BSH-Belegschaft vor Rotem Rathaus

Mit einem Autokorso und einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus verliehen 300 bis 400 Beschäftigte des Bosch-Siemens-Hausgerätewerks ihrem Widerstand gegen die drohende Werksschließung Ausdruck.
  
 

Empfangen wurden sie dort auch von einer Gruppe WASG-Mitgliedern, darunter Spitzenkandidatin Lucy Redler, die mit Transparenten und Schildern ihre Solidarität bekundeten. Aktivisten des in der letzten Woche gegründeten Solidaritätskomitees verteilten ein Flugblatt, in dem zu schnellen entschlossenen Aktionen und zu einer Besetzung des Betriebs aufgefordert wurde.

von Sascha Stanicic, Berlin

Am Vortag hatten IG Metall und Geschäftsleitung eine ungewöhnliche Übereinkunft getroffen. Per einvernehmlichem 14-tägigem Moratorium setzt die Geschäftsleitung das angestrebte Verfahren zur Schließung des Werks aus, während die Gewerkschaft im Gegenzug keine Kampfmaßnahmen einleiten wird.

Nach Aussage des IG Metall Bezirksleiters Olivier Höbel habe man sich dazu entschlossen, weil „kein Weg zu weit“ sein dürfe, um für den Erhalt des Werkes zu kämpfen. Wie jedoch die Belegschaft durch Zurückhaltung und Abwarten ihre Kampfsituation verbessern soll, erklärte er nicht. Da drängt sich doch eher der Eindruck auf, dass das Moratorium ein Geschenk an den ebenfalls bei der Kundgebung anwesenden Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit ist, der so um einen Arbeitskampf in der heißen Wahlkampfphase herum kommt. Entsprechend freudig sagte er zu den Kollegen: „Streiken könnt Ihr ja immer noch!

Doch es ist zu befürchten, dass die Uhr gegen die Kolleginnen und Kollegen tickt.

Immerhin wies der Betriebsratsvorsitzende Gümgör Demirci darauf hin, dass das Moratorium für die Gewerkschaft und damit für offizielle Kampfmaßnahmen gilt, die Belegschaft aber nicht von Aktionen abhalten werde. Er kündigte einen Marsch auf die Konzernzentrale in München an und bekräftigte unter starkem Applaus der Belegschaft, dass der Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze geführt werde.

Dies passt zwar nicht ganz zu den weitgehenden Zugeständnisse, die die IG Metall schon angeboten hat und die sowohl eine Reduzierung des Belegschaft als auch Lohnverzicht für die im Werk verbleibenden Kolleginnen und Kollegen vorsehen. Aber immerhin artikuliert er so die Forderung vieler Gewerkschafter, keinen weiteren Arbeitsplatzabbau hinnehmen zu wollen.

Entscheidend wird aber die Frage sein, was IG Metall und Betriebsrat für praktische Schritte für einen nötigen Kampf um die Arbeitsplätze ergreifen werden. Immer wieder solche Schritte anzukündigen und sich dann immer wieder auf weitere Verhandlungen und ein Moratorium einzulassen, birgt die Gefahr, die Kolleginnen und Kollegen zu demotivieren und ihr Selbstbewusstsein zu untergraben.

Demonstrationen wie diese hat es im letzten Jahr in Berlin viele gegeben. Die Arbeiter von JVC, Samsung und CNH standen vor dem Roten Rathaus und holten sich die warmen, aber leeren, Worte von Wowereit oder von Senatoren ab. Die Kapitalisten können solche symbolischen Proteste relativ einfach aussitzen. Deshalb darf die heutige Demo nur ein Zwischenschritt zu schnellen Kampfmaßnahmen sein.

Da die Geschäftsleitung sich auf die Auseinandersetzung gut vorbereitet hat und die Lager mit Waschmaschinen vollstehen, wird nur eine Betriebsbesetzung – durch die die Belegschaft die Kontrolle auch über den Abtransport von Produkten und Maschinen erlangt – ein effektives Kampfmittel sein. Darauf sollten sich IG Metall und Belegschaft in den nächsten 14 Tagen vorbereiten.