„Ich wäre auch noch viel weiter gefahren, um hier zu demonstrieren“, meinte ein Kollege der aus München angereist war. Der Telekomvorstand hatte vor der Demonstration angekündigt, 55.000 Beschäftigte in eine neue Servicegesellschaft auszugliedern. Sie sollen bis zu sechs Stunden pro Woche länger arbeiten und weniger Geld bekommen.
von Georg Kümmel, Köln
Auch aus Halle, Leipzig, Bremerhaven, Dortmund, Berlin, Suhl und anderen Städten waren die Telekombeschäftigten zum Teil in der Nacht aufgebrochen, um am Mittwoch vor der Telekomzentrale in Bonn zu protestieren. Darunter auch Männer und Frauen vom CallCenter VCS die bereits von der Telekom an die Walter-Telemedien-Gruppe verkauft worden sind.
13.000 Kolleginnen und Kollegen standen dicht gedrängt auf der Abschlusskundgebung und wollten hören, welche Marschrichtung insbesondere ver.di-Bundesvorstand Schröder und ver.di-Vorsitzender Bsirske vorgeben würden.
Schröder begann seine Rede mit einer etwas verklausulierten Streikdrohung: „Wenn es sein muss, nehmen wir uns morgen auf andere Art frei“. Schröder erinnerte daran, dass ver.di in der Vergangenheit bereits mehrmals Zugeständnissen seitens der Beschäftigten unter anderem auch „schmerzhaften Kompromissen“ bei T-Mobile zugestimmt habe. Man habe verzichtet, die Arbeitsplätze seien aber nicht sicherer geworden. Schröder forderte jetzt „Verlässlichkeit“ seitens des Telekom-Vorstandes.
Zum Schluss sagte er nochmal, dass man, wenn nötig, zum Arbeitskampf bereit sei – einstweilen sollten die Kolleginnen und Kollegen aber die gesammelten Unterschriften vorne an der Rednertribüne abgeben. So könne man dem Aufsichtsrat verdeutlichen, dass die Kunden ebenfalls einen besseren Service statt Personalabbau wollen.
Bsirske hielt eine stellenweise sehr kämpferische Rede. Er zitierte einen Vertrauten des Konzenrchefs Obermann, mit den Worten „Konsens war gestern“, die Beschäftigten bräuchten „Druck“. Bsirske wiederholte. „Wir haben verstanden, Konsens war gestern“ und „Druck erzeugt Gegendruck“.
Bsirske und Schröder sagten aber auch, dass ja allen klar sei, dass die wirtschaftliche Lage bei der Telekom nicht rosig sei. Das kann nur als Versuch gewertet werden, die Erwartungen der Beschäftigten zu dämpfen, denn in den Jahren 2004 und 2005 hat die Telekom 4,6 und 5,6 Milliarden Euro Gewinn gemacht, endgültige Zahlen für 2006 liegen noch nicht vor.
Schröder leistete sich am Schluss seiner Rede noch einen Versprecher: „Es bleibt zu hoffen, dass der Aufsichtsrat den ver.di-Vorstand zur Vernunft bringt“ und verbesserte, „den Telekom-Vorstand“.
Auf eine klare Aussage, wann konkret ver.di zum Streik aufrufen werde, warteten die versammelten Kolleginnen und Kollegen vergeblich. Dabei wäre die Aussage ganz einfach: Komplette Rücknahme der Kürzungspläne oder Streik der Telekom-Beschäftigten. Bei der strategischen Bedeutung des Informationsflusses für Wirtschaft und Gesellschaft, der insbesondere durch die Arbeit der Telekom-Beschäftigten sichergestellt wird, würde ein breit angelegter Streik ungeheuren Druck entfalten.