Arbeitszeitverkürzung statt Hausfrauenhormone
Manch eine Mutter sucht sicherlich das Hausfrauenhormon von Eva Herman in sich, wenn sie merkt, dass mal wieder keine richtige Freude aufkommen will, wenn mit quengeligem Kind am Bein die Wohnung geputzt werden muss, die Einkäufe und zwei Kinder drei Etagen die Treppe hinaufzutragen sind oder nach der dritten durchwachten Nacht wegen eines neuen Zahnes keine Energie mehr da ist, etwas „Gesundes“ auf den Tisch zu zaubern, was auch noch allen schmeckt.
von Kim Opgenoorth, Köln
Auch die schmeichelnden Worte von Bischof Mixa, dass der eigentliche Profi in der Kindererziehung die leibliche Mutter zu Hause sei, helfen wenig, wenn das Kind, das gerade laufen gelernt hat, festangeschnallt im Buggy durch den Straßenverkehr bugsiert werden muss, der anderthalbjährige Sohn seinen gesunden Forscherdrang ausgerechnet in der Kosmetikabteilung der Drogerie entdeckt, wo er Lippenstifte, Puderdöschen und Make-up-Fläschchen auf und zu drehen kann oder das Töchterchen ihre für sie sehr wichtige „Ich-Phase“ im Supermarkt vor der Kasse auf dem Boden auslebt. Eva Hermans Vorstellungen sind nicht von dieser Welt, Bischof Mixa lebt schon von Beruf aus in höheren Sphären.
Kindergarten
Wenn sich Kindererziehung ausschließlich in der Klein- und Kleinstfamilie abspielt, ist das weder gut für die Kinder noch für die Mütter und Väter. Gesellschaftlich organisierte Kinderbetreuung ist im Prinzip richtig, in der gegenwärtigen Praxis aber schlecht umgesetzt.
Die Situation in vielen Kindergärten ist verheerend: zwei ErzieherInnen für 20 bis 25 Kinder sind eindeutig zu wenig (Praxis in Köln).
Jedes Jahr gibt es Kürzungen. Nur dem oft aufopferungsvollen Engagement der ErzieherInnen ist es zu verdanken, dass die Kindergärten noch nicht zu reinen Verwahranstalten verkommen sind. Bitter, wenn man überlegt, was in einem der reichsten Industrienationen der Welt möglich sein sollte.
Andere Realität
Der Begriff „Karrierefrau“ suggeriert, dass Mütter massenhaft hochbezahlte Direktoren- und Abteilungsleiterposten übernehmen. Erwerbsarbeit von Müttern mit Kleinkindern ist aber gekennzeichnet durch Teilzeitarbeit, Job-Sharing, Zeitverträgen und ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen. Selbst für einen Teilzeitjob ist oft eine organisatorische Meisterleistung notwendig, weil die Arbeitszeiten immer flexibler und familienunfreundlicher werden. Arbeiten am Nachmittag, nachts oder am Wochenende ist mittlerweile normal. Pünktliches Verlassen des Büros wird in vielen Firmen als provokante Arbeitsverweigerung angesehen. Hinzu kommt das schlechte Gewissen, wenn man wegen eines kranken Kindes kurzfristig ausfällt und seinen KollegInnen mehr Arbeit hinterlässt. Nötig ist eine kostenlose Betreuung für alle Kinder. Wir brauchen aber mehr: vernünftige, gut ausgestattete Kindergärten mit qualifiziertem Personal und kleineren Gruppen. Materielle Absicherung, andere Arbeitsverhältnisse und kürzere Arbeitszeiten für alle sind notwendig, damit die Bedürfnisse von Kindern im Vordergrund stehen können.