Acht Millionen Beschäftigte stehen im März und April im Tarifkampf
Letztes Jahr sind die Einkommen der abhängig Beschäftigten in Deutschland real gesunken. Mit Mehrwertsteuererhöhung, steigenden Krankenkassenbeiträgen und weiter steigenden Preisen droht auch dieses Jahr ein Minus in der Haushaltskasse. Genug Gründe, dieses Jahr in der Tarifrunde ein ordentliches Plus beim Einkommen zu erkämpfen.
von Holger Dröge, Berlin
Das Geld dafür ist vorhanden: Ein Unternehmen nach dem anderen verkündet Rekordgewinne. Die Allianz erwirtschaftete sieben Milliarden Euro, rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Aber auch die Deutsche Post (1,9 Milliarden Euro), BASF (3,2 Milliarden Euro), oder Continental (eine Milliarde Euro) kassierten prächtig. Auch mittelständische Unternehmen wie der Brillenhersteller Fielmann (71 Millionen Euro) verdienten viel Geld.
Vom Aufschwung profitieren vor allem Vermögensbesitzer und Unternehmer. Ihre Einkommen wuchsen 2006 gegenüber dem Vorjahr um 7,3 Prozent. Die ArbeitnehmerInnen hingegen verloren: Der Anstieg ihrer Einkommen lag mit 1,4 Prozent unter der Inflationsrate von 1,7 Prozent. Der Anteil der Bruttolöhne am Volkseinkommen ist seit 2000 von 72,2 auf 66,2 Prozent gesunken.
Bescheidene Forderungen
Angesichts dieser Entwicklungen sind die Forderungen der Gewerkschaften bescheiden: Die IG Metall fordert 6,5 Prozent, die IG Bau 5,5 Prozent Lohnerhöhung. Für den Einzelhandel geht ver.di zum Beispiel in Rheinland-Pfalz mit der Forderung von 100 Euro Festgeld für alle und einer Erhöhung der untersten Tarifgruppe auf 1.500 Euro in die Tarifrunde. Der NGG-Hauptvorstand empfiehlt Forderungen von vier bis 5,5 Prozent. Bei Lufthansa hat ver.di bereits bei 3,4 Prozent, die IG BCE für die Beschäftigten der feinkeramischen Industrie bei 3,5 Prozent abgeschlossen.
Möglichkeiten
Dabei gibt es dieses Jahr wieder die Möglichkeit, gemeinsam für Lohnerhöhungen zu kämpfen: Im April und März laufen Tarifverträge für insgesamt 7,4 Millionen Beschäftigte in Deutschland aus. Die IG BCE verhandelt bereits für 550.000 Beschäftigte in der chemischen Industrie. Damit stehen acht Millionen Beschäftigte gleichzeitig in Tarifauseinandersetzungen.
Warum sollte jede Branche sich allein gegen die Forderungen der Arbeitgeber zu Wehr setzen? Mit gemeinsamen Warnstreiks und Demonstrationen aller betroffenen Bereiche nach Ablaufen der Friedenspflicht (in den meisten Bereichen Ende April) könnte der Druck auf die Arbeitgeber verstärkt werden. Das hilft auch Belegschaften in kleineren Bereichen wie der Textilindustrie in Ostdeutschland (etwa 14.000 Beschäftigte). Über einen gemeinsamen Kampf kann für alle ein besserer Abschluss heraus geholt werden.