Metaller machen Druck

Unmittelbar nach Ablaufen der Friedenspflicht macht die IG Metall im laufenden Tarifkonflikt Druck. Bereits in der Nacht von Samstag auf Sonntag haben die ersten Belegschaften in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bayern und Berlin die Arbeit vorübergehend niedergelegt, um für die Gewerkschaftsforderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt zu demonstrieren.
 

von Daniel Behruzi; dieser Artikel erschien in der jungen Welt, 30.4.07

»Sonntag null Uhr, und bei Osram ruht die Arbeit – das ist die richtige Antwort auf die Unverschämtheiten der Arbeitgeber.« Mit diesen Worten eröffnete Klaus Abel, 2. Bevollmächtigter der Berliner IG Metall, am Wochenende die Welle von Warnstreiks in den Metallbetrieben der Hauptstadt. Den Anfang machten Betriebsangehörige des Glas- und Lampenherstellers Osram in Siemensstadt. 40 Arbeiter fertigen hier um diese Zeit üblicherweise High-Tech-Lampen für Beamer, Schaufenster und Autos. Statt dessen versammelten sie sich um Mitternacht vor dem Werkstor – unterstützt von Kollegen anderer Schichten sowie Gewerkschaftern von DaimlerChrysler, Otis und Siemens. Selbst eine Delegation britischer Gewerkschafter war gekommen und erklärte sich mit den Metallern solidarisch. Die Arbeit im Werk hatte wegen einer Informationsveranstaltung des Betriebsrats indes bereits zwei Stunden zuvor geruht.

»Die Arbeitgeber haben behauptet, sie wollten eine schnelle Tarifrunde und keine Rituale. Doch in den mehr als sechswöchigen Verhandlungen haben sie gezeigt, daß sie nicht bereit sind, den Beschäftigten das zu geben, was sie verdienen«, kritisierte IG-Metall-Sekretär Stefan Schaumburg vor den Streikenden. Das Angebot der Unternehmer von 2,5 Prozent tabellenwirksamer Lohnerhöhung sei angesichts der »hervorragenden wirtschaftlichen Situation der Branche keine faire Beteiligung der Beschäftigten«. »Osram hat Gewinne ohne Ende gemacht – die sind in der Lage, die 6,5 Prozent ohne Abstriche zu bezahlen«, ergänzte Betriebsratschef Gottfried Dolinski.

Die von den Unternehmern geforderte »Variabilisierung« des Weihnachtsgeldes, das je nach wirtschaftlicher Situation zwischen 40 und 70 Prozent schwanken soll, nannte Schaumburg »aberwitzig«. »Der Weg ist klar: Sie wollen die Absenkung des Weihnachtsgeldes auf 40 Prozent – und das werden wir bei dieser wirtschaftlichen Situation schon mal gar nicht zulassen«, stellte der Gewerkschaftssekretär klar. Er kündigte an, die Warnstreiks würden sich nicht über mehrere Wochen hinziehen. »Entweder bewegen sich die Arbeitgeber bald – und das heißt in den nächsten Tagen –, oder es kommt zum Arbeitskampf«, drohte Schaumburg. Bereits in den kommenden Tagen würden mehr als 10 000 Beschäftigte in den Metallbetrieben der Region zu vorübergehenden Arbeitsniederlegungen aufgerufen.

In Bayern will die IG Metall mehr als 100 000 Beschäftigte in 100 Betrieben und im Pilotbezirk Baden-Württemberg die Belegschaften von 400 Werken zu Warnstreiks aufrufen. Zu den entscheidenden Verhandlungen wird es am 3.Mai in Sindelfingen kommen. Der Bezirksleiter der IG Metall im Südwesten, Jörg Hofmann, erklärte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dies sei die letzte Möglichkeit vor Urabstimmung und Streik.