Vor 60 Jahren begann der Spanische Bürgerkrieg
Am 17. Juli 1936 um 22 Uhr erhält Benjamin Balboa, Unteroffizier der spanischen Kriegsmarine, den Aufruf zum faschistischen Aufstand. Er soll den Text Francos an sämtliche Kommandanten des Heeres und der Marine weiterleiten. Anstatt das zu tun, setzt sich Balboa um 1 Uhr Nachts mit den spanischen Kriegsschiffen im Mittelmeer in Verbindung. Er fordert die Matrosen auf, unverzüglich die Offiziere zu überwältigen und sich der Schiffe zu bemächtigen. Und tatsächlich übernehmen die Matrosen die meisten Schiffe der spanischen Flotte. Der Anführer des faschistischen Aufstandes, General Franco, kann deshalb nicht mehr ungehindert mit seinen Truppen von Marokko auf das spanische Festland übersetzen. Der offene Kampf der ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern gegen den Faschismus war damit entflammt. Der eigentliche Startschuss zum Krieg zwischen Fortschritt und Reaktion war aber bereits viel früher gefallen.
von Albert Kropf
Am Beginn des 20. Jahrhunderts war Spanien noch eine industriell unterentwickelte Nation. Trotz der Rückständigkeit entwickelte sich eine starke Arbeiterbewegung, die sich in eine anarchistische und eine sozialistische Strömung teilte. Die AnarchistInnen riefen zum Wahlboykott auf und lehnten es ab, sich in Form einer Partei zu organisieren. Ihre Stärke war ihre große Verankerung in den regionalen Basisgewerkschaften. So entwickelte sich eine spezifische Gewerkschaftsbewegung, der "Anarcho-Syndikalismus". Die Eckpfeiler dieser Mixtur aus der anarchistischen Theorie und dem französischen Gewerkschaftssyndikalismus sind: Wahlboykott, Kampf für den Sturz des Staates (jedoch nicht für laufende Reformen), sowie die unantastbare Unabhängigkeit und Neutralität der Gewerkschaften von Parteien.
Im Gegensatz zu den AnarchistInnen beteiligte sich die Sozialistische Partei – PSOE – an den Wahlen. In Spanien stand Wahlbetrug auf der Tagesordnung. Das nützte natürlich den AnarchistInnen in ihrer Argumentation für einen Wahlboykott. Noch immer gab es keine überregionalen Gewerkschaften. Darum gründete die PSOE gegen Ende des 19. Jahrhunderts den sozialistischen Gewerkschaftsdachverband UGT. Mit dem Metallarbeiterstreik in Bilbao erlangte die UGT ein festes Standbein im Baskenland. Nach der großen Streikwelle von 1917 und 1918 hatte die UGT schließlich 200.000 Mitglieder. Bald darauf wurde von den katalanischen AnarchistInnen die CNT gegründet. In der CNT verbanden sich die einzelnen regionalen anarchistischen Gewerkschaften zu einem nationalen Verband.
Nach der erfolgreichen Revolution in Russland und der Gründung der III. Internationale, stellte sich auch für die spanischen Organisationen die Frage, der III. Internationale bzw. der "Roten Gewerkschaftsinternationale" (RGI) beizutreten. Auf dem dritten außerordentlichen Parteitag der PSOE wurde nur mit knapper Mehrheit ein Beitritt abgelehnt. Die Befürworter gründeten die Kommunistische Partei Spaniens, PCE, und nahmen fast die Hälfte der Funktionäre mit. Bald sollte die Kommunistische Partei Verstärkung aus den Reihen der CNT bekommen. Die CNT entschied sich vorerst für einen Beitritt zur RGI. Aber nach den Ereignissen von Kronstadt zog sie ihre Entscheidung zurück und trat der RGI nicht bei. Nur ein kleiner Teil, darunter befanden sich auch Andres Nin und Joaquin Maurin, trat daraufhin in die neu gegründete PCE über. Von einer Massenpartei war die PCE noch weit entfernt.
Der Putsch des Generals Primo de Rivera und die 2. Republik
Aus Angst, die Kontrolle über das Land zu verlieren, unterstützten die Bürgerlichen 1923 einen Putsch des Generals Primo de Rivera. Das Parlament wurde aufgelöst und Rivera regierte mit der Unterstützung des Königs. Die Arbeiterorganisationen wurden verboten und ihre Mitglieder verfolgt. Die UGT "tolerierte" den Putsch und entzog sich so der Verfolgung während die AnarchistInnen und KommunistInnen im Untergrund arbeiteten. 1930 hatte Primo de Rivera ausgedient – seine Diktatur war nicht mehr haltbar. Nach den Wahlen musste auch der König seinen Hut nehmen und abdanken. Am 14. April 1931, nach einem überwältigenden Wahlsieg der republikanischen Parteien, wurde die Republik ausgerufen. Es kam zu einer Koalition zwischen den Liberalen und der Sozialdemokratie. Aber die Bürgerlichen besetzten die wichtigsten Ämter; so wurde Zamora Präsident der Republik.
Zu diesem Zeitpunkt war die III. Internationale bereits von Stalin ihrer revolutionären Funktion beraubt. 1931 verbreitete Moskau die Theorie des "Sozialfaschismus". Kurz gefasst besagt diese, dass auch die Sozialdemokraten Faschisten sind. Daher sind die Sozialdemokraten Feinde der ArbeiterInnen und jedes Bündnis mit der Sozialdemokratie ist abzulehnen. Aus diesem Grund wurde in Spanien ganz im Sinne der Moskauer Bürokratie die neue Regierung als eine "faschistische" bezeichnet. Interessant ist dabei nur, dass sowohl die Sozialdemokratie wie auch die bürgerlichen Republikaner fünf Jahre später zu den engsten Verbündeten von Stalins Lakaien im Kampf gegen die revolutionären ArbeiterInnen wurden. Inzwischen war aber eine Gruppe aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Es waren dies die Anhänger der "Linken Opposition". Sie verteidigten das Erbe der Bolschewiki gegen Stalins Politik. Unter den Ausgeschlossenen befand sich auch Andres Nin, ein Mitbegründer der Kommunistischen Partei und langjähriger Sekretär der Roten Gewerkschaftsinternationale.
Aber auch Juan Andrade, einer der wichtigsten Jugendfunktionäre Spaniens wurde aus den Reihen der Kommunistischen Partei verbannt. Sie gründeten daraufhin die „Izquierda Comunista“ (Kommunistische Linke) in Spanien.
Die Revolution geht weiter
Die ArbeiterInnen hatten sich nach dem Ende der Diktatur mehr von der Republik erwartet. Die verlangten Land- und Sozialreformen blieben fast gänzlich aus. Die Monarchie als Staatsform wich zugunsten der Republik, ohne dass die bestehende Gesellschaftsordnung angetastet worden wäre. Das war der "Erfolg" der Republik. Rund zwei Millionen LandarbeiterInnen blieben weiterhin besitzlos während sich zirka 50.000 Großgrundbesitzer den Boden Spaniens untereinander aufteilten. Kaum Veränderungen brachte die Republik für die Bevölkerung der Kolonie Marokko. Für sie gab es nach wie vor keinerlei demokratische Rechte, sie wurde weiterhin mit der gleichen grausamen Härte der Fremdenlegion unterjocht.
Noch im April verkündete der neue Präsident Alcala Zamora, selbst ein Großgrundbesitzer, die Republik als Folge einer "friedlichen Revolution". Bereits im August trieb die Regierung tausende streikende ArbeiterInnen unter Artilleriebeschuss zurück an ihre Arbeitsplätze. Für wen die Republik stand und für wen nicht, zeigte sich somit früher als gedacht. Im Mai 1931 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Monarchisten und ArbeiterInnen in Madrid. Im Juli und August legte eine Streikwelle einen Teil des Landes lahm. Der Generalstreik in Sevilla wurde gewaltsam durch Regierungstruppen niedergeschlagen. Aus den Wahlen im Juni ging die PSOE als stärkste Partei hervor. Trotzdem wurde wieder ein Bürgerlicher, Manuel Azana, Ministerpräsident. 1932 spitzte sich die Lage weiter zu: Streiks und Aufstände, die in Katalonien bis zur Unabhängigkeitserklärung gingen.
Innerhalb der Armee sammelten sich die konservativen Kräfte. Die Mehrheit der Offiziere und Armeeführung waren Monarchisten. Sie stammten oft aus den Familien der Großgrundbesitzer und gehörten zur privilegierten Oberschicht. Als Reaktion erhob sich ein Teil der Armee unter General Sanjuro gegen die Republik im August 1932. Der Putsch misslang. Innerhalb der Kommunistischen Partei löste dieser Putschversuch aber einen heftigen Streit aus.
Politisches Zick-Zack in Moskau
Ein Teil der PCE hatte zur Verteidigung der bürgerlichen Republik aufgerufen. Das entsprach aber damals noch nicht der offiziellen Linie Moskaus, die ohnehin alles außer der PCE selbst als faschistisch bezeichnete. Erst drei Jahre später auf dem VII. Kongress der III. Internationale kam die Kehrtwendung Stalins, die die PCE dann rechts von der Sozialdemokratie positionierte – zur Volksfront. Alles außer den Faschisten selbst wurde dann plötzlich zum "antifaschistischen" Bündnispartner. Die Direktiven, welche die Kommunistische Partei aus Moskau erhielt, waren eindeutig: Die Gruppe, die zur Verteidigung der Republik aufrief, hatte sich des Opportunismus schuldig gemacht. Auf dem Parteitag 1932 wurden sie aus der Partei ausgeschlossen. Die meisten Ausgeschlossenen waren hohe Funktionäre, darunter Jose Bullejos, Generalsekretär der Partei. Nun war es die Gruppe um Jose Bullejos, die noch ein paar Jahre zuvor am heftigsten gegen die Linke Opposition gekämpft und ihre Ausschlüsse gefordert hatte . Zum Zeitpunkt des Putschversuchs durch das konservative Militär wurden die bürgerlichen Republikaner noch alle als "Faschisten" bezeichnet. Ein paar Jahre später präsentierte sie die Moskauer Bürokratie als die Verbündeten der ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern. 1932 führte die Unterstützung der Republik noch zum Ausschluss hoher Parteifunktionäre. 1935, nach der 180 Grad Wendung zur bedingungslosen Unterstützung der bürgerlichen Republik, war keine Kritik am neuen Kurs Moskaus mehr zu hören.
Der Aufstand vom Oktober 1934
Die Wahlen im April 1933 brachten große Gewinne für die rechten Parteien. Alejandro Lerroux, Führer der rechten "Radikalen Partei", löste Azana als Ministerpräsidenten im September ab. Die AnarchistInnen hatten wieder ihre Parole von der Wahlenthaltung ausgegeben und die zahlenmäßig große Mitgliedschaft der CNT ging nicht zur Wahl. Das Resultat dieser Politik lies nicht lange auf sie warten: Kaum im Amt, begann Lerroux bereits Reformen zu widerrufen. Im Oktober 1934 bildete Lerroux gemeinsam mit den Mitgliedern der offen rechtsextremen Partei CEDA von Gil Robles eine neue Regierung. Die Rechte ging in die Offensive.
Die spanischen ArbeiterInnen und ihre Organisationen waren fest entschlossen, dieser Gefahr auch mit Waffengewalt entgegenzutreten. Eine Niederlage wie in Italien, Deutschland oder Österreich sollte auf jeden Fall verhindert werden. Die Aufnahme der CEDA in die Regierung wurde von vielen als Anzeichen einer kommenden faschistischen Diktatur gesehen. Um diese Regierung zu stürzten, riefen die großen Gewerkschaften in der Provinz Asturien zu einem Aufstand auf. Am 4. Oktober begann der Aufstand und es bildete sich die sogenannte "Asturische Kommune". Die Fabriken und die Felder wurden enteignet und gemeinschaftlich geführt und bestellt. Zur Verwaltung wurden Komitees gewählt und alles stand unter dem Zeichen "Unios Hermanos Proletarios!", was soviel heißt wie: Vereinigt Euch proletarische Brüder! Geleitet wurde der Aufstand hauptsächlich von den Gewerkschaften, den Sozialdemokraten und den AnarchistInnen. Die KommunistInnen unterstützten den Aufstand erst in letzter Sekunde. Der Grund dafür liegt auf der Hand: die Beteiligung der PSOE an der Asturischen Kommune. Die Weisungen der Moskauer Bürokratie über die Komintern waren unmissverständlich gegen jegliche Zusammenarbeit zwischen PCE und PSOE. Sie waren ja laut Stalin "Sozialfaschisten".
Begleitet wurde der Aufstand in Asturien von einem Aufruhr in Katalonien, den die bürgerlichen Nationalisten unter Louis Companys anführten. Sie riefen in Katalonien eine unabhängige Republik aus und bildeten in Barcelona eine provisorische Zentralregierung für die neue Föderative Republik Spanien. Die Regierung unter Lerroux setzte nun das Militär ein und rief Francos Fremdenlegion gegen die ArbeiterInnen und Bauern in Asturien zu Hilfe. Franco metzelte den Aufstand blutig nieder. Nach einigen Wochen endete alles mit der Einnahme Oviedos durch Regierungstruppen – geleitet von Franco. Die schreckliche Bilanz: Bei Vergeltungsmaßnahmen wurden 5.000 Menschen ermordet, 30.000 verhaftet, sowie alle Volkshäuser, egal ob sie der UGT oder CNT gehörten, geschlossen.
Die Volksfront und der Kriegsausbruch
Lerroux hielt sich aber noch bis zum Januar 1936 an der Spitze des Staates, bevor er nach einem Finanzskandal und etlichen Korruptionsaffairen zurücktreten musste. Die für Februar ausgeschriebenen Neuwahlen brachten große Gewinne und den Wahlsieg eines Bündnisses (Volksfront) der republikanischen Parteien, darunter auch bürgerliche Republikaner.
Obwohl die Arbeiterparteien den größten Anteil der Stimmen errangen, überließen sie die führenden Ämter wieder einmal den Bürgerlichen und so wurde Azana erneut Ministerpräsident. Innerhalb der Volksfrontregierungen kam es ständig zu personellen Änderungen. Später traten auch PCE und CNT VertreterInnen in die Regierung ein. Diese Regierungsbeteiligung markierte den Wendepunkt der bisherigen Politik beider Parteien. Vor allem bei den AnarchistInnen: Sie hatten sich eben noch geweigert an Wahlen teilzunehmen. Jetzt koalierten sie sogar mit den Bürgerlichen. Eines hatten alle kommenden Volksfrontregierungen gemeinsam: Sie weigerten sich mit Händen und Füßen den Bauern Land, Marokko die Unabhängigkeit und den ArbeiterInnen die politische Macht zu geben. Aber genau das war es, wofür die spanischen ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern letztendlich dann auch kämpften und um was sie betrogen wurden. Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Kurz nach der Wahl rief der faschistische General Mola zum Militärputsch gegen die Regierung auf. Vorerst schien es, als blieb dieser Aufruf ungehört. Aber Franco, der nach dem Wahlerfolg der Republikaner auf die Kanarischen Inseln versetzt wurde, wartete nurmehr auf einen Anlass, um losschlagen zu können.
Der Tot des Monarchistenführers Jose Calio Sotelo wurde von den Faschisten als Vorwand für den Putsch genutzt. Am 17. Juli war es soweit, große Teile der spanischen Armeeführung erhoben sich unter der Führung Francos. Es ist nicht verwunderlich, dass der Putsch in Marokko begann. Denn dort war die marokkanische Fremdenlegion stationiert, die bereits im Oktober 1934 zur Niederschlagung der "Asturischen Kommune" herangezogen wurde.
Die Volksfront stand den Ereignissen völlig machtlos gegenüber. Ministerpräsident Quiroga verweigerte die Volksbewaffnung. So konnten die Faschisten schnell große Gebiete Spaniens unterwerfen und bildeten bereits am 23. Juli eine "nationale" Gegenregierung in Burgos nördlich von Madrid. Zuvor hatte der mittlerweile neue Ministerpräsident Martinez Barrio den Generälen Franco und Mola die Posten als Innen- und Verteidigungsminister angeboten. Sie lehnten jedoch ab. All das geschah im Namen der Volksfront, die ab Juli auch offiziell von der PCE und der CNT unterstützt wurde.
Bevor Waffen an das Volk verteilt wurden, musste die Volksfrontregierung sicher gehen, dass die ArbeiterInnen die Waffen nicht für eine sozialistische spanische Republik einsetzen würden. Das war die Rolle, die den etablierten „Arbeiterparteien“ und im speziellen der PCE zukam.
Milizen, Volksarmee und Interbrigaden
Der "Aufstand" der Generäle führte zunächst zu einer extremen Polarisierung von links. Eines der revolutionären Zentren war die Provinz Katalonien und ihre Hauptstadt Barcelona. Um den Faschisten schnell Widerstand leisten zu können, bildeten die politischen Organisationen eigene Milizen. Die Milizen waren demokratisch organisiert. Frauen und Männer kämpften gleichberechtigt nicht nur gegen den Faschismus, sondern für eine gerechtere, sozialistische Welt. Unterstützung bekamen die spanischen AntifaschistInnen von KämpferInnen aus der ganzen Welt. Ein Teil von ihnen befand sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Krieges in Barcelona bei der Arbeiterolympiade. Andere kamen direkt nach Spanien um gegen die Faschisten zu kämpfen. Oft gründeten sie eigene Abteilungen, die Vorform der späteren Interbrigaden.
Hatten die Milizen einen Landstrich von den Faschisten befreit, wurde ein Dorfkomitee gebildet. Darin wurden alle weiteren Entscheidungen demokratisch getroffen. Das Land wurde gerecht aufgeteilt und wie die Betriebe gemeinschaftlich bewirtschaftet. Das war das Rückgrat der Revolution und des Kampfes gegen den Faschismus! Die Hauptstadt der Revolution wurde Barcelona. Die Stadt war vollständig in die Hände der Arbeiterorganisationen übergegangen. Angestellte oder Titel gab es nicht mehr, jeder zollte dem anderen Respekt. Die Kapitalisten flohen entweder oder hielten sich versteckt. Aber es sollte nicht allzu lange dauern, bis die Reaktion mit weitgehender Hilfe der PCE zurückschlagen würde. Sehr bald erkannte die Zentralregierung die Gefahren, die von den Milizen für die bürgerliche Gesellschaftsordnung ausging. Also mussten sie untergraben werden. Auch das wieder eine Aufgabe für Stalins Gehilfen in Spanien.
Schon im Oktober 1936 beginnt die Unterdrückung der Milizen durch die Gründung der Volksarmee. Die Milizen sollten in die Volksarmee integriert werden. Aber schon bald werden die Milizen ausgehungert, schließlich teilweise verboten und verfolgt. Einmal in die Volksarmee eingliedert, war auch das Rückgrat der AntifaschistInnen gebrochen. Die Frauen wurden ausgesondert und durften sich nur noch um „klassische“ Bereiche wie Küche, Putzen oder Krankenpflege kümmern. Die kämpfende Frau war nicht im Interesse Moskaus und der spanischen Volksfront!
Die AusländerInnen wurden ebenfalls in die reguläre Volksarmee eingegliedert. Dazu wurden die Internationalen Brigaden in der Armee geschaffen. Tausende Arbeiter (Frauen durften ja nicht mehr kämpfen) waren nach Spanien gekommen. Sehr schnell umgab die Interbrigaden ein bis heute andauernder Mythos. An allen wichtigen Fronten des Krieges kamen sie zum Einsatz. Als Ende 1938 der Krieg so gut wie verloren war, begann der Rückzug der noch lebenden Interbrigadisten nach Frankreich. Dort wurden sie in Lager gepfercht und schließlich von Vichy-Frankreich an die Nazis ausgeliefert. Die meisten von ihnen haben ihren Kampf auch in den Konzentrationslagern und im Widerstand fortgesetzt.
Der heldenhafte Einsatz und die gelebte internationale Solidarität sind bis heute Vorbild für die Arbeiterbewegung geblieben.
Die POUM
Die POUM, die "Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit", entstand im September 1935 aus einer Vereinigung des "Arbeiter- und Bauernblocks" und der "Izquierda Comunista", der ehemaligen Sektion der Liga der Kommunisten-Internationalisten (Trotzkisten). Aber bereits vor der Gründung der POUM war es zwischen dem Anführer der "Izquierda Comunista", Andres Nin, und Trotzki zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Nin weigerte sich in die nach links treibende Sozialdemokratie einzutreten. Das taten allerdings zehntausende ArbeiterInnen, die offen waren für revolutionäre Ideen. Statt zeitweiliger Kompromisse auf der organisatorischen Ebene machte man/frau dafür welche auf der politischen. Entgegen allen Behauptungen der Stalinisten war die POUM nie "trotzkistisch". Trotzki bezeichnete sie später, nach ihrem Eintritt in die Volksfrontregierung endgültig als "zentristisch", also zwischen Reform und Revolution schwankend.
Die stalinistische Reaktion
Natürlich hatte das Erstarken der Arbeiterklasse die paar bürgerlichen Republikaner, die auf Seiten der Volksfront standen, erschreckt. Sie besaßen keine Mittel, um sie zurückzuschlagen und gegen die Revolution zu mobilisieren; das war die Aufgabe von Stalin, dem Totengräber der russischen und jetzt auch der spanischen Revolution. Stalin warb gerade um die Gunst der französischen und britischen Bürgerlichen und da konnte er eine sozialistische Revolution in Spanien überhaupt nicht brauchen. Er musste den westlichen Bürgerlichen seine "Bündnisfähigkeit" beweisen, und das tat er auf Kosten der spanischen ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern. Außerdem hätte eine geglückte spanische Revolution auch Auswirkungen auf die Herrschaft der Bürokratie in der UdSSR gehabt. Denn das wäre unweigerlich ein Signal für die sowjetischen ArbeiterInnen gewesen.
Als erstes musste die PCE Einfluss auf die Regierung bekommen. Das gelang dadurch, dass die UdSSR, neben Mexiko, die einzige Nation war, die das republikanische Spanien mit Waffen belieferte. Für die Waffen bekam Stalin das spanische Gold und die PCE-Beteiligung an der Regierung. Und es sollte nicht lange dauern, bis Stalin Spezialeinheiten seines Geheimdienstes, der GPU, nach Spanien schickte. Die Stalinisten begannen sofort mit der Liquidierung ihrer Feinde; revolutionäre ArbeiterInnen, vermeintliche und wirkliche TrotzkistInnen, AnarchistInnen, SozialistInnen. Anstatt die katalanischen Milizen – die "Hausmacht der Regierung" – mit Waffen zu beliefern, wurden die Waffen verwendet, um in Barcelona die Polizei wiederaufzubauen. Stück für Stück wurden die Erfolge der Revolution wieder zurückgenommen. In der Provinz Aragon war nach der Befreiung durch die katalanischen Milizen rund 3/4 des Landes im Besitz der ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern übergegangen. Was tat die Volksfront mit ihrem PCE-Landwirtschaftsminister Uribe? Sie sandten Regierungstruppen unter dem PCE-General Lister, der das Land an die Ausbeuter zurückgab. In Spanien bekämpften Volksfront und PCE die vom Volk ausgehende freiwillige Kollektivierung, während kurz darauf in der UdSSR die Zwangskollektivierung von ein paar Bürokraten beschlossen wurde.
Anfang 1937 gingen die Stalinisten nun daran die Macht in Barcelona aus den Händen der ArbeiterInnen zu nehmen und sie wieder an die Kapitalisten zurückzugeben. Und als nun schließlich die Regierung die von den AnarchistInnen besetzte, strategisch und logistisch wichtige, Telefonzentrale annektierte, brach der Konflikt offen aus. Straßen- und Barrikadenkämpfe überzogen ganz Barcelona. Schließlich aber kapitulierten die AnarchistenInnenführer und nahmen den Verlust der Telefonzentrale hin. Symbolisch für den Wandel, der sich nun in Spanien und vor allem auch in Barcelona vollzog, wurde die rot-schwarze Fahne der AnarchistInnen von der Telefonzentrale entfernt und durch die Nationalflagge ersetzt; Nationalismus statt Sozialismus war die neue Losung! Nach den Maikämpfen wurde auf Drängen der PCE die POUM endgültig aus der Volksfront gedrängt, dann verboten und schließlich verfolgt.
Rolle der Westmächte nach Kriegsausbruch
Sofort nach Ausbruch des Krieges verkündeten die Westmächte, vorrangig Frankreich und England, "neutral" zu bleiben. Am 2. August startete die französische Regierung eine Offensive, um die Nichteinmischung zu dokumentieren. Offiziell stimmten alle zu, einschließlich der Deutschen und Italiener. Die Italiener bezeichneten ihre Spanienkämpfer als Freiwillige und erreichten so die Akzeptanz der Westmächte. Bereits im Juli begannen die Deutschen mit dem Aufstellen und Eingreifen der "Legion Condor". Condor unterstand dem Befehl der deutschen Luftwaffe und kam dem Wunsch der spanischen Faschisten nach Luftunterstützung durch den Einsatz von Stukas, Aufklärern, Jägern und Bombern nach. Die Deutschen bildeten nebenbei noch die faschistischen Heere aus.
Am 28. März 1939 marschierten die Faschisten in Madrid und Valencia ein, das bedeutete das Ende des Bürgerkrieges. Zuvor schon im Januar 1939, noch zu einem Zeitpunkt, als die republikanischen Truppen ein Drittel Spaniens kontrollierten, erkannten die französischen und britischen Regierungen Franco an. Kurz nach Beendigung der Kriegshandlungen trat der neue "Caudillo" (=Führer), wie er sich pflegte anreden zu lassen, sofort dem Anti-Komintern Pakt bei. Am 6. April 1939 kam es zu einem Siegesappell für die Legion Condor durch Hitler in Berlin. 20.000 Soldaten wurden geehrt im Kampf gegen den Bolschewismus aktiv gewesen zu sein. Aber all das hinderte Stalin nicht daran im August mit Hitler einen Nichtangriffspakt zu unterzeichnen.
Offiziell beteiligte Spanien sich nicht am 2. Weltkrieg, jedoch schickte Franco als Gegenleistung für die Unterstützung der Deutschen im spanischen Bürgerkrieg die "blaue Division" zur Unterstützung beim Überfall Hitlers auf die ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern der Sowjetunion.
Albert Kropf ist Mitglied der Bundesleitung der Sozialistischen LinksPartei (SLP) in Österreich. Er lebt in Wien und hat gerade die Textsammlung „Der Spanische Bürgerkrieg“ als Buch für die SLP und die SAV herausgegeben.