neues Deutschland", 5.5.07


 

ND: Die Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr (BASG), eine neue politische Gruppierung, die aus der Berliner WASG hervorgegangen ist, hat das Licht der Welt erblickt. Wie stark ist die Organisation und welche Schwerpunkte in der politischen Arbeit setzt sie?

Redler: Wir haben die BASG am 29. April mit rund 100 Mitgliedern gegründet. Jetzt geht es für uns darum, möglichst schnell, möglichst viele Mitglieder aus der alten WASG, aber auch darüber hinaus Kräfte für uns zu gewinnen.

Wir werden jetzt Bezirksgruppen der BASG aufbauen. Wir verstehen uns in der politischen Kontinuität der WASG. Soziale Fragen stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit, etwa der Kampf gegen Hartz IV. Wir werden uns in die Debatte um Mindestlohn einschalten und die Forderung vieler Gewerkschaftslinker unterstützen, die einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde fordern.

Wir werden uns auch in die Auseinandersetzung im öffentlichen Dienst gegen den so genannten Solidarpakt einmischen und die Kolleginnen und Kollegen unterstützen, die gegen Lohnkürzungen kämpfen. Am Thema Verkauf der Sparkasse werden wir dranbleiben und die Kampagne gegen die Privatisierung der Sparkasse fortführen. Aktuell ist zudem die Mobilisierung gegen den G 8-Gipfel Schwerpunkt.

Besteht nicht die Gefahr, dass man als kleine Gruppe nicht mehr wahrgenommen wird und in der Bedeutungslosigkeit verschwindet?

Ich bin davon überzeugt, dass es links von Rot-Rot ein Potenzial gibt. Es ist notwendig, den außerparlamentarischen Widerstand zu stärken. Deshalb braucht Berlin eine soziale Opposition, die auch Alternativen zu diesem kapitalistischen System zur Sprache bringt. Eine Kraft, die faschistische Parteien wie die NPD bekämpft und ihr nicht die sozialen Themen für ihre rassistische Propaganda überlässt.

Die Gründung der BASG ist ein Versuch, das weiter fortzuführen, was die WASG Berlin aufgebaut hat. Auch mit Blick auf die Wahlen 2011, auf die wir uns langfristig vorbereiten.

Es bleibt trotzdem die Frage, ob es nicht besser ist, innerhalb vorhandener Strukturen Politik zu machen, also innerhalb der Linkspartei?

Wir haben die Berliner Linkspartei in den letzten Jahren scharf kritisiert für Privatisierung und Sozialabbau. Wenn man sich die Politik in dem letzten halben Jahr nach der Wahl anschaut, sehen wir, dass sich nichts verändert hat.

Es wird jetzt, entgegen dem Koalitionsvertrag, Geld für den Schlossneubau ausgegeben. Der rot-rote Senat ist weiter Vorreiter bei gewerkschaftsfeindlicher Politik wie bei der Aushebelung des Ladenschutzgesetzes. Wir haben uns entschieden, nicht das linke Feigenblatt für diese Partei zu spielen, sondern die soziale Opposition aufzubauen und dadurch deutlicheren Druck zu erzeugen.

Wirtschaftsverbände, die regierende Bundespolitik und viele Medien schwelgen im Aufschwungstaumel. Läuft man da nicht Gefahr, mit einer kleinen Organisation wie der BASG als ewiger Miesmacher dazustehen und an den Bürgern vorbeizuagieren?

Wer profitiert denn von diesem Aufschwung oder von dieser ganzen Wir-sind-Knut-Stimmung eigentlich? In erster Linie ist es eine kleine Minderheit am oberen Rand der Gesellschaft, die den Hals nicht voll genug bekommt. Die Kolleginnen und Kollegen von der Telekom merken von diesem Aufschwung nichts. Sie sind von massiven Lohnkürzungen bedroht. Die Kollegen der Metallindustrie kämpfen um jeden Cent, um was abzubekommen. Somit ist dieser Aufschwung in erster Linie ein Aufschwung im Interesse von Banken und Konzernen. Es ist notwendig, das so deutlich auszusprechen und keine Illusionen zu verbreiten.

Die WASG ist in einigen Berliner Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) vertreten. Wo haben die Verordneten zukünftig ihre politische Heimat?

Die Heimat war und ist der Widerstand gegen den Sozialkahlschlag. Folgerichtig wird außer einem Kollegen niemand von den BVVlern in die Berliner Linkspartei eintreten. Mehrere BVVler waren jetzt Gründungsmitglieder der BASG und setzen sich dafür ein, die weiter aufzubauen.

Fragen: Peter Kirschey