Der Protest gegen Studiengebühren muss weitergehen
In vielen Bundesländern müssen die Studierenden ab dem nächsten Semester Studiengebühren zahlen; in der Regel 500 Euro. Nach den Streiks, Demonstrationen und Besetzungen im letzten Semester läuft nun an vielen Unis (darunter fast alle Hochschulen in Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in Oldenburg, Bochum, Siegen…) ein Gebührenboykott-Versuch über ein Treuhandkonto.
von Tinette Schnatterer, Stuttgart
Tatsächlich ist entscheidend, dass der Kampf gegen Studiengebühren weitergeführt wird. Einige Hochschulrektoren haben bereits verlauten lassen, was sie mit den Gebühren zu tun gedenken. Von wegen Verbesserung der Lehre: Die Unis in Freiburg und Ulm denken darüber nach, sie zur Deckung von Heizkosten zu verwenden, die Uni Passau gar zur Renovierung einer Tiefgarage.
Interessanterweise hat die Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft Ende Januar ebenfalls zu Protesten aufgerufen und einen Boykott der Studiengebühren angekündigt. In Österreich wurden 2001 Gebühren beschlossen, was dazu führte, dass die Zahl der Studierenden um 20 Prozent abnahm.
Gebührenboykott?
Die Bedingungen für einen Boykott sind allerdings alles andere als günstig. Zum Beispiel müssen viele Studierende mit wenig Geld einen Kredit aufnehmen, um die Gebühren zahlen zu können – einige dieser Banken zahlen die Gebühren jedoch direkt an die Unikassen. Zudem gab es im letzten Semester Probleme, die Aktionen zu steigern und mehr KommilitonInnen zu mobilisieren. Darum ist nicht davon auszugehen, dass das nötige Boykottquorum an vielen Unis erreicht wird.
Wichtig ist in jedem Fall, mehr KommilitonInnen in Proteste einzubeziehen und einen möglichst guten Grundstock für kommende Bewegungen zu schaffen. Einige Aktionen in diese Richtung hat es bereits gegeben. So haben in Ulm 1.200 Studierende symbolisch unsere Studiengebühren verheizt. Am 26. Januar demonstrierten in Karlsruhe, trotz Schneechaos, 3.000 Studierende aus verschiedenen Bundesländern.
Gemeinsamer Streik- und Aktionstag
Auf allen Demonstrationen der letzten Monate wurden Frankreich-Fahnen getragen, um an den erfolgreichen Kampf gegen eine weitere Demontage des Kündigungsschutzes in Frankreich zu erinnern. Dort war es gelungen, einen gemeinsamen Protest von Studierenden und Beschäftigten auf die Beine zu stellen.
Aus diesem Grund hat sich der AK Bildung der Uni Stuttgart mit einem offenen Brief an die Gewerkschaften und Beschäftigten gewandt und diese zu einem gemeinsamem Protesttag am 30. Januar aufgefordert. Darin heißt es: „Im letzten Jahr haben die Proteste gegen das CPE in Frankreich gezeigt, wie viel Studierende und Beschäftigte gemeinsam erreichen können. Das hatte internationale Auswirkungen und ist in Griechenland und sogar in Chile nachgeahmt worden. Soll das ausgerechnet im benachbarten Deutschland ohne Folgen sein?“ Leider antwortete der Stuttgarter DGB-Vorsitzende Brach darauf: „Demonstrationen sind zur Zeit nicht geplant.“
Der Cannstatter Aktionskreis für soziale Gerechtigkeit, der bereits am 14. Dezember eine Protestaktion im Stadtteil mit 300 Leuten gegen die Rente mit 67 organisiert hatte, sah das anders. In einem Flugblatt für die Proteste am 30. Januar griff er die Idee auf und schlug vor, dass im Februar an einem Nachmittag in allen Betrieben die Arbeit niedergelegt wird und eine gemeinsame Aktion in der Stuttgarter Innenstadt stattfindet – zu der auch Studierende, SchülerInnen, RentnerInnen, und Erwerbslose aufgerufen werden. Ein Ansatz, der auch anderswo verfolgt werden sollte, um bundesweit Frankreich nacheifern zu können.