Gegen die Verschlechterung der Berliner Personalvertretungsrechte
Die SPD-Linkspartei.PDS-Koalition in Berlin will das Landespersonalvertretungsgesetz novellieren. Die bisherigen Rechte von Personalräten sollen empfindlich eingeschränkt werden.
von Lucy Redler, Berlin
Nach Senats-internen Plänen drohen folgende Verschlechterungen:
- Kommt es zwischen Arbeitgeber und Personalräten nicht zu einerEinigung in gesetzlichen Mitbestimmungsfragen – der härtesten Formpersonalrätlicher Rechte –, so soll in Zukunft letztlich nicht eineEinigungstelle, sondern der Dienstherr und Arbeitgeber das sagen haben.
- Mitbestimmungsrechte bei Software-Neuerungen sollen eingeschränktwerden.
- Mitbestimmungsrechte bei Ein-Euro-Jobs werden abgeschafft, es soll nurnoch eine Mitwirkung (empfehlender Charakter) der Personalräte wiebeim Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen geben.
Damit setzt die rot-rote Koalition fort, was jüngst von SPD und Linkspartei im CDU-regierten Nordrhein-Westfalen kritisiert wurde: Die weitere Aushebelung der Rechte der gesetzlichen Vertreter der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Im Wahlprogramm zur Abgeordnetenhauswahl 2006 schreiben die Berliner Sozialdemokraten: „Mit der Berliner SPD gibt es bezüglich des Erhalts von Arbeitnehmerrechten, Sozial- und Umweltstandards keine Kompromisse. Insbesondere wenden wir uns gegen einen weiteren Abbau des Kündigungsschutzes und der Mitbestimmung.“ Und weiter, bezogen auf Ein-Euro-Jobs: „Die Mitbestimmungsrechte der Personalräte werden beachtet.“ Nun sollen genau diese Mitbestimmungsrechte abgeschafft werden.
Der SPD-Linkspartei.PDS-Senat übernimmt erneut – wie schon beim Verlassen des Kommunalen Arbeitgeberverbandes, des Notlagentarifvertrages und beim Ladenschluss – den Part des Vorkämpfers gegen die Interessen der Beschäftigten.
Mitbestimmung unter Druck
Ein Signal gegen Arbeitnehmerrechte gibt Rot-Rot hier auch für die Privatwirtschaft: Die bisherigen Formen der Mitbestimmung sind den Unternehmern längst Dorn im Auge. 2004 kritisierte der damalige Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, die Mitbestimmung in Aufsichtsräten als „Irrtum der Geschichte“. Ein Kommission von BDI und BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) jammert über die „hohen Kosten und das starre Regelungskorsett der betrieblichen Mitbestimmung“. Der Entwurf des CDU-Grundsatzprogramms 2007 greift den Hinweis der „zunehmenden internationalen Verflechtung der Unternehmen“ auf, der laut der BDI-/BDA-Kommission 2004 herhalten soll, um den Gewerkschaftsvertretern garantierte Sitze im Aufsichtsrat zu nehmen. „Betriebsnahe“ und „beschäftigungsfreundliche“ Regelungen (CDU-Entwurf) entsprechen der BDI-/BDA-Forderung nach einer „zunehmenden Dezentralisierung der Arbeitsbeziehungen“ und nach „Öffnungsklauseln“.
Hubertus Heil, Generalsekretär der SPD, sieht im CDU-Entwurf denn auch die Forderung nach „Zerschlagung der Mitbestimmung“ (Presseerklärung 8. Mai). In der eigenen Praxis ist die SPD nicht so zimperlich.
Das Signal, die Mitbestimmung weiter von allen Seiten unter Beschuss zu nehmen, wird sicherlich von den Unternehmer aufgegriffen – wenn es nicht gelingen sollte, die rot-roten Pläne zu stoppen.
Versteckspiel
Dabei kann der SPD-Linkspartei.PDS-Senat nach eigenen Angaben nie etwas für seine Politik. Kommt es hart auf hart, sind andere schuld. Beim Verkauf der Sparkasse wurde dieses Spiel mit der EU geübt. Wir müssen ja, es geht nicht anders.
Beim geplanten Angriff auf die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst beruft sich die Koalitionsvereinbarung präventiv auf „die Anpassung des Personalvertretungsgesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes“.
Ungeschickt nur, dass das dazu relevante Urteil schon über zehn Jahre alt ist und das Berliner Personalvertretungsrecht seither ohne weitere Einschränkungen der personalrätlichen Rechte auskam. Auch bleibt der Versuch völlig aus, diese Haltung des Gerichts kritisch ins Visier zu nehmen und mit den Beschäftigten und Gewerkschaften gemeinsam gegen Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte zu mobilisieren. Auch hier erkennt die Linkspartei.PDS ihre Rolle nicht an der Seite der Beschäftigten, sondern als Vollzugsbeamter neoliberaler Vorgaben zugunsten der Banken und Konzerne.
ver.di: „Schwerer Konflikt“
ver.di schrieb schon nach der Regierungsbildung auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung, Rot-Rot wolle „das Landespersonalvertretungsgesetz verändern. Die Mitbestimmung bei den neuen Arbeitsmethoden soll geschwächt werden (S. 74). Daher bahnt sich dort ein schwerer Konflikt mit ver.di an. Die Gewerkschaft fordert die Koalitionäre auf, die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst nicht anzutasten.“
Nötig ist jetzt, sich klar auf die Seite der angegriffenen Personalräte, ihrer Gewerkschaft ver.di und vor allem den von ihnen vertretenen KollegInnen zu stellen. Wenn der SPD-L.PDS-Senat die Personalräte zu Bettvorlegern machen will, ist Widerstand angesagt.
Lucy Redler ist Mitglied des geschäftsführenden WASG-Landesvorstands und der neugegründeten BASG – Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr, die auch nach der Fusion von WASG und Linkspartei.PDS die soziale Opposition in Berlin eigenständig fortsetzen wird.
Dokumentiert: Offener Brief von Lucy Redler
Welche Angriffe auf die Mitbestimmungsrechte der Personalräte in Berlin sind geplant? Was tut die Linkspartei.PDS dagegen?
An die Linkspartei.PDS Berlin und ihre Fraktion im Abgeordnetenhaus
an Carola Bluhm, Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus
an Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus
an Klaus Lederer, Vorsitzender der Linkspartei.PDS Berlin
Berlin, 10. Mai 2007
Liebe GenossInnen der Linkspartei.PDS Berlin,
schon nach der Koalitionsvereinbarung, die ihr zur Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der SPD in Berlin geschlossen habt, schrieb die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, ver.di, Rot-Rot wolle „das Landespersonalvertretungsgesetz verändern. Die Mitbestimmung bei den neuen Arbeitsmethoden soll geschwächt werden (S. 74 [des Koalitionsvertrages]). Daher bahnt sich dort ein schwerer Konflikt mit ver.di an. Die Gewerkschaft fordert die Koalitionäre auf, die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst nicht anzutasten.“
Nun scheinen sich diese Befürchtungen zu bestätigen: Die SPD-Linkspartei.PDS-Koalition in Berlin will das Landespersonalvertretungsgesetz (LPersVG) novellieren. Nach internen Senatsplänen sollen die bisherigen Rechte von Personalräten empfindlich eingeschränkt werden:
- Kommt es zwischen Arbeitgeber und Personalräten nicht zu einer Eingungin gesetzlichen Mitbestimmungsfragen – der härtesten Formpersonalrätlicher Rechte -, so soll in Zukunft letztlich nicht eineEinigungstelle, sondern der Dienstherr und Arbeitgeber das sagen haben.
- Mitbestimmungsrechte bei Software-Neuerungen sollen eingeschränktwerden.
- Mitbestimmungsrechte bei Ein-Euro-Jobs werden abgeschafft, es soll nurnoch eine Mitwirkung (empfehlender Charakter) der Personalräte wiebeim Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen geben.
Meine Fragen daher an Euch:
- Welche dieser Maßnahmen werden von wem geplant und verfolgt? WelcheVorschläge liegen bisher zur Novellierung desLandespersonalvertretungsgesetzes vor?
- Welche dieser Maßnahmen werdet Ihr mittragen?
- Welche Maßnahmen werdet Ihr ergreifen, um gemeinsam mit denbetroffenen Personalräten, der Gewerkschaft ver.di und anderen denWiderstand gegen diese Angriffe zu unterstützten beziehungsweise aufdie Beine zu stellen?
Wir alle wissen: Die Unternehmer sind schon seit Jahren damit beschäftigt, die mühsam erkämpfte und insgesamt sehr begrenzte Mitbestimmung sturmreif zu schießen. Das Signal, die Mitbestimmung weiter von allen Seiten unter Beschuss zu nehmen, wird sicherlich von den Unternehmer aufgegriffen – wenn es nicht gelingen sollte, diese Senats-Pläne zu stoppen.
Ich bitte euch daher um rasche Antwort und fordere von euch ein entschlossenes Handeln gegen jedwede Verschlechterung des Personalvertretungsrechts Berlin.
Mit freundlichen Grüßen,
Lucy Redler
Mitglied des WASG-Bundesvorstands sowie des geschäftsführenden WASG-Landesvorstands Berlin und der neugegründeten BASG – Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr, die auch nach der Fusion von WASG und Linkspartei.PDS die soziale Opposition in Berlin eigenständig fortsetzen wird.