Die Vorschläge der "Wirtschaftsweisen"

Weitere Kürzungen bei Hartz IV werden vorbereitet
 

Es ist noch nicht lange her, als der Armutsbericht der Bundesregierung eine drastische Zunahme der Armut (insbesondere von Kindern) in Deutschland offenlegte. Der Zusammenhang mit der Einführung von Hartz IV, auch wenn er von den verantwortlichen Politikern bestritten wird, ist ganz offensichtlich. Mit einem der Vorgängergesetze, Hartz II, welches die 400-Euro-Jobs schuf, wurden in zahlreichen Branchen reguläre Beschäftigungsverhältnisse durch Mini-Jobs verdrängt.

von Marcus Hesse, Aachen

Die Große Koalition reagiert auf das offensichtliche Scheitern ihrer Politik mit Verschärfungen von Hartz IV und will die ohnehin schon unzumutbaren Zustände verschlimmern, während gleichzeitig die Hetze gegen Erwerbslose immer widerwärtigere Ausmaße erreicht.

Druck auf Erwerbslose

Der jüngste Vorschlag der so genannten „Wirtschaftsweisen“, das ALG II zu kürzen, deutet darauf hin, dass wieder eine neue Runde von Angriffen auf Erwerbslose bevorsteht. Der „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, oder auch „Rat der Wirtschaftsweisen“ genannt, ist eine Kommission von Wirtschaftsprofessoren, deren Mitglieder von der Bundesregierung vorgeschlagen werden, und die, ähnlich wie zum Beispiel das ifo-Institut, unter einem wissenschaftlichen Deckmantel neoliberale Angriffe vorbereiten.

In einem der Bundesregierung vorgelegten Gutachten, welches vier der fünf „Weisen“ unterstützen, fordern diese „Weisen“ eine Senkung des ALG II um satte 30 Prozent sowie die Halbierung des Höchsteinkommens bei Minijobs von 400 auf 200 Euro. Ein auch nur halbwegs würdiges Leben ist so nicht mehr möglich. Die SPD versucht sich indessen im Profilierungsstreit innerhalb der kriselnden Großen Koalition ein sozialeres Gesicht zu geben und lehnt diesen Vorstoß (zumindest verbal) „scharf“ ab.

Zielsetzung Billigjobs

Während das ALG II herabgedrückt werden soll, verfolgt dieser neueste Vorstoß gleichzeitig das Ziel, erwerbslos gewordenen in den Billiglohnsektor hinein zu drängen. Durch Kürzungen soll Hartz-IV-Betroffenen das Leben von staatlichen Leistungen unmöglich gemacht werden. Münteferings Aussage „wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ soll anscheinend umgesetzt werden.

Das Gutachten beinhaltet die Forderung nach einem Kombilohnmodell, welches vorsieht, dass Hinzuverdienste von bis zu 200 Euro aufs ALG II angerechnet werden können. Von jedem darüber hinaus erarbeiteten Euro sollen Erwerbslose dann statt bisher 20 Cent 50 Cent erhalten. Das wird von den Machern des Gutachtens als „Verbesserung“ verkauft. Das wirkliche Ziel, die Schaffung einer riesigen „Armee“ von Billig-JobberInnen, wird jedoch sehr schnell deutlich.

Das Gutachten der „Wirtschaftsweisen“ geht davon aus, dass mit den von ihnen geforderten Maßnahmen 350.000 neue Stellen im Niedriglohnsektor geschaffen werden können. Die Unternehmerverbände jubeln und freuen sich über die ihnen so vielleicht bald schon zur Verfügung gestellten neuen BilliglöhnerInnen

Und auch die Aussagen führender SPD-Vertreter zum Thema Billiglohn machen deutlich, dass diese Partei nicht über Nacht ihr „soziales Gewissen“ entdeckt hat. Der das Gutachten ablehnende “Wirtschaftsweise“ Brandner, ein Parteifreund Münteferings, sagt: „Es fehlt nicht an Bereitschaft zur Arbeit, sondern an Arbeitplätzen im Niedriglohnsektor.“