Profitmaximierung á la Telekom
Wenn wir als Telekom-Kunden ein Problem haben, rufen wir eine der vielen Hotline-Nummern an in der Hoffnung, dass uns dort geholfen wird. Dabei gehen wir davon aus, dass wir nach wenigen Minuten einen ehemaligen Postbeamten oder einen Telekom-Beschäftigten am Apparat haben. Erstmal fragt uns allerdings ein Computer, welcher Natur unser Anliegen sei. Wenn wir diese Fragen brav beantworten, hören wir nach fünf bis 75 Minuten dann tatsächlich eine menschliche Stimme. Ein Postbeamter? Wohl kaum.
von Markus Zobel, Berlin
Seit mehreren Monaten habe ich nun die Situation am anderen Ende der Leitung kennengelernt – als Call-Center-Mitarbeiter mit einem befristeten Arbeitsvertrag in der Tasche.
Armut trotz Arbeit
Die meisten Hotlines der Deutschen Telekom werden mittlerweile entweder von konzernfremden Call-Centern (wie zum Beispiel der Walter Telemedien) bedient oder von einem der zum Outsourcing gegründeten Tochterunternehmen der Telekom, beispielsweise vivento customer services (VCS).
Der Haustarifvertrag bei Walter Telemedien, der mit ver.di abgeschlossen wurde, liegt bei einem Einstiegslohn von 5,11 Euro. Der Großteil des Personals bei der VCS besteht aus Leih- und Zeitarbeitern. Viele von ihnen wurden beim Verkauf von VCS-Standorten an Walter Telemedien im letzten Dezember einfach auf die Straße gesetzt.
Zudem sind die meisten Beschäftigungsverhältnisse bei adecco, Ranstad, Manpower, Tuja, persona service, Jobs in Time und wie sie alle heißen auch noch befristet, so dass die KollegInnen nicht einmal wissen, wie lange sie mit ihrem Job rechnen können.
Wer sich da denkt, das sei doch besser als Hartz IV, sollte mal nachrechnen. Die 5,11 Euro bei Walter Telemedien ergeben bei 38 Stunden und 21 Arbeitstagen ein Bruttoeinkommen von 815,56 Euro. Da bleiben bei Lohnsteuerklasse I etwa 650 Euro übrig. Bei einer Kaltmiete von 250 Euro und 55 Euro Heizkosten bekommt man das im Westen auch als ALG II. Und wehe, der Monat hat nur 20 Arbeitstage.
Arbeitshetze
Schon heute telefonieren die Kunden also mit Leuten, die nie einen Arbeitsvertrag mit der Telekom gesehen haben. Auch im „T-Punkt“ treten ihnen Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen gegenüber. Der bestellte Telekom-Techniker arbeitet eigentlich bei der Elektroklitsche um die Ecke und der Tarifberatungshausierer ist bei einem „Vertriebsprofi“ beschäftigt. Die Arbeit wird also nicht weniger, sondern immer weiter in den Niedriglohnsektor verschoben.
Gleichzeitig will die Telekom ihren Arbeitsplatzabbau weiter fortsetzen. Damit diese KollegInnen sich später in einer Zeitarbeitsfirma wiederfinden und die gleiche Tätigkeit zu mieseren Bedingungen und weniger Geld verrichten.
Ich habe mitbekommen, dass bei den zahlreichen Umstrukturierungen im Telekom-Unternehmen Systeme eingeführt wurden, die die Kontrolle über die Beschäftigten verschärfen. Oftmals sind diese Systeme untereinander inkompatibel und so müssen lästige, früher automatisierte Arbeitsschritte per Hand ausgeführt werden. Wenn das nicht flott genug geht, gibt es auch mal ein Gespräch beim Vorgesetzten. Es ist sogar schon passiert, dass Telekom-KollegInnen mit dem Krankenwagen von der Arbeit abgeholt wurden, da sie aufgrund der Arbeitshetze an Ort und Stelle zusammengebrochen sind.
Die vielfache Konkurrenz zwischen verschiedenen Call-Center-Betreibern, verschiedenen Zeitarbeitsfirmen und verschiedenen Subunternehmen kennt nur einen Gewinner – die Großaktionäre.