Kommentar von Lucy Redler
Tag für Tag lesen wir in der Zeitung, wie sich von der Leyen für mehr Kinderbetreuungsplätze einsetzt und dass erzkonservative Männer Sturm laufen. Der Augsburger Bischof Mixa sagte vor kurzem, „Leyen degradiert Frauen zu Gebärmaschinen“, und greift damit einen alten Kampfbegriff der Frauenbewegung der siebziger Jahre für Selbstbestimmung über ihren Körper und das Recht auf Abtreibung auf und wendet ihn ins Gegenteil.
Von der Leyens Pläne „seien schädlich für Kinder und Familien und einseitig auf eine aktive Förderung der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kleinkindern konzentriert“. Mixa unternimmt – wie schon so viele vor ihm – den Versuch, Kindertagesstätten als Institutionen darzustellen, in die karrieregeile Frauen ihre Kinder abschieben. Er propagiert ein uraltes Frauenbild, nachdem Frauen für Kinder und Küche zuständig sind, während der Mann das Geld ranschafft. Nur im Hort der Familie und der Liebe der Mutter könnten Kinder gut aufwachsen.
Auch Brandenburgs Innenminister Schönbohm sieht das Familienbild der CDU bedroht: „Es gibt Entwicklungen, die mir Sorge bereiten. Es ist nicht nur das Familienbild. Eine andere Frage ist das Verhältnis zu Heimat, Vaterland und Nation.“
Hat Ursula von der Leyen diese Angriffe verdient? Betreibt sie tatsächlich eine „Sozialdemokratisierung der CDU“, wie manche Parteikollegen ihr vorwerfen?
Das Programm von Ursula von der Leyen ist alles andere als radikal. Sie will, dass 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren bis zum Jahr 2013 Betreuungsangebote erhalten. Die Betreuungsplätze sollen dadurch verdreifacht werden. Selbst wenn es soweit kommen würde (wir erinnern uns an den Anspruch der rot-grünen Bundesregierung, für jedes Kind ab drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu schaffen), würde das bedeuten, dass zwei Drittel aller Eltern leer ausgehen würden. Aber, dass dieser Plan umgesetzt wird, angesichts der Ausrichtung der Politiker zu bezweifeln.
Und dass Frau von der Leyen keinesfalls eine sozial gerechte Politik in der CDU verankern will, zeigte sich bereits am Beispiel Elterngeld. Die Einführung des Elterngeldes wird dazu führen, dass reiche Eltern besser gestellt werden als arme Eltern.
Alles in allem geht es in der Debatte weniger um die Rechte von Frauen, sondern viel mehr um unterschiedliche Strategien der CDU, ihr Profil in der Großen Koalition zu schärfen. Während der eine Flügel auf eine stärkere Konzentration auf konservative Werte setzt, hofft ein anderer Flügel um von der Leyen und Friedbert Pflüger auf die Erschließung neuer Wählerschichten und will der CDU ein „modernes“ Image verpassen. Hinzu kommt, dass sie die Konsequenzen ihrer Sozialpolitik fürchten – ohne dass jedoch eine Kehrtwende von ihnen zu erwarten ist.
Am 8. März demonstrieren Frauen weltweit für ihre Rechte. Der Kampf um die Gleichstellung geht auf eine Demonstration New Yorker Textilarbeiterinnen im Jahr 1857 zurück, die brutal niedergeschlagen wurde. Auch in Deutschland ist der Kampf um gleiche Rechte nicht beendet. Der Kapitalismus produziert die Ungleichheit und Spaltungslinien zwischen Männern und Frauen Tag für Tag aufs Neue. Frauen sind nicht nur materiell schlechter gestellt durch einen niedrigeren Lohn und schlechtere Arbeitsbedingungen. Sie sind zunehmend einem an keinen Grenzen halt machendem Sexismus ausgesetzt. Höchste Zeit sich zu wehren und gemeinsam aufzustehen.