Holger Burner und die Kunst Gesellschaftskritik und gute Musik zu verbinden
Wer wie Holger Burner einerseits guten Rap machen und andererseits klassenkämpferische Inhalte rüberbringen will – begibt sich in ein unliebsames Umfeld.
von Anne Engelhardt, Berlin
Denn oft hat man es dabei im Mainstream der Musikszene mit Texten voll von abgeflachten, plakativen Parolen oder verschachtelter Poesie, die am Ende gar nichts mehr aussagt, zu tun.
Doch David Schultz, Mitglied der SAV in Hamburg, alias Holger Burner ist es mit seinem Debut „Cypherpropaganda“ gelungen genau diese Problematik zu meistern, die Stimmung auf der Straße gegen Hartz IV, die Beschimpfung Jugendlicher als Schmarotzer und Gammler, die widersprüchliche und hetzerische Propaganda der Medien in seiner Musik aufzugreifen und zu verarbeiten.
Holger Burner ist Ausdruck einer kraftvollen, antikapitalistischen und kämpferischen Kultur, die sich dem inhaltsleeren und oberflächlichen Mainstream a la „Popstars“ , „Deutschland sucht den Superstar“ und „Germanys next Topmodels“ – egal ob auf Demos oder Konzerten – entgegenstellt.
„Mir gefällt das, was rausgekommen ist, obwohl ich mittlerweile manche Sachen besser rappen könnte oder anders schreiben würde“, erzählt er seinen Fans auf seiner Webseite. Die Fangemeinde um den Rapper erstreckt sich schon bis weit über Hamburg hinaus. Nicht zuletzt auch die Begeisterung tausender Schüler beim Schülerstreik in Berlin, wo er – wie bei vielen anderen bundesweiten Demos und Protestaktionen auftrat – können das bezeugen.
Liveszenen von dem Auftritt beim Schülerprotest, der sich gegen die eingeschränkte Lehrmittelfreiheit, Studiengebühren und Perspektivlosigkeit richtete, werden auch am Ende von Holger Burners Video „Unser Standard“ eingeblendet.
Die Szenen im Clip zeigen, dass es damals wie heute nötig ist sich gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Armut zu Wehr zur setzen. Sie skizzieren die Geschichte eines Lohnabhängigen, der nach der Arbeit seinem Boss begegnet und abends in der Kneipe seinen Freunden seine Wut über die bestehenden Verhältnisse vermittelt. Die Story spielt zuerst vor ca. 100 Jahren und wird filmtechnisch in Old-School-Farben und Hintergrund (Drechslerbank, Kleidung, Oldtimer vom Boss ) umgesetzt.
Im zweiten Teil des Liedes wiederholt sie sich im Hier und Heute mit genau dem gleichen Ablauf und genau den gleichen Protagonisten.
In „Unser Standard“ nimmt Holger Burner die bürgerliche Medienpropaga auseinander und entlarvt die verlogene Politk von rot-schwarz-grün-gelb („Macht die Arbeitsagentur zu ner Sklavenzentrale, Siemens und Daimler scheffeln weiterhin Abermilliarden“).
Sein Video beschreibt die Angst der Kapitalisten und Bosse, den unterdrückten Massen alleine gegenüberzustehen, der sie sich durch Überwachung, Polizei und bürgerlicher Medienpropaganda entledigen wollen und doch nicht können. Damit ruft er er unser Selbstbewusstsein und das von vielen Jugendlichen und Lohnabhängigen wach, dass der Umsturz dieser Gesellschaftsordnung aus Überwachung, Kontrolle und Manipulation möglich und nötig ist.
Die Liveszenen aus dem Schülerstreik am Ende des Clips zeigen, wie es funktioniert.
Holger Burner beweist mit diesem Video und seinem Debut-Album einmal mehr, dass gute Musik und der Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse sich nicht ausschließen müssen.