Eiertänze um die drohende Privatisierung von 15.000 Wohnungen in Berlin

15.000 Wohnungen der WBM sollen privatisiert werden (sozialismus.info berichtete). Die verschiedenen Parteien reagieren: CDU, FDP und Grüne wollen privatisieren. SPD und L.PDS versuchen sich mit Rechtfertigungen über den Wahltag zu retten.   
 

von Wolfram Klein

Nachdem der Tagesspiegel am Mittwoch (9. August) die Pläne der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) veröffentlichte, nach den Wahlen 15.000 Wohnungen im Jahr 2007 zu privatisieren, haben die drei „Oppositionsparteien“ im Abgeordnetenhaus diese Horrorpläne unterstützt. Die FDP nannte sie „unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen “. CDU-Bauexperte Uwe Goetze prangerte die Weigerung der Regierungsparteien an, den Sanierungsplan zu realisieren – also alle 15.000 Wohnungen zu verkaufen. Die Grüne Spitzenkandidatin Eichstädt-Bohlig sagte, dass „ alle wissen, dass die WBM verkaufen muss, um die Insolvenz abzuwenden“.

Dagegen führten die beiden Regierungsparteien Eiertänze auf. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion erklärte (laut „Welt“ vom 10.8.), zunächst (!!!) nur 3.000 Wohnungen zu veräußern. Die Fraktionen hätten beschlossen, weitere Verkäufe städtischer Wohnungen nur noch zu gestatten, wenn ein Gesamtkonzept für den Umgang mit kommunalen Wohnungsbeständen vorliege, welches für Ende 2006 angekündigt sei. Inwiefern das im Widerspruch zum Verkauf von 15.000 Wohnungen 2007 stehen soll, bleibt Geheimnis der SPD – und der Linkspartei. Denn auch deren haushaltspolitischer Sprecher Carl Wechselberg will uns weismachen, dass ein Senatsbeschluss, 2006 nicht mehr als 3.000 Wohnungen zu verkaufen, den Verkauf von 15.000 Wohnungen 2007 verhindere.

Darüber hinaus lehnt Wechselberg den „Ausverkauf“ städtischer Wohnungsbaugesellschaften ab – aber mit dem Verkauf der 15.000 Wohnungen wäre die WBM noch nicht vollständig ausverkauft.

„Gesamtkonzept für die Wohnungswirtschaft und Privatisierung“

Weiter erklärte Wechselberg: „Ziel der Linkspartei.PDS ist die Sicherung eines kommunalen Wohnungsbestandes, der ein sinnvolles Angebot in allen Bezirken Berlins beinhaltet.“ Ob dieses Angebot dann über oder unter dem heutigen Gesamtbestand an kommunalen Wohnungen liegen wird, sagte er nicht. Bei dem Haushaltskonsolidierungsfanatismus der „rot-roten“ Koalition dürfte das auch überflüssig sein: Wenn diese Leute ein „Gesamtkonzept für die Wohnungswirtschaft“ fordern, ist das nur eine Umschreibung für weitere Privatisierung.

Sicher sind die kommunalen Wohnungen in Berlin nicht so verteilt, dass sie als Instrument zur Bereitstellung von billigem Wohnraum optimal genutzt werden können. Die langjährige Senatspolitik der In-sich-Geschäfte, bei der Immobilien zwischen den Wohnungsbaugesellschaften verschoben wurden, kommunale Wohnungsbaugesellschaften andere kauften und landeseigene Grundstücke zu fragwürdigen Preisen an die Wohnungsbaugesellschaften verkauft wurden und so Geld in die Landeskasse floss und die Wohnungsbaugesellschaften künstlich verschuldet wurden, war natürlich auch in dieser Hinsicht nicht hilfreich.

Aber das beantwortet nicht die Frage, ob man das Problem löst, indem man den kommunalen Wohnungsbestand wieder erhöht, oder indem man noch mehr privatisiert.

Alle Erfahrung zeigt, dass es im Kapitalismus nur drei Möglichkeiten gibt. Entweder der einkommensschwache Teil der Bevölkerung hat keine menschenwürdige Wohnung. Mit anderen Worten, diese Menschen sind entweder obdachlos oder haben „Wohnungen“, für die Heinrich Zilles Satz gilt: „Man kann einen Menschen mit einer Wohnung genau so töten wie mit einer Axt“.

Oder es gibt öffentliche (zum Beispiel kommunale) Wohnungen zu Preisen, die unterhalb der Marktmieten liegen, die damit für einkommensschwache MieterInnen erschwinglich sind und zugleich die Marktmieten für die übrigen MieterInnen auch nach unten drücken.

Dritte Möglichkeit: Die öffentliche Hand gleicht die Differenz zwischen den Marktmieten und der Zahlungsfähigkeit der MieterInnen durch Zuschüsse (zum Beispiel Wohngeld) aus. Das führt dazu, dass Vermieter Wohnungen mit Mieten loskriegen, die so hoch sind, dass sie unter normalen Umständen keine MieterInnen finden würden und deshalb gezwungen wären, die Mieten zu senken. Es handelt sich also einerseits um eine Subventionierung der Vermieter mit Steuermitteln, auf der anderen Seite werden die Mieten für alle MieterInnen hoch gehalten.

Es mag sein, dass die L.PDS die dritte Variante bevorzugt, weil sie rechnet: Öffentliche Wohnungen muss das Land Berlin bezahlen, während das Geld für ALG II zum Beispiel aus anderen Töpfen kommt. Aber eine Umverteilung der öffentlichen Mittel vom Bund zu den Ländern und Kommunen erreicht man nicht, indem man auf diese Weise Vermieter subventioniert und das Mietniveau hoch hält, sondern indem man einen politischen Kampf dafür führt.

Artikel zur Wohnungsprivatisierung: „In Berlin sollen 15.000 städtische Wohnungen verkauft werden“