von Steve Kühne, Dresden
„Wir drängen darauf, dass mit dem Eigentum der Stadt wirtschaftlich verantwortlich umgegangen wird. Privatisierungen dürfen die Fähigkeit der Stadt, ihr Leben sozial und ökologisch zu regulieren, nicht beeinträchtigen. Durch ein verbessertes Management und controlling müssen die Nutzung und die Bewirtschaftung stadteigener Gebäude nach wirtschaftlichen Kriterien erfolgen.“ (aus dem Kommunalwahlprogramm der L.PDS-Dresden von 2004)
Kritisiert man die L.PDS, weil sie vielfach Privatisierungen mitträgt, so schlägt einem nicht nur in Dresden eine Welle von Entrüstung entgegen. Schnell bemüht sich dann die L.PDS zu zeigen wie sehr sie gegen Privatisierungen kämpft. Ob Bodo Ramelow oder der Dresdner Vorsitzende der L.PDS Muskulus – sie alle lehnten schon Privatisierungen in der Öffentlichkeit ab. Da wird auf L.PDS-Veranstaltungen auch schon mal – völlig richtig – erklärt, dass Privatisierung Diebstahl ist. Nur leider verscherbelt die L.PDS kommunales und staatliches Eigentum trotzdem ganz gern mit.
Der Verkauf der Berliner Wohnungsbaugesellschaft GSW mit 65 000 Wohnungen? Ein bedauerlicher Fehler. Die Privatisierung der Dresdner WOBA? Kann doch jedem mal passieren. Das Verscherbeln von 50 000 weiteren Wohnungen in Berlin? Die CDU hätte es noch schlimmer gemacht. Der Verkauf eines Drittels der städtischen Wohnungen in Zwickau? Die Anderen wollten gleich alles verkaufen.
Ostrowskis Privatisierungstour
Zumindest ein Dresdner L.PDS-Stadtratsmitglied ist da weitaus offener. Christine Ostrowski, die den DresdnerInnen schon vor einigen Jahren erklärte mit dem Sozialismus nichts mehr anfangen zu können, stand ganz offen zum Verkauf der Dresdner WOBA. Natürlich fluchte die Basis, einige Funktionäre distanzierten sich, Beschlüsse wurden gefasst, dass das alles nicht sehr schön sei, aber neun von siebzehn L.PDS-StadträtInnen stimmten für den Verkauf der WOBA. Dabei konnten sie sich auch auf das Kommunalwahlprogramm der PDS aus dem Jahr 2004 berufen, welches Privatisierungen ausdrücklich ermöglicht, solange die Stadt Dresden nicht die Fähigkeit verliere das Leben „sozial und ökologisch zu regulieren.“ Dass dies jedoch eine unweigerliche Folge von Privatisierungen ist, scheint den Schöpfern des Wahlprogramms nicht geläufig gewesen zu sein.
Christine Ostrowski setzt nun noch eins drauf. Sie tourt durch verschiedene deutsche Städte, u.a. Freiburg, und berät diese beim Verkauf ihres kommunalen Wohnungsbestandes. Natürlich hat sich die Dresdner L.PDS-Spitze, allen voran Herr Muskulus, von Ostrowskis fliegender Privatisierungsberatung pflichtbewusst distanziert. Was nicht heißt, dass Frau Ostrowski daraus irgendwelche Nachteile entstehen werden.
Sehr wählerisch mit Sanktionen
Zwar brachten auf dem letzten L.PDS-Parteitag einige Dresdner Mitglieder der Jungen Linken einen Antrag ein, jene neun Stadtratsmitglieder ihrer Partei, die für den Verkauf der WOBA gestimmt hatten zur Rückgabe ihres Mandats zu verpflichten. Dieser wurde allerdings erwartungsgemäß abgelehnt. An diesem Parteitag nahmen ja vorrangig Mitglieder von Kommunal- oder Landesparlamenten teil und so manch einer hatte bei der Ablehnung dieses Antrags sicher schon die nächste „Sachentscheidung“ in seiner Stadt im Auge. Außerdem wolle man mit allen demokratisch diskutieren und niemanden ausschließen.
Bei der Verhängung von Sanktionen gegen die prinzipientreue WASG-Berlin hatte man sich mehr ins Zeug gelegt. Nicht wenige L.PDS-PolitikerInnen hatten diesbezüglich eine deutlichere Sprache vom WASG-Bundesvorstand gefordert. Demokratische Bedenken hatte man dabei nicht.
Wenn die L.PDS es sich vorstellen kann Anhänger von Privatisierungen in den eigenen Reihen zu dulden, hingegen die privatisierungsfeindliche WASG-Berlin los werden will, spricht sie damit allein schon eine deutliche Sprache. Ebenso mit der letzten Ausgabe der „SO!“, der „Zeitung der Linken in Sachsen“, die im Juli diesen Jahres erschien. Darin verleumdete sie nicht nur SAV und WASG-Berlin, sondern und rief zur Unterstützung der L.PDS im Berliner Wahlkampf auf. Sie druckte auf der Titelseite auch ganz unverblümt – entgegen allen Beteuerungen des Herrn Muskulus – eine Stellungnahme der Stadt Freiburg, in der Frau Ostrowski für ihre Hilfe bei der bevorstehenden Privatisierung des Wohnungsbestandes gedankt wurde.
Kampf gegen Privatisierung heißt Kampf um eine sozialistische Linke
Die Bekenntnisse der L.PDS- und WASG-Spitze für eine neue linke Partei, die gegen Privatisierungen, Entlassungen und Sozialabbau kämpft, sind, gemessen an ihren Taten, vielfach Lippenbekenntnisse. Den Kampf um eine solche Partei müssen wir gemeinsam führen. Sie wird nicht vom Himmel fallen und uns ganz sicher nicht durch Maurer, Ramelow, Muskulus oder Ostrowski geschenkt werden. Für eine neue Arbeiterpartei mit sozialistischem Programm zu kämpfen heißt im Moment vor allem die WASG-Berlin im Wahlkampf aktiv oder durch Spenden zu unterstützen.