Telekom verstaatlichen statt zerschlagen

Profite steigen, Löhne sinken, Jobs fallen weg… Es reicht!
80.000 Beschäftigte der Telekom sind von Ausgründungen, Verkäufen und Arbeitsplatzverlust bedroht. Allen KollegInnen geht es an den Lohn und an die Arbeitszeit. Die Ankündigungen des Telekom-Vorstands sind eine Kriegserklärung an alle Beschäftigten. Aber Belegschaften sind nicht machtlos. Auch bei der Telekom gilt: Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will. Mit einem gemeinsamen Streik, der an die Profite geht, können Obermann und Co. in die Knie gezwungen werden.
 

von Ursel Beck, Stuttgart

Bei den von der Telekom geplanten Ausgründungen geht es nicht um die Verbesserung des Kundenservice und nicht um Qualitätsverbesserungen. Es geht um eine Absenkung der Löhne um 30 bis 50 Prozent, um Flexibilisierung, Arbeitszeitverlängerung, um noch perfidere Methoden, die Beschäftigten fertig zu machen. Es geht darum, dass sich bei der Telekom das wiederholen kann, was die Beschäftigten bei BenQ hinter sich und deshalb Hartz IV vor sich haben.

Gemeineigentum

Wenn der Telekom-Vorstand sagt, der Konkurrenzkampf zwinge sie zum weiteren Stellenabbau und zur weiteren Senkung der Personalkosten, dann spricht das nicht für Arbeitsplatzvernichtung und Lohnsenkung, sondern gegen das Konkurrenzsystem. Wenn das Privateigentum an Produktionsmitteln dazu führt, dass uns die Existenzgrundlage geraubt wird, dann muss das Privateigentum in Gemeineigentum überführt werden. Dann müssen endlich diejenigen bestimmen, die den gesamten gesellschaftlichen Reichtum produzieren. Die Diktatur der Banken und Konzerne muss abgeschafft und durch eine echte Demokratie in Wirtschaft und Gesellschaft ersetzt werden.

Gemeinsam streiken

Die von ver.di-Funktionären ausgesprochene Streikdrohung muss schnellstens wahrgemacht werden. Streikziel muss sein, Ausgründungen, Verkauf, Arbeitsplatzvernichtung und Arbeitszeitverlängerung zu stoppen. Die ver.di-Führung darf sich nicht wie beim Verkauf von Vivento Customer Services (VCS) an die Walter-Telemedien-Gruppe von vorne herein auf Verhandlungen einlassen, die abgesenkte Tarifverträge zur Grundlage haben. Ein Streik bei der Telekom sollte begleitet werden von einer politischen Kampagne gegen die Abzocke bei der Telekom, gegen den Konkurrenzkampf im Telekombereich zu Lasten der Beschäftigten und der Masse der Nutzer. Die Angriffe auf die Postbeschäftigten, die Tarifrunde im Einzelhandel, der Widerstand gegen Abgruppierungen in den Metallbetrieben und die kommende Tarifrunde der IG Metall könnten genutzt werden, um einen betriebs- und branchenübergreifenden Streik gegen Stellenstreichungen, Lohnraub und Privatisierung zu führen.

Die Beschäftigten könnten dadurch verloren gegangenes Vertrauen in die eigene Stärke zurückgewinnen. Die Gewerkschaften könnten endlich aus ihrer Defensive herauskommen.

Die WASG sollte den Angriff auf die Telekom-Beschäftigten zum Anlass für eine politische Kampagne zur Rückverstaatlichung der Telekom nutzen. Oskar Lafontaine und die Fraktion der Linken sollten im Bundestag eine Debatte über die Bilanz der Privatisierung einfordern, sich mit dem Kampf der Telekom-KollegInnen solidarisch erklären und einen Antrag stellen, wonach der Bund keine weiteren Telekom-Aktien mehr verkauft und die ehemaligen Postbetriebe wieder verstaatlicht werden.

ver.di braucht Opposition

Nach allen Erfahrungen in den letzten Jahren bei der Telekom und mit ver.di insgesamt können sich die Beschäftigten in der anstehenden Auseinandersetzung nicht auf die ver.di-Spitze verlassen. Bsirske, Schröder und Co. akzeptieren das Profitsystem und den Konkurrenzkampf. Statt die Solidarität unter den Beschäftigten der verschiedenen Telekom-Gesellschaften zu organisieren, übernehmen sie die Argumente der Arbeitgeber. Wegen der Verzichtspolitik von ver.di schlittern die Telekom-Beschäftigten von einer Niederlage in die nächste.

Um die Fortsetzung dessen im Kampf gegen die Zerschlagung der Telekom zu verhindern, müssen sich kämpferische KollegInnen zusammenschließen, der Politik der ver.di-Führung Paroli bieten, Kampfvorschläge entwickeln und sich damit entschlossen in die Gremien und Belegschaften einbringen. An Standorten, in denen ver.di-Betriebsgruppen sich als unfähig oder nicht willens erweisen, den Kampf zu organisieren, könnten ver.di-unabhängige Aktionskomitees gebildet werden. Kritische und kämpferische KollegInnen sollten sich bundesweit vernetzen. Das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di und die Telekom-Betriebszeitung Magentat sind dafür Ansätze, die weiterentwickelt werden sollten.

Ursel Beck ist gewerkschaftspolitische Sprecherin der SAV

Profite der Telekom: 2004: 4,6 Milliarden Euro >> 2005: 5,6 Milliarden Euro